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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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deine!
    Julia
beiseit.
    Das hört er nicht.
    Proteus
.
    Fräulein, wenn Euer Herz so grausam ist,
    Bewilligt doch Eu’r Bildnis meiner Liebe,
    Das Bildnis, das in Eurem Zimmer hängt:
    Zu diesem will ich reden, seufzen, weinen;
    Denn, da das wahre Selbst von Eurer Schönheit
    Sich weggeschenkt, bin ich ein Schatten nur,
    Und Eurem Schatten will ich liebend huld’gen.
    Julia
beiseit.
    Wär’ es ein wahres Selbst, betrögst du es,
    Und machtest es zum Schatten, wie ich bin.
    Silvia
.
    Mich freut es nicht, zum Götzen Euch zu dienen;
    Doch, da es gut für Eure Falschheit paßt,
    Nur Schatten, falsch Gebilde, anzubeten,
    Schickt zu mir morgen früh, ich send’ es Euch;
    Und so schlaft wohl!
    Proteus
.
    Wie, wer verurteilt liegt
    Und morgen seine Hinrichtung erwartet.
    Proteus geht ab und Silvia von oben hinweg.
    Julia
. Wirt, wollt Ihr gehen?
    Wirt
. Meiner Treu, ich war fest eingeschlafen.
    Julia
. Sagt mir, wo wohnt Proteus?
    Wirt
. Ei, in meinem Hause. Wahrhaftig, ich glaube, es ist beinahe Tag.
    Julia
.
    Das nicht; doch ist’s die längste Nacht gewesen,
    Die ich je durchgewacht, und auch die bängste.
    Sie gehn ab.
    ¶

Dritte Szene
    Platz.
    Eglamour tritt auf.
    Eglamour
.
    Um diese Zeit hat Silvia mich bestellt,
    Und jetzt soll ich erfahren, was sie wünscht;
    Zu etwas Wicht’gem will sie mich gebrauchen. –
    Fräulein!
    Silvia erscheint oben am Fenster.
    Silvia
.
    Wer ruft?
    Eglamour
.
    Eu’r Diener und Eu’r Freund,
    Der Euren gnädigen Befehl erwartet.
    Silvia
.
    Herr Eglamour, viel tausend gute Morgen!
    Eglamour
.
    So viele, wertes Fräulein, wünsch’ ich Euch.
    Nach Euer Gnaden Willen und Geheiß
    Kam ich so früh, zu hören, welchen Dienst
    Es Euch gefallen wird mir aufzutragen.
    Silvia
.
    O Eglamour, du bist ein Edelmann
    (Ich schmeichle nicht, ich schwör’, ich tu’ es nicht),
    Gewissenhaft, klug, tapfer ohne Tadel.
    Dir ist nicht unbekannt, welch holden Sinn
    Ich dem verbannten Valentin gehegt,
    Noch, wie mein Vater mich mit Zwang will geben
    Dem albern’ Thurio, den mein Herz verabscheut.
    Du hast geliebt, und sagen hört’ ich dich,
    Kein Schmerz kam deinem Herzen je so nah,
    Als deiner Braut, der treu geliebten, Tod,
    Auf deren Grab du ew’ge Keuschheit schwurest.
    Herr Eglamour, ich wünschte Valentin
    In Mantua aufzusuchen, wo er lebt;
    Und, da die Wege jetzt gefährlich sind,
    So wünsch’ ich deine adlige Gesellschaft
    Nur im Vertraun auf deine wahre Ehre.
    Sprich von des Vaters Zorn nicht, Eglamour,
    Mein Leid nur sei dir wichtig, einer Dame;
    Bedenk’, mit welchem Recht ich fliehen muß,
    Mich vor gottlosem Ehebund zu schützen,
    Den Welt und Himmel heim mit Strafen suchen.
    Ich bitte flehend dich, mit einem Herzen
    So voll von Trübsal, wie die See voll Sand,
    Gefährte mir zu sein und mit zu gehn;
    Wo nicht, so berge, was ich dir entdeckt,
    Daß ich allein mein Abenteuer wage.
    Eglamour
.
    Mich jammert, Fräulein, Euer schwer Bedrängnis,
    Und da ich Eures Herzens Tugend kenne,
    Geb’ ich den Willen drein, mit Euch zu reisen;
    Nicht achtend, was mich irgend fährden könnte,
    Wie ich nur eifrig Eure Wohlfahrt wünsche.
    Wann wollt Ihr reisen?
    Silvia
.
    Wie der Abend kommt.
    Eglamour
.
    Wo treff’ ich Euch?
    Silvia
.
    In Bruder Patriks Zelle,
    Wohin zur heil’gen Beicht’ ich mich verfüge.
    Eglamour
.
    Ich werd’ Euch, teures Fräulein, nicht verfehlen.
    Prinzessin, guten Morgen!
    Silvia
.
    Habt guten Morgen, teurer Eglamour!
    Gehn ab.
    ¶

Vierte Szene
    Platz.
    Lanz tritt auf mit seinem Hunde.
    Lanz
. Wenn eines Menschen Angehöriger sich recht hündisch gegen ihn beträgt, seht ihr, das muß einen kränken; einer, den ich vom Frühsten aufgezogen habe; einen, den ich vom Ersäufen gerettet, da drei oder vier seiner blinden Brüder daran mußten! – Ich habe ihn abgerichtet – gerade wie wenn einer sich recht ausdrücklich vornimmt: So möchte ich einen Hund abgerichtet haben. Ich war abgeschickt, ihn Fräulein Silvia zum Geschenk von meinem Herrn zu überbringen, und kaum bin ich in den Speisesaal getreten, so läuft er hin zu ihrem Teller und stiehlt ihr einen Kapaunenschenkel. Oh, es ist ein böses Ding, wenn sich ein Köter nicht in jeder Gesellschaft zu benehmen weiß! Ich wollte, daß einer der, sozusagen, es auf sich genommen hat, ein wahrer Hund zu sein, daß er dann, sozusagen, auch ein Hund in allen Dingen wäre. Wenn ich nicht mehr Verstand gehabt hätte, als er, und den Fehler auf mich genommen, den er beging, so glaube ich wahrhaftig, er wäre dafür

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