Sämtliche Dramen
strafe mich der Herr! – Ich glaube,
Und bin gestützt auf mächt’ge Grund’, Ihr seid
Mein Feind; und so erklär’ ich meinen Einspruch:
Ihr sollt mein Richter nimmer sein. Denn Ihr
Bliest zwischen mir und meinem Herrn die Glut,
Die Gottes Tau mag dämpfen! Drum noch einmal,
Als meinen Richter hass’ ich Euch durchaus;
Euch widersteht mein tiefstes Herz; ich halt’ Euch
Für meinen bösen Geist und hab’ Euch nie
Der Wahrheit treu geglaubt.
Wolsey
.
Ich muß gestehn,
Ich find’ Euch selbst nicht wieder, die Ihr sonst
Sanftmut geübt, Euch milder stets gezeigt
Und weiser, als es andern Frauen je
Gegeben ward. Ihr tut mir Unrecht, Fürstin,
Ich heg’ Euch keinen Groll, noch tat ich Euch
Noch jemand Unrecht. Was bisher geschehn
Und noch geschieht, verbürgt gemess’ne Vollmacht,
So uns erteilt vom geistlichen Gericht,
Roms ganzem geistlichen Gericht. Ihr zeiht mich,
Ich schüre diese Glut; dem ist nicht so.
Der König ist zugegen? Wär’ ihm kund,
Ich spräche Wahrheit nicht, wie würd’ er schelten,
Und sehr mit Recht, die Falschheit! Ja, so stark
Wie meine Wahrheit Ihr. Er sieht, mich trifft
Eu’r Vorwurf nicht, doch sieht er mich verletzt.
Deshalb ist jetzt an ihm, mich herzustellen,
Und dies geschieht, indem er solcherlei
Gedanken Euch entfernt. Bevor deshalb
Noch Seine Hoheit spricht, ersuch’ ich Euch,
Sehr gnäd’ge Frau, nicht denkt mehr, was Ihr spracht,
Und sprecht es nie mehr aus!
Königin
.
Mylord, Mylord,
Ich bin ein einfach Weib, zu schwach, zu ringen
Mit Euren Künsten. Ihr seid mild, sprecht Demut;
Ihr spielt Beruf und Amt im vollsten Schein,
Mit Mild’ und Demut; Euer Herz jedoch
Ist voll von Hochmut, Anmaßung und Tücke.
Durch Glück und Seiner Hoheit Gunst stiegt Ihr
Leicht über niedre Stufen; nun erhoben,
Ist die Gewalt Euch Stütz’: und Eure Worte
Sind Knechte, Eurem Willen dienend, wie’s
Euch gut dünkt, sie zu brauchen. Leugnet nicht,
Ihr strebet mehr nach Eurer eignen Ehre
Als nach dem heiligen Beruf. Noch einmal,
Ich will Euch nicht zum Richter; vor Euch allen
Beruf ich mich in dieser ganzen Sache
Auf Seine Heiligkeit den Papst; er soll
Mein Urteil fällen.
Sie verneigt sich vor dem Könige und will weggehn.
Campejus
.
Störrisch widerspricht
Die Königin dem Recht, verklagt es und
Entzieht sich schmähend ihm: das ist nicht gut.
Sie geht hinweg,
König
.
Ruft sie zurück!
Ausrufer
.
Katharine, Königin von England, erscheine vor dem Gericht!
Griffith
.
Man ruft Euch, Königin.
Königin
.
Was braucht Ihr drauf zu hören? Geht nur weiter:
Kehrt um, wenn man Euch ruft: – Nun helf’ mir Gott!
Mehr ist es, als man dulden kann! – Geht weiter:
Ich bleibe nicht, gewiß nicht; werd’ auch nimmer
Vor keiner ihrer Sitzungen hinfort
In dieser Sach’ erscheinen.
Die Königin mit Griffith und ihrem Gefolge ab.
König
.
Geh nur, Käthe!
Wer in der Welt sich rühmen wollt’, er hab’
Ein besser Weib, dem soll man traun in nichts,
Denn darin log er. Du bist Königin
(Wenn seltne Eigenschaften, holde Milde,
Sanftmut wie Heil’ge, weiblich echte Würde,
Gehorchen im Beherrschen – all dein Sinn
So königlich wie fromm dich schildern könnten –)
Vor allen ird’schen Königinnen. Sie ist edlen Stamms;
Und ihrem hohen Adel angemessen war
Auch ihr Betragen gegen mich.
Wolsey
.
Mein Fürst,
Tief untertänigst bitt’ ich Eure Hoheit,
Ihr woll’t geruhn, mir Zeugnis zu erteilen
Vor diesem Kreis – (denn wo ich Raub und Fessel
Erlitten, muß ich losgebunden sein,
So mir auch völlig nicht genug geschieht),
Ob dies Geschäft wohl, hoher Herr, von mir
Zuerst Euch in den Weg gelegt, ob ich wohl je
Euch Skrupel aufgeworfen, die Euch konnten
Zum Untersuchen führen: ob das kleinste Wort –
Anders als frommen Dank für solche Herrin –
Ich jemals sprach, das Nachteil bringen konnte
So ihrem gegenwärt’gen Rang wie ihrem
Höchst tugendhaften Wesen?
König
.
Mylord, ich
Entschuld’ge Euch; noch mehr, bei meiner Ehre,
Ich sprech’ Euch frei. Wohl lernt Ihr nicht durch mich,
Wie viele Feind’ Ihr habt, die selbst kaum wissen,
Weshalb sie’s sind, und doch, Dorfhunden gleich,
Mitbellen, wenn’s die andern tun; sie reizten
Die Königin zum Zorn. Ihr seid entschuldigt:
Wollt Ihr noch mehr Rechtfertigung? Ihr wünschtet,
Daß stets die Sache schlafen möchte, niemals
Habt Ihr sie aufgeregt, nein, oft gehemmt,
Geschlossen oft den Weg. Auf meine Ehre,
Genauso sprach der Kardinal,
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