Sämtliche Dramen
ihrem wahren Grund entreißen
Und nennen werden Meteore, Wunder,
Vorzeichen, Mißgeburten, Himmelsstimmen,
Die den Johann mit Rache laut bedrohn.
Louis
.
Vielleicht berührt er Arthurs Leben nicht
Und hält durch sein Gefängnis sich gesichert.
Pandulpho
.
O Herr, wenn er von Eurer Ankunft hört,
Ist dann der junge Arthur noch nicht hin,
So stirbt er auf die Nachricht; und alsdann
Wird all sein Volk die Herzen von ihm wenden,
Des unbekannten Wechsels Lippen küssen
Und Antrieb aus den blut’gen Fingerspitzen
Johanns zur Wut und zur Empörung ziehn.
Mich dünkt, ich seh’ den Wirrwarr schon im Gang,
Und oh, was brüten noch für beßre Dinge,
Als ich genannt! – Der Bastard Faulconbridge
Ist jetzt in England, plündert Kirchen aus
Und höhnt die Frömmigkeit: wär’ nur ein Dutzend
Von Euren Landesleuten dort in Waffen,
Sie wären wie Lockvögel, die zehntausend
Engländer zu sich über würden ziehn;
Oder wie wenig Schnee, umhergewälzt,
Sogleich zum Berge wird. O edler Dauphin,
Kommt mit zum König! Es ist wundervoll,
Was sich aus ihrem Unmut schaffen läßt.
Nun da der Haß in ihren Seelen gärt,
Nach England auf! Ich will den König treiben.
Louis
.
Ja, starke Gründe machen seltsam wagen:
Kommt! Sagt Ihr Ja, er wird nicht Nein Euch sagen.
Beide ab.
¶
VIERTER AUFZUG
Erste Szene
Northampton. Ein Zimmer in der Burg.
Hubert und zwei Aufwärter treten auf.
Hubert
.
Glüh’ mir die Eisen heiß, und stell’ du dann
Dich hinter die Tapete; wenn mein Fuß
Der Erde Busen stampft, so stürzt hervor
Und bind’t den Knaben, den ihr bei mir trefft,
Fest an den Stuhl! Seid achtsam! Fort und lauscht!
Erster Aufwärter
.
Ich hoff’, Ihr habt die Vollmacht zu der Tat.
Hubert
.
Unsaubre Zweifel! Fürchtet nichts, paßt auf!
Aufwärter ab.
Kommt, junger Bursch’, ich hab’ Euch was zu sagen.
Arthur tritt auf.
Arthur
.
Guten Morgen, Hubert!
Hubert
.
Guten Morgen, kleiner Prinz!
Arthur
.
So kleiner Prinz mit solchem großen Anspruch,
Mehr Prinz zu sein als möglich. Ihr seid traurig.
Hubert
.
Fürwahr, ich war schon lust’ger.
Arthur
.
Liebe Zeit!
Mich dünkt, kein Mensch kann traurig sein als ich:
Doch weiß ich noch, als ich in Frankreich war,
Gab’s junge Herrn, so traurig wie die Nacht,
Zum Spaße bloß. Bei meinem Christentum!
Wär’ ich nur frei und hütete die Schafe,
So lang der Tag ist, wollt’ ich lustig sein.
Und das wollt’ ich auch hier, besorgt’ ich nicht,
Daß mir mein Oheim noch mehr Leid will tun.
Er fürchtet sich vor mir und ich vor ihm:
Ist, daß ich Gottfrieds Sohn war, meine Schuld?
Nein, wahrlich nicht: und, Hubert, wollte Gott,
Ich wär’ Eu’r Sohn, wenn Ihr mich lieben wolltet.
Hubert
beiseit.
Red’ ich mit ihm, so wird sein schuldlos Plaudern
Mein Mitleid wecken, das erstorben liegt:
Drum will ich rasch sein und ein Ende machen.
Arthur
.
Seid Ihr krank, Hubert? Ihr seht heute blaß:
Im Ernst, ich wollt’. Ihr wärt ein wenig krank,
Daß ich die Nacht aufbliebe, bei Euch wachte.
Gewiß, ich lieb’ Euch mehr, als Ihr mich liebt. –
Hubert
.
Sein Reden nimmt Besitz von meinem Busen.
Lies, junger Arthur! –
Zeigt ihm ein Papier. Beiseit.
Nun, du töricht Wasser?
Du treibst die unbarmherz’ge Marter aus?
Ich muß nur kurz sein, daß Entschließung nicht
Dem Aug’ entfall’ in weichen Weibestränen. –
Könnt Ihr’s nicht lesen? Ist’s nicht gut geschrieben?
Arthur
.
Zu gut zu solcher schlimmen Absicht, Hubert.
Müßt Ihr mir ausglühn meine beiden Augen
Mit heißem Eisen?
Hubert
.
Junger Knab’, ich muß.
Arthur
.
Und wollt Ihr?
Hubert
.
Und ich will.
Arthur
.
Habt Ihr das Herz? Als Euch der Kopf nur schmerzte,
So band ich Euch mein Schnupftuch um die Stirn,
Mein bestes, eine Fürstin stickt’ es mir,
Und niemals fodert’ ich’s Euch wieder ab;
Hielt mit der Hand den Kopf Euch mitternachts,
Und wie der Stunde wachsame Minuten
Ermuntert’ ich die träge Zeit beständig,
Frug bald: »Was fehlt Euch?« und: »Wo sitzt der Schmerz?«
Und bald: »Was kann ich Euch für Liebes tun?«
Manch armen Manns Sohn hätte still gelegen
Und nicht ein freundlich Wort zu Euch gesagt;
Doch Euer Krankenwärter war ein Prinz.
Ihr denkt vielleicht: das war nur schlaue Liebe,
Und nennt es List? Tut’s, wenn Ihr wollt; gefällt es
Dem Himmel, daß Ihr mich mißhandeln müßt,
So müßt Ihr. – Wollt Ihr mir die Augen blenden?
Die Augen, die kein einzig Mal Euch scheel
Ansahn, noch
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