Sämtliche Dramen
Leben ist umspannt;
Ich bin nur Schatten noch des armen Buckingham,
Und dessen Züge selbst tilgt diese Wolke,
Mein helles Licht verdunkelnd. Mylord, lebt wohl!
Alle ab.
¶
Zweite Szene
Das Zimmer des Staatsrats.
Trompeten. König Heinrich, auf des Kardinals Schulter gestützt; mehrere Edelleute und Sir Thomas Lovell treten auf.
König
.
Mein ganzes Leben dankt, mein Herzblut Euch
Für solche Sorgfalt. Stand ich doch im Schuß
Der schwergelad’nen Meuterei! Habt Dank,
Der sie vertilgt. Laßt jetzt vor uns erscheinen
Des Buckingham Hofmeister: in Person
Will ich rechtfert’gen hören sein Bekenntnis,
Und Punkt für Punkt soll er uns seines Herrn
Verrat aufs neu’ berichten.
Der König setzt sich auf den Thron. Die Lords des Reiches nehmen ihre Plätze ein. Der Kardinal setzt sich zu des Königs Füßen auf der rechten Seite. Man hört hinter der Szene rufen. »Platz für die Königin!« Die Königin tritt auf, geführt von den Herzogen von Norfolk und Suffolk; sie knieet. Der König steht auf von seinem Thron, hebt sie auf, küßt sie und heißt sie, neben ihm sitzen.
Königin
.
Nein, laßt uns länger knien; ich kam, zu bitten.
König
.
Steht auf, nehmt Euren Platz; Eu’r halb Gesuch
Bleib’ unberührt (halb unsre Macht ist Eure),
Die andre Hälft’, eh’ Ihr sie nennt, gewährt.
So sagt und nehmt die Bitte.
Königin
.
Dank, mein König.
Daß Ihr Euch selbst liebt, und in solcher Liebe
Nicht außer acht laßt Eure Ehre, noch
Die Hoheit Eures Amts: das ist der Inhalt
Von meiner Bitte:
König
.
Fahret fort, Gemahlin.
Königin
.
Ich werd’ umlagert stets – und zwar von vielen,
Und von den Redlichsten, – weil Euer Volk
In hartem Trübsal seufzt. Es sind Sendschreiben
Erlassen, so die Herzen lösen mußten
Von aller Treu’; und ob sich zwar darob,
Werter Herr Kardinal, die herbsten Klagen
Auf Euch zumeist ergießen, als Anstifter
Solcher Erpressung, trifft doch selbst den König
(Des Ehre Gott vor Unglimpf schützen mag!)
Unziemlich Reden, ja, solches, das zerbricht
Treu’ und Gehorsam und beinah’ erscheint
Als lauter Aufruhr.
Norfolk
.
Nicht beinah’ erscheint,
Wirklich erscheint: denn dieser Schatzung willen
Hat schon das ganze Tuchgewerk, unfähig,
Die Arbeit zu erhalten, seine Spinner,
Die Krempler, Walker, Weber abgedankt,
Die nun, verfolgt vom Hunger, andern Handwerks
Unkundig, sonder Mittel, in Verzweiflung,
Dem Ausgang trotzend, all’ in Aufstand sind;
Und die Gefahr dient unter ihnen.
König
.
Schatzung?
Auf was? Und welche Schatzung? Kardinal,
Ihr, der die Last zugleich mit uns hier tragt,
Wißt Ihr von dieser Schatzung?
Wolsey
.
Erlaubt, mein König,
Ich weiß nur einzelnes von allem, was
Den Staat betrifft, und steh’ nur mit im Gliede,
Wo andre mit mir schreiten.
Königin
.
Nein, Mylord,
Ihr wißt nicht mehr als andre; doch Ihr schmiedet
Die Dinge, die auch jeder kennt; nicht heilsam
Für die, die lieber nicht sie kennten, doch
Wohl notgedrungen sie erfahren. Diese
Erpressungen, von denen mein Gemahl will wissen,
Im Hören sind sie tödlich schon; sie tragen,
Der Rücken bricht der Last. Man sagt, Ihr seid’s,
Der sie ersonnen; ist das nicht, so seid Ihr
Zu hart beschuldigt.
König
.
Immerdar Erpressung! –
Von welcher Art? Laßt hören, welcher Art
War die Erpressung?
Königin
.
Wag’ ich doch zu viel,
So prüfend Eure Milde! Doch mich stärkt
Die Nachsicht, so Ihr zugesagt. Es ruht
Des Volks Beschwerd’ auf Steuern, so ein Sechsteil
Von jeglichem Vermögen sonder Aufschub
Einfordern, und als Vorwand soll Eu’r Krieg
In Frankreich gelten. Dies macht dreiste Zungen,
Der Mund speit aus die Pflicht; in kalten Herzen
Gefriert die Treu’; Verwünschung wohnt anjetzt,
Wo sonst Gebete; ja es kam so weit,
Daß nun lenksame Folgsamkeit erscheint
Als jeglicher erhitzten Laune Sklav’. Oh, möcht’
Eu’r Hoheit bald erwägen dies Geschäft!
Keins ist so dringend. –
König
.
Nein, bei meinem Leben! –
Dies ist zuwider unserm Wunsch.
Wolsey
.
Und ich
Ging meinerseits hierin nicht weiter, als
Durch eine Stimm’; auch diese gab ich nur
Auf Rat gelehrter Richter. Schmähen mich
Unkund’ge Zungen, so mein Innres nicht
Erkannt noch meine Weg’, und wollen dennoch
Die Chronik werden meines Tuns: so weiß man,
’s ist nur der Würden Los, der Dornenpfad,
Den Tugend wandeln muß. Beschränke keiner,
Was ihm zu tun notwendig, in der Furcht,
Er stoß’ auf neid’sche Tadler, die
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