Sämtliche Dramen
gehängt. So wahr ich lebe, sie hätten ihn dafür hingerichtet! Urteilt selbst: da schiebt er sich ein in die Gesellschaft von drei oder vier wohlgebornen Hunden unter des Herzogs Tafel; da steckt er kaum (solltet ihr’s glauben!) so lange, daß ein Mensch drei Schluck tun könnte, so riecht ihn auch schon der ganze Saal. »Hinaus mit dem Hunde«, sagt einer; »was für ein Köter ist das?« sagt ein andrer; »peitscht ihn hinaus«, ruft der dritte; »hängt ihn auf«, sagt der Herzog. Ich, der ich gleich den Geruch wieder kannte, wußte, daß es Krabb war, und gehe denn so zu dem Kerl hin, der die Hunde peitscht. »Freund«, sage ich, »Ihr seid willens, den Hund zu peitschen?« »Ja, wahrhaftig, das bin ich«, sagt er. »So tut Ihr ihm himmelschreiend Unrecht«, antworte ich; »ich tat das Ding, was Ihr wohl wißt.« Der macht auch weiter keine Umstände und peitscht mich zum Saal hinaus. Wie viele Herren würden das für ihre Diener tun? Ja, ich kann’s beschwören, ich habe im Stock gesessen für die Würste, die er gestohlen hat, sonst wäre es ihm ans Leben gegangen; ich habe am Pranger gestanden für Gänse, die er gewürgt hat, sonst hätten sie ihn dafür hingerichtet; das hast du nun schon vergessen! – Nein, ich denke noch an den Streich, den du mir spieltest, als ich mich von Fräulein Silvia beurlaubte; hieß ich dich nicht immer auf mich acht geben und es so machen wie ich? Wann hast du gesehn, daß ich mein Bein aufhob und an einer Dame Reifrock mein Wasser abschlug? Hast du je solche Streiche von mir gesehn?
Proteus und Julia treten auf.
Proteus
.
Sebastian ist dein Name? Du gefällst mir,
Ich will dich gleich zu einem Dienst gebrauchen.
Julia
.
Was Euch beliebt; ich will tun, was ich kann.
Proteus
.
Das, hoff’ ich, wirst du. –
Zu Lanz.
Wie, nichtsnutz’ger Lümmel!
Wo hast du seit zwei Tagen nur gesteckt?
Lanz
. Ei, Herr, ich brachte Fräulein Silvia den Hund, wie Ihr mich hießet.
Proteus
. Und was sagte sie zu meiner kleinen Perle?
Lanz
. Ei, sie sagte, Euer Hund wäre ein Köter; und meinte, ein hündischer Dank wäre genug für solch ein Geschenk.
Proteus
. Aber sie nahm meinen Hund?
Lanz
. Nein, wahrhaftig! das tat sie nicht; hier hab’ ich ihn wieder mitgebracht.
Proteus
. Was, diesen wolltest du ihr von mir schenken?
Lanz
. Ja, Herr; das andre Eichhörnchen wurde mir von des Scharfrichters Buben auf dem Markt gestohlen, und da schenkte ich ihr meinen eignen; der Hund ist so dick wie zehn von den andern, und um so größer ist auch das Präsent.
Proteus
.
Geh, mach’ dich fort und bring’ mir meinen Hund,
Sonst komm mir niemals wieder vors Gesicht!
Fort, sag ich; stehst du mich zu ärgern hier?
Ein Schurke, der mir stets nur Schande macht!
Lanz geht ab.
Ich nahm, Sebastian, dich in meinen Dienst,
Teils, weil ich einen solchen Knaben brauche,
Der mit Verstand vollführt, was ich ihn heiße,
Denn kein Verlaß ist auf den dummen Tölpel:
Doch mehr um dein Gesicht und dein Betragen,
Die (wenn mich meine Ahnung nicht betrügt)
Von guter Bildung zeugen, Glück und Treue;
Dies merk’, denn deshalb hab’ ich dich genommen.
So geh denn augenblicks mit diesem Ring,
Den übergib an Fräulein Silvia;
Wohl liebte die mich, die ihn mir gegeben.
Julia
.
Ihr also liebt sie nicht, da Ihr ihn weggebt.
Sie ist wohl tot?
Proteus
.
Das nicht; ich glaub’, sie lebt.
Julia
.
Weh mir!
Proteus
.
Weshalb rufst du, weh mir?
Julia
.
Ich kann nicht anders, ich muß sie beklagen.
Proteus
.
Weshalb beklagst du sie?
Julia
.
Weil mich bedünkt, sie liebte Euch so sehr,
Als Ihr nur Euer Fräulein Silvia liebt;
Sie sinnt nur ihn, der schon vergaß ihr Lieben,
Ihr brennt für sie, die abweist Euer Lieben.
O Jammer, daß sich Lieben so zerstört!
Und des gedenkend mußt’ ich klagen: weh mir!
Proteus
.
Gut; gib ihr diesen Ring und auch zugleich
Den Brief; – hier ist ihr Zimmer. – Sag dem Fräulein,
Ich fodr’ ihr himmlisch Bild, das sie versprochen.
Dies ausgerichtet, eil’ zu meiner Kammer,
Wo du mich traurig, einsam finden wirst.
Proteus geht ab.
Julia
.
Wie wen’ge Frauen brächten solche Botschaft!
Ach! armer Proteus! du erwählst den Fuchs,
Um dir als Hirt die Lämmer zu behüten;
Ach, arme Törin! was beklag’ ich den,
Der mich mit vollem Herzen jetzt verachtet?
Weil er sie liebt, verachtet er mich nun;
Weil ich ihn liebte, muß ich ihn beklagen.
Ich gab ihm diesen Ring, da wir uns trennten,
Als Angedenken meiner Gunst und
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