Sämtliche Dramen
Schwäche.
Prinz
.
Mich dünkt, ein Weib von solchem tapfern Geist,
Wenn ein Verzagter so sie reden hörte,
Müßt’ ihm die Brust mit Heldenmut erfüllen,
Daß nackt er einen Mann in Waffen schlüge.
Dies sag’ ich nicht, als zweifelt’ ich an wem,
Denn hätt’ ich jemand in Verdacht der Furcht,
So wär’ ihm zeitig wegzugehn vergönnt,
Daß er in unsrer Not nicht einen andern
Anstecke und ihm gleichen Mut einflöße.
Wenn hier ein solcher ist, was Gott verhüte!
So zieh’ er fort, bevor wir sein bedürfen.
Oxford
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Weiber und Kinder von so hohem Mut
Und Krieger zaghaft, – ew’ge Schande wär’s!
O wackrer Prinz! Dein rühmlicher Großvater
Lebt wieder auf in dir; lang’ mögst du leben,
Sein Bild erhalten, seinen Glanz erneu’n.
Somerset
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Und wer für solche Hoffnung nicht will fechten,
Geh heim ins Bett, so wie bei Tag die Eule,
Beim Aufstehn dann verhöhnt und angestaunt!
Margareta
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Dank, lieber Somerset und werter Oxford!
Prinz
.
Nehmt dessen Dank, der noch nichts weiter hat.
Ein Bote tritt auf.
Bote
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Bereitet euch, ihr Lords, denn Eduard naht
Zum Schlagen fertig: also seid entschlossen.
Oxford
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Das dacht’ ich wohl: ’s ist seine Politik,
Zu eilen, um uns außerstand zu finden.
Somerset
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Allein er irrt sich, denn wir sind bereit.
Margareta
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So eifrig euch zu sehn, erfrischt mein Herz.
Oxford
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Reih’n wir uns hier zur Schlacht und weichen nicht!
Ein Marsch. In der Entfernung erscheinen König Eduard, Clarence und Gloster mit ihren Truppen.
König Eduard
.
Dort, Kriegsgefährten, steht der dorn’ge Wald,
Der, mit des Himmels Hülf’ und eurer Kraft,
Vor nachts gefällt muß an der Wurzel sein.
Mehr Zunder braucht’s für euer Feuer nicht,
Ich weiß, ihr lodert auf, sie zu verbrennen.
Gebt das Signal zur Schlacht, und frisch ans Werk!
Margareta
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Lords, Ritter, Edle! Was ich sagen sollte,
Versagen Tränen; denn bei jedem Wort,
Seht ihr, trink’ ich das Wasser meiner Augen.
Drum dies nur: Heinrich, euer König, ist
Des Feinds Gefangner und sein Thron besetzt,
Sein Reich ein Schlachthaus, seine Bürger Opfer,
Sein Schatz vergeudet, sein Gebot vernichtet;
Dort ist des Wolf, der die Verheerung macht.
Ihr kämpft fürs Recht: drum, Lords, in Gottes Namen,
Seid tapfer, gebt das Zeichen zum Gefecht!
Alle ab.
¶
Fünfte Szene
Getümmel, Angriffe, dann ein Rückzug. Hierauf kommen König Eduard, Clarence, Gloster, von Truppen begleitet, mit Königin Margareta, Oxford und Somerset als Gefangenen.
König Eduard
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So hat nun der Empörer-Zwist ein Ende.
Mit Oxford gleich zur Burg von Hammes fort,
Dem Somerset den schuld’gen Kopf herunter!
Geht, schafft sie fort, ich will die zwei nicht hören.
Oxford
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Ich will mit Worten nicht dir lästig fallen.
Somerset
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Noch ich, mein Los ertrag’ ich in Geduld.
Oxford und Somerset werden mit Wache abgeführt.
Margareta
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Wir scheiden traurig hier im Jammertal,
In Lust vereint das Paradies uns wieder.
König Eduard
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Ist ausgerufen, dem, der Eduard findet,
Sei großer Lohn geschenkt, und ihm sein Leben?
Gloster
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Man tat’s, und seht, da kommt der junge Eduard.
Soldaten kommen mit Prinz Eduard.
König Eduard
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Führt mir den Braven vor, laßt uns ihn hören! –
Ei, fängt ein Dorn so jung zu stechen an?
Eduard, wie kannst du mir dafür genugtun,
Daß du mein Volk empört hast, Krieg geführt,
Und all das Unheil, das du mir gestiftet?
Prinz
.
Sprich wie ein Untertan, ehrsücht’ger York!
Nimm an, mein Vater rede jetzt aus mir.
Entsag’ dem Thron und knie’ du, wo ich stehe,
Weil ich an dich dieselben Worte richte,
Worauf du, Frevler, Antwort willst von mir.
Margareta
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Ach, wär’ dein Vater doch so fest gewesen!
Gloster
.
So hättet Ihr den Weiberrock behalten
Und Lancastern die Hosen nicht gestohlen.
Prinz
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Äsop mag wohl in Winternächten fabeln,
Hier passen seine groben Rätsel nicht.
Gloster
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Beim Himmel, Brut, dafür will ich dich plagen.
Margareta
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Du bist geboren zu der Menschen Plage.
Gloster
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Schafft doch das lose Maul von Weibe weg!
Prinz
.
Nein, lieber stopft dem Bucklichten das Maul!
König Eduard
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Still, trotzig Kind! Sonst will ich stumm dich machen.
Clarence
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Du bist zu vorlaut, unerzogner Knabe.
Prinz
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Ich kenne meine Pflicht, ihr brecht sie alle.
Wollüst’ger Eduard und meineid’ger George
Und mißgeschaffner Richard! Alle wißt,
Verräter, wie ihr seid, ich bin eu’r Obrer.
Du maßest meines Vaters Recht und
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