Sämtliche Dramen
nichts!
Ha!
Entfiel so bald ihr jener wackre Prinz,
Eduard, ihr Gatte, den ich vor drei Monden
Zu Tewksbury in meinem Grimm erstach?
Solch einen holden, liebenswürd’gen Herrn,
In der Verschwendung der Natur gebildet,
Jung, tapfer, weis’ und sicher königlich,
Hat nicht die weite Welt mehr aufzuweisen:
Und will sie doch ihr Aug’ auf mich erniedern,
Der dieses Prinzen goldne Blüte brach
Und sie verwitwet’ im betrübten Bett?
Auf mich, der nicht dem halben Eduard gleichkommt?
Auf mich, der hinkt und mißgeschaffen ist?
Mein Herzogtum für einen Bettler-Pfennig,
Ich irre mich in mir die ganze Zeit:
So wahr ich lebe, kann ich’s gleich nicht finden,
Sie find’t, ich sei ein wunderhübscher Mann.
Ich will auf einen Spiegel was verwenden
Und ein paar Dutzend Schneider unterhalten,
Um Trachten auszusinnen, die mir stehn.
Da ich bei mir in Gunst gekommen bin,
So will ich’s auch mich etwas kosten lassen.
Doch schaff’ ich den Gesellen erst ins Grab
Und kehre jammernd dann zur Liebsten um.
Komm, holde Sonn’, als Spiegel mir zu statten
Und zeige, wenn ich geh’, mir meinen Schatten!
Ab.
¶
Dritte Szene
Ebendaselbst. Ein Zimmer im Palast.
Königin, Elisabeth, Lord Rivers und Lord Grey treten auf.
Rivers
.
Seid ruhig, Fürstin: bald wird Seine Majestät
Sich wieder im erwünschten Wohlsein finden.
Grey
.
Es macht ihn schlimmer, daß Ihr’s übel tragt:
Um Gottes willen also, seid getrost
Und muntert ihn mit frohen Worten auf.
Elisabeth
.
Was würde mir begegnen, wär’ er tot?
Grey
.
Kein ander Leid, als solches Herrn Verlust.
Elisabeth
.
Solch eines Herrn Verlust schließt jedes ein.
Grey
.
Der Himmel schenkt’ Euch einen wackern Sohn,
Wenn er dahin ist, Tröster Euch zu sein.
Elisabeth
.
Ach! er ist jung, und bis zur Mündigkeit
Führt über ihn die Sorge Richard Gloster,
Ein Mann, der mich nicht liebt, noch wen von euch.
Rivers
.
Ist’s ausgemacht, daß er Protektor wird?
Elisabeth
.
Es ist beschlossen, noch nicht ausgemacht:
Allein es muß sein, wenn der König abgeht.
Buckingham und Stanley treten auf.
Grey
.
Da sind die Lords von Buckingham und Stanley.
Buckingham
.
Eu’r königlichen Gnaden Heil und Glück!
Stanley
.
Gott mög’ Eu’r Majestät erfreun wie eh’mals!
Elisabeth
.
Die Gräfin Richmond, lieber Mylord Stanley,
Sagt auf Eu’r gut Gebet wohl schwerlich Amen.
Doch, Stanley, ob sie Euer Weib schon ist
Und mich nicht liebt, seid, bester Lord, versichert,
Ich hass’ Euch nicht um ihren Übermut.
Stanley
.
Meßt, ich ersuch’ Euch, keinen Glauben bei
Den Lästerungen ihrer falschen Kläger;
Und würde sie auf gült’gen Grund verklagt,
Tragt ihre Schwäche, die gewiß entsteht
Aus kranken Grillen, nicht bedachter Bosheit.
Elisabeth
.
Saht Ihr den König heute, Mylord Stanley?
Stanley
.
Wir kommen, Herzog Buckingham und ich,
Nur eben jetzt von Seiner Majestät.
Elisabeth
.
Was ist für Anschein seiner Beßrung, Lords?
Buckingham
.
Die beste Hoffnung, Eu’r Gemahl spricht munter.
Elisabeth
.
Gott geb’ ihm Heil! Bespracht Ihr Euch mit ihm?
Buckingham
.
Ja, gnäd’ge Frau: er wünscht den Herzog Gloster
Mit Euren Brüdern wieder auszusöhnen
Und diese mit dem Oberkämmerer
Und hieß vor Seiner Hoheit sie erscheinen.
Elisabeth
.
Wär’ alles gut! Doch das wird nimmer sein:
Ich fürchte, unser Glück hat seine Höh’.
Gloster, Hastings und Dorset treten auf.
Gloster
.
Sie tun mir Unrecht, und ich will’s nicht dulden.
Wer sind sie, die beim König sich beklagen,
Ich sei, man denke, hart und lieb’ sie nicht?
Beim heil’gen Paul, der liebt ihn obenhin,
Wer so sein Ohr mit Zankgerüchten anfüllt.
Weil ich nicht schmeicheln und beschwatzen kann,
Zulachen, streicheln, hintergehn und kriechen,
Fuchsschwänzend wie ein Franzmann und ein Aff’,
So hält man mich für einen häm’schen Feind.
Kann denn ein schlichter Mann nicht harmlos leben,
Daß nicht sein redlich Herz mißhandelt würde
Von seidnen, schlauen, schmeichlerischen Gecken?
Grey
.
Mit wem in diesem Kreis spricht Euer Gnaden?
Gloster
.
Mit dir, der weder Tugend hat noch Gnade.
Wann kränkt’ ich dich? Wann tat ich dir zu nah?
Und dir? Und dir? Wann einem eurer Rotte?
Die Pest euch allen! Unser gnäd’ger Fürst –
Den Gott erhalte besser, als ihr wünscht! –
Kann kaum ein Atemholen ruhig sein,
Daß ihr ihn nicht mit wüsten Klagen stört.
Elisabeth
.
Bruder von Gloster, Ihr mißnehmt die Sache.
Der König
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