Sämtliche Dramen
denkt.
Die Herren ab.
König Johann
.
Sie brennen in Entrüstung; mich gereut’s,
Es wird mit Blut kein fester Grund gelegt,
Kein sichres Leben schafft uns andrer Tod.
Ein Bote kommt.
Ein schreckend Aug’ hast du: wo ist das Blut,
Das ich in diesen Wangen wohnen sah?
Solch trüben Himmel klärt ein Sturm nur auf.
Schütt’ aus dein Wetter! – Wie geht in Frankreich alles?
Bote
.
Von Frankreich her nach England. Niemals ward
Zu einer fremden Heerfahrt solche Macht
In eines Landes Umfang ausgehoben.
Sie lernten Eurer Eile Nachahmung;
Denn da Ihr hören solltet, daß sie rüsten,
Kommt Zeitung, daß sie alle angelangt.
König Johann
.
Oh, wo war unsre Kundschaft denn berauscht?
Wo schlief sie? Wo ist meiner Mutter Sorge,
Daß Frankreich so ein Heer vereinen konnte
Und sie es nicht gehört?
Bote
.
Mein Fürst, ihr Ohr
Verstopfte Staub: am Ersten des April
Starb Eure edle Mutter, und ich höre,
Daß Frau Constanz’ in Raserei gestorben
Drei Tage früher; doch dies hört’ ich flüchtig
Vom Mund des Rufs und weiß nicht, ob es wahr ist.
König Johann
.
Halt’ inne, furchtbare Gelegenheit!
Schließ’ einen Bund mit mir, bis ich besänftigt
Die mißvergnügten Pairs! – Wie? Mutter tot?
Wie wild gehn meine Sachen dann in Frankreich! –
Mit welcher Führung kam das Heer von Frankreich,
Das, wie du aussagst, hier gelandet ist?
Bote
.
Unter dem Dauphin.
Der Bastard und Peter von Pomfret treten auf.
König Johann
.
Schwindlig machst du mich
Mit deiner Botschaft. – Nun, was sagt die Welt
Zu Eurem Tun? Stopft nicht in meinen Kopf
Mehr üble Neuigkeiten; er ist voll.
Bastard
.
Doch scheut Ihr Euch, das Schlimmste anzuhören,
So laßt es ungehört aufs Haupt Euch fallen!
König Johann
.
Ertragt mich, Vetter, denn ich war betäubt
Unter der Flut: allein nun atm’ ich wieder
Hoch überm Strom und kann jedweder Zunge
Gehör verleihn, sie spreche, was sie will.
Bastard
.
Wie mir’s gelungen bei der Geistlichkeit,
Das werden die geschafften Summen zeigen.
Doch da ich reiste durch das Land hieher,
Fand ich die Leute wunderlich gelaunt,
Besessen vom Gerücht, voll eitler Träume,
Nicht wissend, was sie fürchten, doch voll Furcht.
Und hier ist ein Prophet, den ich mit mir
Aus Pomfrets Straßen brachte, den ich fand,
Wie Hunderte ihm auf der Ferse folgten,
Derweil er sang in ungeschlachten Reimen,
Es werd’ auf nächste Himmelfahrt vor Mittags
Eu’r Hoheit ihre Krone niederlegen.
König Johann
.
Du eitler Träumer, warum sprachst du so?
Peter
.
Vorwissend, daß es also wird geschehn.
König Johann
.
Fort mit ihm, Hubert, wirf ihn ins Gefängnis,
Und auf den Tag zu Mittag, wo er sagt,
Daß ich die Kron’ abtrete, laß ihn hängen!
Bring’ ihn in sichre Haft, und komm zurück:
Ich hab’ dich nötig. –
Hubert mit Peter ab.
O mein bester Vetter,
Weißt du die Nachricht schon, wer angelangt?
Bastard
.
Herr, die Franzosen; alles Volk bespricht es.
Dann traf ich auch Lord Bigot und Lord Salisbury,
Mit Augen, rot wie neugeschürtes Feuer,
Und andre mehr: sie suchten Arthurs Grab,
Der, sagten sie, die Nacht getötet sei
Auf Euren Antrieb.
König Johann
.
Liebster Vetter, geh,
Misch’ dich in ihren Kreis; ich hab’ ein Mittel,
Mir ihre Liebe wieder zu gewinnen.
Bring’ sie zu mir!
Bastard
.
Ich geh’, sie aufzusuchen.
König Johann
.
Ja, aber eilt! Es jag’ ein Fuß den andern!
Oh, keine feindlichen Vasallen nur,
Da fremde Gegner meine Städte schrecken
Mit eines kühnen Einbruchs furchtbar’m Pomp! –
Sei du Merkur, nimm Flügel an die Fersen,
Und fliege wie Gedanken wieder her!
Bastard
.
Der Geist der Zeiten soll mich Eile lehren.
Ab.
König Johann
.
Gesprochen wie ein wackrer Edelmann!
Geh, folg’ ihm, denn ihm ist vielleicht vonnöten
Ein Bote zwischen mir und jenen Pairs;
Und der sei du!
Bote
.
Von Herzen gern, mein Fürst.
Ab.
König Johann
.
Und meine Mutter tot!
Hubert tritt auf.
Hubert
.
Mein Fürst, es heißt, man sah die Nacht fünf Monde,
Vier stehend, und der fünfte kreiste rund
Um jene vier in wunderbarer Schwingung.
König Johann
.
Fünf Monde?
Hubert
.
In den Straßen prophezei’n:
Bedenklich alte Frau’n und Männer drüber.
Von Mund zu Munde geht Prinz Arthurs Tod,
Und wenn sie von ihm reden, schütteln sie
Die Köpfe, flüstern sich einander zu,
Und der, der spricht, ergreift des Hörers Hand,
Weil der, der hört, der Furcht Geberden macht,
Die Stirne runzelt, winkt und
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