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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Seligkeit; die Gaben
    (Wie Ihr auch zimpert) fänden doch wohl Raum
    In Eurem saffian-zärtlichen Gewissen,
    Wenn Ihr’s nur dehnen wolltet! –
    Anna
.
    Nein, auf Treu’!
    Hofdame
.
    Treu’ hin. Treu’ her! – Ihr wär’t nicht gerne Fürstin?
    Anna
.
    Nein, nicht um alle Güter unterm Mond.
    Hofdame
.
    Kurios! Ei, mich bestäch’ ein krummer Dreier,
    Kön’gin zu sein, so alt ich bin: doch, bitte,
    Was meint Ihr zu ’ner Herzogin? Habt Ihr
    Zu solcher Bürde Kraft?
    Anna
.
    Nein, wahrlich nicht.
    Hofdame
.
    Dann seid Ihr allzu schwach! Nun, noch eins tiefer:
    Ich trät’ Euch nicht als junger Graf entgegen
    Und mehr als ein Erröten: kann Eu’r Rücken
    Die Last nicht tragen, seid Ihr auch zu schwächlich,
    Um Kinder zu erzeugen.
    Anna
.
    Wie Ihr schwatzt!
    Ich schwör’ noch eins, ich wär’ nicht Königin
    Um alle Welt.
    Hofdame
.
    Seht, um das kleine England
    Würd’ Euch der Mund schon wässern: mir schon für
    Carnarvonshire, wenn auch nichts anders sonst
    Zur Krone mehr gehörte. Wer kommt da?
    Der Lord Kämmerer tritt auf.
    Lord Kämmerer
.
    Guten Morgen, Fräulein! Wie viel wär’s wohl wert,
    Zu wissen, welch Geheimnis ihr bespracht?
    Anna
.
    Kaum Eurer Frage, lieber Lord, verlohnt sich’s;
    Wir klagten über unsrer Herrin Leid.
    Lord Kämmerer
.
    Ein löblich Thema, das sich trefflich ziemt
    Für solche würd’ge Damen. Noch ist Hoffnung,
    Daß alles gut wird.
    Anna
.
    Amen, geb’ es Gott! –
    Lord Kämmerer
.
    Ihr habt ein freundlich Herz; des Himmels Segen
    Folgt Euresgleichen. Daß Ihr seht, Mylady,
    Wie wahr ich red’ und wie den höchsten Blicken
    Von Eurer reichen Tugend Kenntnis ward:
    Hochachtungsvoll grüßt Euch des Königs Gnade
    Und will Euch mit nicht mindrer Ehre schmücken
    Als einer Markgräfin von Pembroke; ferner
    Fügt er zu solchem Titel tausend Pfund
    Als Jahrgehalt hinzu.
    Anna
.
    Noch weiß ich kaum
    Der treuen Unterwerfung Form zu wählen.
    Mehr denn mein alles ist noch nichts; mein Beten
    Nicht heilig g’nug, noch meine Wünsche mehr
    Als leerer Schall: doch Wünsche und Gebete
    Sind, was ich darzubieten hab’. Ich bitt’ Euch,
    Versucht zu schildern meines Danks Gehorsam,
    Als einer tief beschämten Magd, dem König,
    Für dessen Heil und Kron’ ich bete.
    Lord Kämmerer
.
    Fräulein,
    Ich eil’, in seiner günst’gen Meinung noch
    Zu stärken meinen Herrn.
    Beiseit.
    Wohl prüft’ ich sie,
    Schönheit und Zucht sind so verwebt in ihr,
    Daß sie den Herrn umstrickten; und wer weiß,
    Ob ihr nicht ein Juwel entsprießen mag,
    Dies ganze Land durchstrahlend. – Jetzt zum König,
    Ihm melden, daß ich Euch gesehn.
    Anna
.
    Mein teurer Lord! –
    Lord Kämmerer ab.
    Hofdame
.
    Da haben wir’s! Nun seht einmal, nun seht!
    Ich habe sechszehn Jahr am Hof gebettelt,
    Bin stets noch bettelhaft am Hof, und zwischen
    Zu zeitig und zu spät traf ich’s noch nie,
    Warb ich um ein’ge Pfund. Und Ihr? O Schicksal!
    Ihr, noch ein junger Weißfisch (Zeter über
    Dies aufgedrängte Glück!), kriegt voll den Mund,
    Eh’ Ihr die Lippen öffnet!
    Anna
.
    Seltsam, in Wahrheit!
    Hofdame
.
    Wie schmeckt’s? Ist’s bitter? Ich wett’ ’nen Taler, nein!
    Es war ’mal eine Dam’ (erzählt ein Märchen),
    Die wollte Königin nicht sein, durchaus nicht,
    Um allen Schlamm Ägyptens nicht. – Kennt Ihr’s?
    Anna
.
    Geht, Ihr seid munter!
    Hofdame
.
    Ich, in Eurer Stelle,
    Flög’ über Lerchen weg. Markgräfin Pembroke!
    Eintausend Pfund des Jahrs! Aus bloßer Achtung!
    Und von Verpflichtung nichts! Bei meinem Leben,
    Mehr Tausende verspricht das. Der Ehre Schlepp’
    Ist länger als ihr Vorderkleid. Nun, jetzo
    Tragt Ihr wohl auch die Herzogin? Nicht wahr?
    Seid Ihr nicht stärker schon?
    Anna
.
    Mein gutes Fräulein,
    Ergetzt Euch selbst mit Euren eignen Grillen
    Und laßt mich aus dem Spiel! – Stürb’ ich doch lieber,
    Wenn dies mein Blut erhitzt; nein, es erschreckt mich,
    Zu denken, was mag folgen. –
    Die Königin ist trostlos, wir vergeßlich,
    Sie so allein zu lassen. Bitt’ Euch, sagt nicht,
    Was Ihr gehört.
    Hofdame
.
    Was denkt Ihr nur von mir?
    Beide ab.
    ¶

Vierte Szene
    Ein Saal in Blackfriars.
    Trompetenstoß; Zinken und Hörner. Zwei Gerichtsdiener treten auf, mit kurzen Silberstäben; nach ihnen zwei Schreiber in Doktorkleidung; darauf der Erzbischof von Canterbury allein; nach ihm die Bischöfe von Lincoln, Ely, Rochester und St. Asaph. Dann folgt in einer kleinen Entfernung ein Edelmann, der die Tasche mit dem großen Siegel und einen

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