Sämtliche Dramen
euch von ihnen,
Durchaus nicht von euch selbst. Was denkt ihr nun?
Du, große Zeh’, in dieser Ratsversammlung!
Erster Bürger
.
Ich die große Zehe? warum die große Zehe?
Menenius
.
Weil du, der Niedrigst’, Ärmst’, Erbärmlichste
Von dieser weisen Rebellion, vorantrittst:
Du Schwächling ohne Kraft und Ansehn läufst
Voran und führst, dir Vorteil zu erjagen. –
Doch schwenkt nur eure Stäb’ und dürren Knüttel,
Rom und sein Rattenvolk zieht aus zur Schlacht,
Der eine Teil muß tot sich fressen.
Cajus Marcius tritt auf.
Heil, edler Marcius!
Marcius
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Dank Euch! Was gibt es hier? Rebell’sche Schurken,
Die ihr das Jucken eurer Einsicht kratzt,
Bis ihr zu Aussatz werdet?
Erster Bürger
.
Von Euch bekommen wir doch immer gute Worte.
Marcius
.
Ein gutes Wort dir geben, hieße schmeicheln
Jenseit des Abscheus. Was verlangt ihr, Hunde?
Die Krieg nicht wollt, noch Frieden; jener schreckt euch,
Und dieser macht euch frech. Wer euch vertraut,
Find’t euch als Hasen, wo er Löwen hofft,
Wo Füchse, Gans’. Ihr seid nicht sichrer, nein!
Als glüh’nde Feuerkohlen auf dem Eis,
Schnee in der Sonne. Eure Tugend ist,
Den adeln, den Verbrechen niedertreten,
Dem Recht zu fluchen, das ihn schlägt. Wer Größe
Verdient, verdient auch euern Haß; und eure Liebe
Ist eines Kranken Gier, der heftig wünscht,
Was nur sein Übel mehrt. Wer sich verläßt
Auf eure Gunst, der schwimmt mit blei’rnen Flossen,
Und haut mit Binsen Eichen nieder. Hängt euch!
Euch traun?
Ein Augenblick, so ändert ihr den Sinn,
Und nennt den edel, den ihr ben haßtet,
Den schlecht, der euer Abgott war. Was gibt’s?
Daß ihr, auf jedem Platz der Stadt gedrängt,
Schreit gegen den Senat, der doch allein,
Zunächst den Göttern, euch in Furcht erhält;
Ihr fräß’t einander sonst. Was wollen sie?
Menenius
.
Nach eignem Preis das Korn, das, wie sie sagen
Im Überfluß daliegt.
Marcius
.
Hängt sie! Sie sagen’s?
Beim Feuer sitzend wissen sie genau,
Was auf dem Kapitol geschieht; wer steigt,
Wer gilt, wer fällt; da stiften sie Faktionen
Und schließen Ehen; stärken die Partei
Und beugen die, die nicht nach ihrem Sinn,
Noch unter ihre Nägelschuh’. Sie sagen,
Korn sei genug vorhanden?
Wenn sich der Adel doch der Mild’ entschlüge,
Daß ich mein Schwert ziehn dürft’. Ich häufte Berge
Von Leichen der zerhau’nen Sklaven, höher,
Als meine Lanze reicht.
Menenius
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Nein, diese sind fast gänzlich schon beruhigt;
Denn, fehlt im Überfluß auch der Verstand,
So sind sie doch ausbündig feig. Doch sagt mir,
Was macht der andre Trupp?
Marcius
.
Schon ganz zerstreut.
Die Schurken!
Sie hungern, sagten sie, und ächzten Sprüchlein,
Als: »Not bricht Eisen«; »Hunde müssen fressen«;
»Das Brot ist für den Mund«; »die Götter senden
Nicht bloß den Reichen Korn«. Mit solchen Fetzen
Macht sich ihr Klagen Luft; man hört sie gütig,
Bewilligt eine Ford’rung – eine starke –
(Des Adels Herz zu brechen, jede Kraft
Zu töten), und nun schmeißen sie die Mützen,
Als sollten auf des Mondes Horn sie hängen,
Frech laut und lauter jauchzend.
Menenius
.
Und was ward zugestanden?
Marcius
.
Fünf Tribunen,
Um ihre Pöbelweisheit zu vertreten,
Aus eigner Wahl: der ein’ ist Junius Brutus,
Sicinius und – was weiß ich, – Tod und Pest!
Die Lumpen sollten eh’ die Stadt abdecken,
Als mich so weit zu bringen. Nächstens nun
Gewinnen sie noch mehr und fordern Größres
Mit Androhn der Empörung.
Menenius
.
Das ist seltsam.
Marcius
.
Geht, fort mit euch, ihr Überbleibsel!
Ein Bote tritt auf.
Bote
.
Ist Cajus Marcius hier?
Marcius
.
Nun ja! was soll’s?
Bote
.
Ich meld’ Euch, Herr, die Volsker sind in Waffen.
Marcius
.
Mich freut’s! So werden wir am besten los
Den Überfluß, der schimmlicht wird. – Seht da,
Die würd’gen Väter!
Es treten auf Cominius, Titus Lartius und andre Senatoren, Junius Brutus und Sicinius Velutus.
Erster Senator
.
Marcius, was Ihr uns sagtet, ist geschehn;
Die Volsker sind in Waffen.
Marcius
.
Ja, sie führt
Tullus Aufidius, der macht euch zu schaffen.
Ich sünd’ge, seinen Adel ihm zu neiden,
Und wär’ ich etwas anders als ich bin,
So wünscht’ ich, er zu sein.
Cominius
.
Ihr fochtet mit einander?
Marcius
.
Wenn, halb und halb geteilt, die Welt sich zauste,
Und er auf meiner Seit’, ich fiele ab,
Nur daß ich ihn bekämpft’. – Er ist ein Löwe,
Den ich zu jagen stolz bin.
Erster
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