Sämtliche Dramen
Erbarmen
Mit einem Beil ihn absolviert.
Wolsey
.
Dies alles,
Und was des Lords Geschwätz mir weitres mag
Vorwerfen, ist nur Lug. Nach Rechten fand
Der Herzog seinen Tod: und daß ich schuldlos sei
An seinem Fall durch niedern Haß, bewähren
Die schlechte Sach’ und seine edlen Richter.
Liebt’ ich viel Worte, Lord, ich könnt’ Euch zeigen,
Wie Ihr so wenig Ehr’ als Gradheit habt:
Und daß ich auf des treuen Rechttuns Pfad
Dem König, meinem stets erhabnen Herrn,
Mich besser nennen darf, als Surrey ist
Und alle Freunde seiner Torheit.
Surrey
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Priester! –
Dich schützt dein langes Kleid, sonst fühltest du
Mein Schwert in deinem Herzblut. Werte Herrn,
Ertragt ihr’s, solchen Hochmut anzuhören
Von diesem Menschen? Sind wir erst so zahm,
Daß uns ein Scharlachmantel höhnt und zwickt,
Dann, Adel, fahre wohl; dann, Bischof, vorwärts! –
Scheuch’ uns mit deiner Kappe, gleichwie Lerchen! –
Wolsey
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Dir wird zum Gift die Frommheit selbst verkehrt.
Surrey
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Die Frommheit, die des ganzen Landes Mark
In Eurer Hand vereint hat durch Erpressung,
Die Frommheit jener aufgefangnen Blätter,
Die Ihr dem Papst geschrieben, Eure Frommheit,
Weil Ihr’s verlangt von mir, sei ganz enthüllt.
Lord Norfolk, – wenn Ihr stammt aus hohem Blut,
Wenn Euch gemeines Wohl am Herzen liegt,
Des Adels Kränkung, unsrer Söhne Heil,
Die, lebt er, kaum noch Edle werden heißen, –
Verlest sein Schuldregister, seines Wirkens
Gesammelt Unheil. – Schrecken will ich Euch
Mehr denn die Meßglock’, wenn Eu’r braunes Mädchen
Euch küssend lag im Arm, Lord Kardinal.
Wolsey
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Wie sehr doch möcht’ ich diesen Mann verachten,
Bewahrte mich die Nächstenliebe nicht!
Norfolk
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Es liegt, Mylord, die Klage selbst beim König,
Und sie erscheint sehr häßlich.
Wolsey
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Um so schöner
Und fleckenlos soll meine Unschuld leuchten,
Wenn erst die Wahrheit obsiegt.
Surrey
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Hofft nicht viel;
Ich dank’s meinem Gedächtnis, noch behielt ich
Verschiedne Punkt’ und fördre sie ans Licht.
Nun gebt Euch Müh’, errötet und bereut,
So zeigt Ihr noch ein wenig Tugend.
Wolsey
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Sprecht nur;
Trotz jeder Klag’: erröt’ ich, so geschieht’s,
Den Edlen hier zu sehn, dem Sitte fehlt.
Surrey
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Die miss’ ich lieber als den Kopf. So hört denn
Zuerst, daß ohne Königs Will’ und Wissen
Ihr Euch bestrebtet, hier Legat zu werden
Und der Prälaten Recht im Land zu lähmen.
Norfolk
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Dann, daß Ihr Briefe schriebt nach Rom und sonstwärts
An fremde Höf’ und stets die Form gebraucht:
Ego et rex meus: was den König dartat
Als Euren Diener.
Suffolk
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Dann, daß ohne Kenntnis
Des Königs noch des Rats Ihr Euch erkühnt,
Als Ihr zum Kaiser wurdet abgesandt,
Des Reichs Sigill nach Flandern mitzuführen.
Surrey
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Sodann gabt Ihr weitläuft’ge Vollmacht hin
An den Gregor von Cassalis, zum Abschluß
Des Bundes Seiner Hoheit mit Ferrara,
Wovon nicht Staat noch König unterrichtet.
Suffolk
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Dann, daß aus eitel Ehrsucht Euern Hut
Ihr prägen ließt auf unsers Königs Münze.
Surrey
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Dann, daß Ihr unermeßlich Gold gesandt
(Und wie erworben, ist Euch wohl bewußt),
Rom zu bestechen und den Weg zu bahnen
Für höh’re Würden; alles dies zum Unheil
Dem ganzen Land. Noch gibt’s der Dinge mehr,
Die, weil von Euch herrührend, uns verhaßt
Und meinen Mund nicht soll’n entweihn.
Lord Kämmerer
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O Herr,
Drängt den Gefallnen nicht so hart: ’s ist Unrecht!
Sein Fall liegt offen dem Gesetz; es strafe
Das Recht, nicht Ihr. Fast weint mein Herz, zu schaun
Die Trümmer solcher Hoheit!
Surrey
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Ich vergeb’ ihm.
Suffolk
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Dann ist des Königs Will’, Herr Kardinal,
Weil alles, was vorletzt durch Euch begonnen,
Ein Praemunire wird umschließen müssen,
Daß gegen Euch ein Achtsbefehl ergeh’,
Der Eurer Güter, Landerei’n und Habe
Und Eurer Schlösser Euch verlustig spricht,
Gesetzlos Euch erklärt. Dies ist mein Auftrag.
Norfolk
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Und somit habt Ihr Raum zur Selbstbeschauung
Und frommem Wandel. Jene störrische Antwort
Von wegen des verlangten großen Siegels
Erfährt der König jetzt und dankt’s Euch sicher.
Fahrt wohl dann ferner, Ihr mein kleiner guter
Lord Kardinal!
Alle ab außer Wolsey.
Wolsey
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Fahr’ wohl dem kleinen Guten,
Das mir von Euch gekommen ist! Fahr’ wohl,
Ein langes Fahrewohl all meiner Größe! –
So ist des Menschen Treiben: heute sprießen
Der Hoffnung zarte Knospen, morgen blühn sie
Und kleiden ihn in
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