Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
Vom Netzwerk:
Lind’rung meine Milde,
    Mit Gnade trocknet’ ich die Tränenströme.
    Ich habe ihren Reichtum nicht begehrt
    Noch sie mit großen Steuern schwer geschatzt,
    Nicht schnell zur Rache, wie sie auch geirrt.
    Warum denn sollten sie mir Eduard vorziehn?
    Nein, Exeter, Gunst heischet diese Gunst,
    Und wenn dem Lamm der Löwe liebekost,
    So hört das Lamm nie auf, ihm nachzugehn.
    Draußen Geschrei: »Lancaster hoch!«
    Exeter
.
    Hört, hört, mein Fürst! Welch ein Geschrei ist das?
    König Eduard, Gloster und Soldaten treten auf.
    König Eduard
.
    Ergreift den blöden Heinrich, führt ihn fort
    Und ruft mich wieder aus zum König Englands! –
    Ihr seid der Quell, der kleine Bäche nährt;
    Ich hemm’ ihn, meine See soll auf sie saugen
    Und durch ihr Ebben um so höher schwellen. –
    Fort mit ihm in den Turm, laßt ihn nicht reden!
    Einige ab mit König Heinrich.
    Und, Lords, wir wenden uns nach Coventry,
    Wo der gebieterische Warwick steht.
    Jetzt scheint die Sonne heiß: wenn wir vertagen,
    Wird Frost uns die gehoffte Ernte nagen.
    Gloster
.
    Bei Zeiten fort, eh’ sich sein Heer vereint,
    Fangt unversehns den großgewachsnen Frevler.
    Auf, wackre Krieger! Frisch nach Coventry!
    Alle ab.
    ¶

FÜNFTER AUFZUG
Erste Szene
    Coventry.
    Auf der Mauer erscheinen Warwick, der Schultheiß von Coventry, zwei Boten und andre.
    Warwick
.
    Wo ist der Bote von dem tapfern Oxford?
    Wie weit ist noch dein Herr, mein guter Freund?
    Erster Bote
.
    Bei Dunsmore eben, auf dem Marsch hieher.
    Warwick
.
    Wie weit ist unser Bruder Montague?
    Wo ist der Bote, der von ihm uns kam?
    Zweiter Bote
.
    Bei Daintry eben, mit gewalt’ger Schar.
    Sir John Somerville tritt auf.
    Warwick
.
    Sag, Somerville, was sagt mein lieber Sohn?
    Wie nah vermutest du den Clarence jetzt?
    Somerville
.
    Zu Southam ließ ich ihn mit seinen Truppen,
    Und hier erwart’ ich in zwei Stunden ihn.
    Man hört Trommeln.
    Warwick
.
    So ist er nah, ich höre seine Trommeln.
    Somerville
.
    Nicht seine, gnäd’ger Herr; Southam liegt hier,
    Von Warwick ziehn die Trommeln, die Ihr hört.
    Warwick
.
    Wer möcht’ es sein? Wohl unverhoffte Freunde.
    Somerville
.
    Sie sind ganz nah, Ihr werdet’s bald erfahren.
    Trommeln.
    König Eduard und Gloster nebst Truppen auf dem Marsch.
    König Eduard
.
    Trompeter, lade sie zur Unterhandlung!
    Gloster
.
    Seht auf der Mau’r den finstern Warwick hausen!
    Warwick
.
    Verhaßter Streich! Der üpp’ge Eduard hier?
    Wo schliefen unsre Späher, wer bestach sie,
    Daß wir von seiner Ankunft nichts gehört?
    König Eduard
.
    Nun, Warwick, tust du uns das Stadttor auf,
    Gibst gute Worte, beugst dein Knie in Demut,
    Nennst Eduard König, flehst um Gnad’ ihn an,
    So wird er diese Frevel dir verzeihn.
    Warwick
.
    Vielmehr, willst du hier wegziehn deine Scharen,
    Bekennen, wer dich hob und niederstürzte,
    Den Warwick Gönner nennen und bereun,
    So sollst du ferner Herzog sein von York.
    Gloster
.
    Ich glaubt’, er würde mind’stens König sagen;
    Wie, oder spaßt’ er wider seinen Willen?
    Warwick
.
    Ist nicht ein Herzogtum ein schön Geschenk?
    Gloster
.
    Ja wahrlich, wenn’s ein armer Graf vergibt.
    Ich will dir ein so gut Geschenk vergelten.
    Warwick
.
    Ich war’s ja, der das Königreich ihm gab.
    König Eduard
.
    Nun, so ist’s mein, wenn auch durch Warwicks Gabe.
    Warwick
.
    Du bist kein Atlas für so große Last,
    Dem Schwächling nimmt die Gabe Warwick wieder,
    Und Heinrich ist mein Herr, Warwick sein Untertan.
    König Eduard
.
    Doch Warwicks Herr ist Eduards Gefangner,
    Und, tapfrer Warwick, sage mir nur dies:
    Was ist der Körper, wenn das Haupt ihm fehlt?
    Gloster
.
    Ach, daß doch Warwick nicht mehr Vorsicht hatte,
    Daß, da er bloß die Zehne wollt’ entwenden,
    Der König schlau gefischt ward aus den Karten.
    Ihr ließt den Armen im Palast des Bischofs:
    Zehn gegen eins, Ihr trefft ihn nun im Turm.
    König Eduard
.
    So ist es auch, doch bleibt Ihr Warwick stets.
    Gloster
.
    Komm, Warwick! Nimm die Zeit wahr! Kniee nieder!
    Wann wird’s? Jetzt schmiede, weil das Eisen glüht!
    Warwick
.
    Ich wollte lieber abhaun diese Hand
    Und mit der andern ins Gesicht dir schleudern,
    Als daß ich dir die Segel streichen sollte.
    König Eduard
.
    Ja, segle, wie du kannst, mit Wind und Flut!
    Die Hand hier, um dein kohlschwarz Haar gewunden,
    Soll, weil dein abgehauner Kopf noch warm,
    Mit deinem Blut dies schreiben in den Staub:
    »Der wetterwend’sche Warwick wechselt nun nicht mehr.«
    Oxford kommt mit klingendem Spiel und

Weitere Kostenlose Bücher