Sämtliche Dramen
mir das Gedächtnis
Des Herzogs, meines Schwähers, ruft zurück,
Um Rache mir zu schaffen.
Suffolk
.
Welcher Pair
Blieb ungekränkt durch ihn? ward mind’stens nicht
Schnöd’ übersehn? An wem wohl hat er je
Des Adels Stempel noch gewürdiget
Als an sich selbst?
Lord Kämmerer
.
Ihr sprecht, Herrn, eure Wünsche:
Was er verdient an euch und mir, das weiß ich;
Doch ob ihm beizukommen, wenn die Zeit
Auch günstig scheint, zweifl’ ich noch sehr. Könnt ihr
Den Zugang nicht zum König ihm versperren,
So unternehmt noch nichts; denn Zauberkraft
Übt seine Zung’ an ihm.
Norfolk
.
Oh, fürchtet nicht,
Darin ist’s aus mit seiner Macht; der König
Hat einen Strauß mit ihm, der wohl auf immer
Den Honig seiner Reden gällt. Er steckt,
Um nicht mehr loszukommen, fest in Ungunst.
Surrey
.
Wie gern vernähm’ ich Neuigkeit wie diese
In jeder Stunde!
Norfolk
.
Glaubt mir, dies ist wahr.
Während der Scheidungssach’ hat sich durchaus
Sein zwiefach Spiel enthüllt; und nun erscheint er,
Wie ich’s nur meinen Feinden wünsche.
Surrey
.
Sagt,
Wie kam’s zu Tag?
Suffolk
.
Höchst seltsam,
Surrey
.
Sagt, o sagt! –
Suffolk
.
Des Kardinals Brief an den Papst ging fehl
Und kam dem König zu Gesicht: er las,
Wie Seiner Heiligkeit Rat wird erteilt,
Das Scheidungs-Urteil nicht zu fäll’n; »wofern
Es statt noch fände«, schreibt er, »ahn’ ich deutlich,
Wie weit des Königs Neigung schon gefesselt
’ne Magd der Kön’gin, Fräulein Anna Bullen«.
Surrey
.
Hat dies der König?
Suffolk
.
Glaubt mir!
Surrey
.
Wird dies wirken?
Lord Kämmerer
.
Der König sieht daraus, wie jener ihm
Den eignen Weg umschleicht und sperrt: doch hierin
Zerscheitern alle Künst’, und die Arznei
Kommt nach des Kranken Tod: der König ward
Dem schönen Fräulein schon vermählt.
Surrey
.
Oh, wär’ er’s!
Suffolk
.
Mög’ Euer Glück in diesem Wunsche liegen,
Denn ich bezeug’, er ward erfüllt.
Surrey
.
Nun, Freude
Und Heil dem Bund! –
Suffolk
.
Mein Amen auch!
Norfolk
.
Und aller! –
Suffolk
.
Befehle sind schon da zu ihrer Krönung;
Dies ist noch frisch, mein’ Treu’, und nicht gemacht
Für aller Ohr. Doch in der Tat, ihr Herrn,
Sie ist ein lieblich Wesen, tadelsfrei
An Geist und Zügen; ja, ich ahn’, es wird
Dem Reich ein Segen noch entblühn durch sie
Für späte Zeiten.
Surrey
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Aber wird der König
Das Schreiben unsers Kardinals verdaun?
Gott wend’ es ab! –
Norfolk
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Amen, sag’ ich.
Suffolk
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Nein! Nein! –
Ihm summen noch mehr Wespen vor dem Ohr,
Die diesen Stich beschleun gen. Kardinal Campejus
Ist heimlich abgereist nach Rom, ohn’ Abschied
Und ohne dies Geschäft zu schlichten: er
Ist fortgeschickt als Wolseys Unterhändler,
Um dessen List zu fördern. Ich versichr’ euch,
Der Herr, als er’s erfuhr, rief: »Ha!« –
Lord Kämmerer
.
Nun, Gott
Entzünd’ ihn, laß ihn »Ha!« noch lauter rufen! –
Norfolk
.
Doch wann, Mylord, kehrt Cranmer wieder heim? –
Suffolk
.
Er ist schon hier, der alten Meinung treu:
Und die, samt allen Fakultäten fast
Der Christenheit, rechtfertigt den Monarchen
Hinsichtlich seiner Scheidung. Kurz, ich glaube,
Sein zweites Eh’bett, ihre Krönung, werden
Dem Volk verkündigt, Katharinen bleibt
Der königliche Titel nicht, sie wird
Die Witwe des Prinz Arthur künftig heißen.
Norfolk
.
Der Cranmer ist ein tücht’ger Mensch und hat
Sich in des Königes Geschäft gar sehr
Bemüht.
Suffolk
.
Gewiß; auch sehn wir ihn dafür
Sehr bald als Erzbischof.
Norfolk
.
So hör’ ich.
Suffolk
.
Ja,
So ist’s. – Der Kardinal ...
Wolsey und Cromwell irrten auf.
Norfolk
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Seht, wie verstimmt! –
Wolsey
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Und gabt Ihr, Cromwell, das Paket dem König?
Cromwell
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Zu eigner Hand in seinem Schlafgemach.
Wolsey
.
Sah er den Inhalt an?
Cromwell
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Ja, augenblicklich
Entsiegelt’ er’s: was er zuerst ergriff,
Las er mit Ernst, es lag auf seinen Zügen
Gespannte Achtsamkeit. Er hieß Euch drauf
Heut’ früh ihn hier erwarten.
Wolsey
.
Ist er schon
Fertig gekleidet?
Cromwell
.
Jetzo, denk’ ich wohl.
Wolsey
.
Laßt mich ein Weilchen. –
Die Herzogin von Alençon soll’s sein,
Die Schwester Königs Franz: die soll er frein –
Anna Bullen! – Nein! Keine Anna Bullens will ich für ihn! –
Ein schön Gesicht reicht hier nicht hin. – Wie! Bullen?
Wir wollen keine Bullen! Hätt’ ich nur
Nachricht von Rom! – Die Markgräfin von Pembroke!
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