Sämtliche Dramen
Bedford,
Ihr teuren Herrn von Gloster und von Exeter,
Und liebster Vetter, – lebt, ihr Krieger, wohl!
Bedford
.
Fahr’ wohl, mein guter Salisbury! Und Heil Begleite dich!
Exeter
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Leb wohl, du biedrer Lord, ficht heute tapfer:
Doch tu’ ich Schmach dir, dich daran zu mahnen;
Du hegst den echten Kern der Tapferkeit.
Salisbury ab.
Bedford
.
Er ist so voll von Tapferkeit als Güte,
In beiden fürstlich.
König Heinrich tritt auf.
Westmoreland
.
O hätten wir nun hier
Nur ein Zehntausend von dem Volk in England,
Das heut ohn’ Arbeit ist!
König Heinrich
.
Wer wünschte so?
Mein Vetter Westmoreland? – Nein, bester Vetter:
Zum Tode ausersehn, sind wir genug
Zu unsers Lands Verlust; und wenn wir leben,
Je klein’re Zahl, je größres Ehrenteil.
Wie Gott will! Wünsche nur nicht einen mehr!
Beim Zeus, ich habe keine Gier nach Gold,
Noch frag’ ich, wer auf meine Kosten lebt,
Mich kränkt’s nicht, wenn sie meine Kleider tragen;
Mein Sinn steht nicht auf solche äußre Dinge:
Doch wenn es Sünde ist, nach Ehre geizen,
Bin ich das schuldigste Gemüt, das lebt.
Nein, Vetter, wünsche keinen Mann von England:
Bei Gott! Ich geb’ um meine beste Hoffnung
Nicht so viel Ehre weg, als ein Mann mehr
Mir würd’ entziehn. O wünsch’ nicht einen mehr!
Ruf’ lieber aus im Heere, Westmoreland,
Daß jeder, der nicht Lust zu fechten hat,
Nur hinziehn mag; man stell’ ihm seinen Paß
Und stecke Reisegeld in seinen Beutel:
Wir wollen nicht in des Gesellschaft sterben,
Der die Gemeinschaft scheut mit unserm Tod.
Der heut’ge Tag heißt Crispianus’ Fest:
Der, so ihn überlebt und heim gelangt,
Wird auf dem Sprung stehn, nennt man diesen Tag,
Und sich beim Namen Crispianus rühren.
Wer heut am Leben bleibt und kommt zu Jahren,
Der gibt ein Fest am heil’gen Abend jährlich
Und sagt: »Auf Morgen ist Sankt Crispian!«,
Streift dann die Ärmel auf, zeigt seine Narben
Und sagt: »An Crispins Tag empfing ich die.«
Die Alten sind vergeßlich; doch wenn alles
Vergessen ist, wird er sich noch erinnern
Mit manchem Zusatz, was er an dem Tag
Für Stücke tat: dann werden unsre Namen,
Geläufig seinem Mund wie Alltagsworte,
Heinrich der König, Bedford, Exeter,
Warwick und Talbot, Salisbury und Gloster,
Bei ihren vollen Schalen frisch bedacht!
Der wackre Mann lehrt seinem Sohn die Märe,
Und nie von heute bis zum Schluß der Welt
Wird Crispin Crispian vorübergehn,
Daß man nicht uns dabei erwähnen sollte,
Uns wen’ge, uns beglücktes Häuflein Brüder:
Denn welcher heut sein Blut mit mir vergießt,
Der wird mein Bruder; sei er noch so niedrig,
Der heut’ge Tag wird adeln seinen Stand.
Und Edelleut’ in England, jetzt im Bett’,
Verfluchen einst, daß sie nicht hier gewesen,
Und werden kleinlaut, wenn nur jemand spricht,
Der mit uns focht am Sankt Crispinus-Tag.
Salisbury tritt auf.
Salisbury
.
Mein gnäd’ger Fürst, bereitet Euch in Eil’,
Schon stehn die Franken stattlich in den Reihen
Und werden schleunigst ihren Angriff tun.
König Heinrich
.
Ist unser Mut bereit, so ist es alles.
Westmoreland
.
Verderbe der, des Mut dahinten bleibt!
König Heinrich
.
Ihr wünscht von England nicht mehr Hülfe, Vetter?
Westmoreland
.
Herr, wollte Gott, daß Ihr und ich allein
Ohn’ andre Hülfe föchten diese Schlacht!
König Heinrich
.
Du hast fünftausend nun herabgewünscht,
Was besser mir gefällt, als einen wünschen. –
Gott mit euch allen! Eure Posten kennt ihr.
Trompeten. Montjoye tritt auf.
Montjoye
.
Noch einmal soll ich hören, König Heinrich,
Ob du dich willst vergleichen um die Lösung
Vor deinem höchst unzweifelbaren Fall.
Denn sicherlich, du bist dem Schlund so nah,
Du mußt verschlungen werden. Überdies
Ersucht aus Mitleid dich der Connetable,
Dein Volk an Reu’ zu mahnen, daß die Seelen
In Frieden mögen scheiden und zum Heil
Von diesen Feldern, wo die armen Leiber
Verwesen müssen.
König Heinrich
.
Wer sendet dich?
Montjoye
.
Der Connetable Frankreichs.
König Heinrich
.
Ich bitt’ dich, nimm den vorigen Bescheid
Mit dir zurück: heiß’ sie mich erst bezwingen,
Dann mein Gebein verhandeln. Guter Gott!
Warum sie arme Leute doch so höhnen?
Der Mann, der einst des Löwen Haut verkauft,
Da er noch lebte, kam beim Jagen um.
Es finden sicher unsrer Leiber viel
Hier ein natürlich Grab, worauf, so hoff’ ich,
In Erz ein Zeugnis dieses Tags wird leben.
Denn, die ihr stark Gebein in Frankreich lassen,
Wie
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