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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Herr, sie ist ein Engel.
    Der König hält ganz Indien in den Armen
    Und viel, viel mehr, wenn er die Frau umfängt:
    Ich tadle sein Gewissen nicht.
    Erster
.
    Die Träger
    Des Ehrenbaldachins sind vier Barone
    Von den fünf Häfen.
    Zweiter
.
    Glücklich sind die Herrn,
    Und so sind alle, die ihr nahen dürfen.
    Dann war wohl jene, so die Schleppe trug,
    Die alte, hohe Herzogin von Norfolk?
    Erster
.
    Ja, und die andern alle Gräfinnen.
    Zweiter
.
    Das deuten ihre Krönchen. Sterne sind’s,
    Und die mitunter fallen.
    Erster
.
    Still davon! –
    Die Prozession geht vorüber unter Trompetenschall.
    Ein dritter Edelmann kommt hinzu.
    Gott grüß’ Euch, Freund! Aus welchem Feuer kommt Ihr?
    Dritter
.
    Vom dicksten Drängen der Abtei, wo kaum
    Ein Finger einzuzwängen ist. Fast bin ich
    Erstickt vor lauter Freud’ und Lust.
    Zweiter
.
    Ihr saht
    Die Zeremonie?
    Dritter
.
    Ja,
    Zweiter
.
    Wie war’s damit? –
    Dritter
.
    Wohl wert, gesehn zu werden.
    Zweiter
.
    Oh, erzählt uns!
    Dritter
.
    Soviel ich kann. Nachdem der reiche Strom
    Der Lords und Edelfrau’n die Königin
    Zu ihrem Sitz geleitet auf das Chor,
    Trat er zurück: indessen Ihre Hoheit
    Sich niederließ, ein Weilchen auszuruhn,
    Auf einem prächt’gen Sessel, frei dem Volk
    Entgegenstellend ihrer Schönheit Glanz.
    Glaubt mir, sie ist das herrlichste Geschöpf,
    Die je an Mannes Seite lag. Als nun dem Volk
    Ihr Anblick ward gegönnt, entstand ein Rauschen,
    Wie man’s zur See im Sturm vom Tauwerk hört,
    So laut und mannigfalt. Die Hüt’ und Mäntel,
    Ja selbst die Wämser flogen in die Höh’,
    Und wären die Gesichter los gewesen,
    Heut gingen sie verloren. Solchen Jubel
    Erblickt’ ich nie zuvor. Hochschwangre Weiber,
    Acht Tage kaum vom Ziele, drängten vorwärts,
    Gleich Widdern aus der alten Kriegeszeit,
    Und machten Breschen vor sich: keiner konnte
    Wohl sagen: »Dies ist meine Frau«; so seltsam
    War alles hier verwebt in eins.
    Zweiter
.
    Nun, weiter?
    Dritter
.
    Dann trat sie vor und ging, bescheidnen Schritts,
    Zum Altar, kniet’ und hub gleich einer Heil’gen
    Den schönen Blick empor, andächtig betend;
    Erhob sich dann und neigte sich dem Volk,
    Weil ihr der Erzbischof von Canterbury
    Die königlichen Zeichen all erteilte,
    Das heil’ge Öl, die Krone König Eduards,
    Den Stab, die Friedenstaub’ und allen Krönungs-
    Ornat: worauf in Einklang, hoch vom Chor,
    Von den gewählt’sten Stimmen unsers Landes
    Der Lobgesang erscholl. Drauf wandte sich
    Der Zug im vollen, ernsten Prunk zurück
    Nach York-Palast, wo Tafel wird gehalten.
    Erster
.
    Sagt York-Palast nicht mehr, das ist vorbei,
    Denn seit des Wolsey Sturz erlosch der Name:
    Dem König fiel er heim und heißt Whitehall.
    Dritter
.
    Ich weiß; doch ist’s so neu, daß mir geläuf’ger
    Der alte Name blieb.
    Zweiter
.
    Wer waren, sagt,
    Die zween Bischöfe zu der Fürstin Seiten?
    Dritter
.
    Stocksley und Gardiner; der von Winchester,
    Und kurz vorher noch Schreiber unsers Königs,
    Jener von London.
    Zweiter
.
    Der von Winchester
    Ist wohl kein Herzensfreund des Erzbischofs,
    Des frommen Cranmer.
    Dritter
.
    Das ist weltbekannt.
    Doch ist die Spaltung noch nicht groß, und wird sie’s,
    So hat der Cranmer einen wackren Freund.
    Zweiter
.
    Wen meint Ihr, sagt, ich bitt’ Euch?
    Dritter
.
    Thomas Cromwell,
    Ein Mann, höchst wert dem König und in Wahrheit
    Getreuer Freund. Der König hat ihn schon
    Zum Reichswardein ernannt und einen Platz
    Im Staatsrat ihm verliehn.
    Zweiter
.
    So steigt er wohl
    Noch höher.
    Dritter
.
    Ohne Zweifel tut er das.
    Jetzt, liebe Herrn, geht meinen Weg; ich führ’ euch
    An Hof, dort sollt ihr meine Gäste sein;
    Etwas vermag ich schon. Auf unserm Gang
    Erzähl’ ich mehr.
    Beide
.
    Wir sind zu Eurem Dienst.
    Alle ab.
    ¶

Zweite Szene
    Kimbolton.
    Die verwitwete Königin Katharina, krank, von Griffith und Patienza geführt, tritt auf.
    Griffith
.
    Wie geht’s Eur’ Hoheit? –
    Katharina
.
    Tödlich krank, o Griffith!
    Es sinken mir, beschwerten Ästen gleich,
    Die Knie’ zur Erd’ und wichen gern der Last. –
    Reich’ einen Sessel, – so! – Jetzt wird mir’s leichter.
    Sagt’st du mir nicht, als du mich führtest, Griffith,
    Das Riesenkind des Ruhms, der Kardinal,
    Sei tot? –
    Griffith
.
    Ja, Fürstin, doch Eur’ Hoheit, wie ich glaubte,
    Vernahm mich kaum in Ihrem heft’gen Schmerz.
    Katharina
.
    Sag, guter Griffith, bitt’ dich, wie er starb;
    Wenn fromm, so ging er mir vielleicht voran
    Als

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