Sämtliche Dramen
hat, auf eignen höchsten Antrieb
Und nicht bewogen durch ein fremd Gesuch,
Vielleicht vermutend Euren innern Haß,
Der sich in Eurem äußern Tun verrät,
Auf meine Kinder, Brüder und mich selbst,
Zu Euch gesandt, damit er so erfahre
Die Ursach’ Eures Grolls und weg sie schaffe.
Gloster
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Ich weiß es nicht, – die Welt ist so verderbt,
Zaunkön’ge hausen, wo’s kein Adler wagt.
Seit jeder Hans zum Edelmanne ward,
So wurde mancher edle Mann zum Hans.
Elisabeth
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Schon gut! Man kennt die Meinung, Bruder Gloster:
Ihr neidet mein und meiner Freunde Glück.
Gott gebe, daß wir nie Euch nötig haben!
Gloster
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Gott gibt indes, daß wir Euch nötig haben;
Denn unser Bruder ist durch Euch verhaftet,
Ich selbst in Ungnad’, und der Adel preis
Der Schmach gegeben, da man hohe Posten
Täglich verleiht, mit Ehren die zu krönen,
Die gestern keine Kron’ im Beutel hatten.
Elisabeth
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Bei dem, der mich zu banger Höh’ erhob
Von dem zufriednen Los, das ich genoß!
Ich reizte niemals Seine Majestät
Wider den Herzog Clarence, war vielmehr
Ein Anwalt, welcher eifrig für ihn sprach.
Mylord, Ihr tut mir schmählich Unrecht an,
Da Ihr mich falsch in solchen Argwohn bringt.
Gloster
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Ihr könnt auch leugnen, daß Ihr Schuld gehabt
An Mylord Hastings neulichem Verhaft.
Rivers
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Sie kann’s, Mylord; denn –
Gloster
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Sie kann’s, Lord Rivers? Ei, wer weiß das nicht?
Sie kann noch mehr als dieses leugnen, Herr:
Sie kann Euch helfen zu manch schönem Posten,
Dann leugnen ihre Hand im Spiel dabei
Und alles nennen des Verdienstes Lohn.
Was kann sie nicht? Sie kann, – ja traun! Sie kann –
Rivers
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Was kann sie, traun?
Gloster
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Was kann sie traun? Mit einem König traun,
Und der ein Junggesell, ein hübscher Bursch.
Hat Eure Großmama so gut gefreit?
Elisabeth
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Mylord von Gloster, allzu lang’ ertrug ich
Eu’r plumpes Schelten und Eu’r bittres Schmäh’n.
Ich melde Seiner Majestät, beim Himmel,
Den groben Hohn, den ich so oft erlitt.
Ich wäre lieber eine Bauermagd
Als große Königin, mit der Bedingung,
Daß man mich so verachtet und bestürmt.
Ich habe wenig Freud’ auf Englands Thron.
Königin Margareta erscheint im Hintergrunde.
Margareta
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Das Wen’ge sei verringert, Gott, so fleh’ ich!
Denn mir gebührt dein Rang und Ehrensitz.
Gloster
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Was? Droht Ihr mir, dem König es zu sagen?
Sagt’s ihm und schont nicht; seht, was ich gesagt,
Behaupt’ ich in des Königs Gegenwart.
Ich wag’ es drauf, in Turm geschickt zu werden.
’s ist Redens Zeit: man denkt nicht meiner Dienste.
Margareta
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Fort, Teufel! Ihrer denk’ ich allzu wohl.
Du brachtest meinen Gatten um im Turm
Und meinen armen Sohn zu Tewksbury.
Gloster
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Eh’ Ihr den Thron bestiegt und Eu’r Gemahl,
War ich das Packpferd seines großen Werks,
Ausrotter seiner stolzen Widersacher,
Freigebiger Belohner seiner Freunde;
Sein Blut zu fürsten, hab’ ich meins vergossen.
Margareta
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Ja, und viel beßres Blut als seins und deins.
Gloster
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In all der Zeit wart Ihr und Grey, Eu’r Mann,
Parteiisch für das Haus von Lancaster;
Ihr, Rivers, wart es auch. – Fiel Euer Mann
Nicht zu Sankt Albans in Margretas Schlacht?
Erinnern muß ich Euch, wenn Ihr’s vergeßt,
Was Ihr zuvor gewesen und nun seid;
Zugleich, was ich gewesen und noch bin.
Margareta
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Ein mörderischer Schurk’, und bist es noch.
Gloster
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Verließ nicht Clarence seinen Vater Warwick,
Ja, und brach seinen Eid, – vergeb’ ihm Jesus! –
Margareta
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Bestraf’ ihn Gott!
Gloster
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Um neben Eduard für den Thron zu fechten?
Zum Lohn sperrt man den armen Prinzen ein.
Wär’ doch mein Herz steinhart wie Eduard seins,
Wo nicht, seins weich und mitleidsvoll wie meins!
Ich bin zu kindisch töricht für der Welt.
Margareta
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So fahr’ zur Hölle und verlaß die Welt,
Du Kakodämon! Dort ist ja dein Reich.
Rivers
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Mylord von Gloster, in der heißen Zeit,
Woran Ihr mahnt, der Feindschaft uns zu zeihn,
Da hielten wir an unserm Herrn und König,
Wie wir an Euch es täten, wenn Ihr’s würdet.
Gloster
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Wenn ich es würde? Lieber ein Hausierer!
Fern meinem Herzen sei’s, es nur zu denken.
Elisabeth
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So wenig Freude, Mylord, als Ihr denkt,
Daß Ihr genößt als dieses Landes König:
So wenig Freude mögt Ihr denken auch,
Daß ich genieß’ als dessen Königin.
Margareta
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Ja, wenig Freud’ hat dessen Königin:
Ich bin es, und bin gänzlich freudenlos.
Ich kann nicht länger
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