Sämtliche Dramen
verhelfen.
Zweiter Bürger
. Du hast immer deine Schwänke im Kopf. Schon gut, schon gut!
Dritter Bürger
. Seid ihr alle entschlossen, eure Stimmen zu geben? Aber das macht nichts; die größere Zahl setzt es durch. Ich bleibe dabei: wenn er dem Volke geneigter wäre, so gab es nie einen bessern Mann.
Coriolanus und Menenius treten auf.
Hier kommt er! und zwar in dem Gewand der Demut. Gebt acht auf sein Betragen! – Wir müssen nicht so beisammen bleiben, sondern zu ihm gehn, wo er steht, einzeln oder zu zweien und dreien. Er muß jedem besonders eine Bitte vortragen; dadurch erlangt der einzelne die Ehre, ihm seine eigne Stimme mit seiner eignen Zunge zu geben. Darum folgt mir, und ich will euch anweisen, wie ihr zu ihm gehn sollt.
Alle
. Recht so, recht so! Sie gehn ab.
Menenius
.
Nein, Freund, Ihr habt nicht recht. Wißt Ihr denn nicht,
Die größten Männer taten’s?
Coriolanus
.
Was nur sag’ ich?
»Ich bitte, Herr!« – Verdammt! ich kann die Zunge
In diesen Gang nicht bringen. »Seht die Wunden –
Im Dienst des Vaterlands empfing ich sie,
Als ein’ge eurer Brüder brüllend liefen
Vor unsern eignen Trommeln.«
Menenius
.
Nein, ihr Götterl
Nicht davon müßt Ihr reden. Nein, sie bitten,
An Euch zu denken.
Coriolanus
.
An mich denken! Hängt sie!
Vergäßen sie mich lieber, wie die Tugend,
Umsonst von Priestern eingeschärft!
Menenius
.
Ich bitte!
Verderbt nicht alles, sprecht sie an; doch, bitt’ ich,
Anständ’ger Weis’!
Es kommen zwei Bürger.
Coriolanus
.
Heiß’ ihr Gesicht sie waschen
Und ihre Zähne rein’gen! Ach! da kommt so ’n Paar!
Ihr wißt den Grund, weshalb ich hier bin, Freund.
Erster Bürger
.
Jawohl; doch sagt, was Euch dazu gebracht?
Coriolanus
.
Mein eigner Wert.
Zweiter Bürger
.
Euer eigner Wert?
Coriolanus
.
Ja. Nicht
Mein eigner Wunsch.
Erster Bürger
.
Wie! nicht Euer eigner Wunsch?
Coriolanus
.
Nein, Freund! Nie war’s mein eigner Wunsch, mit Betteln
Den Armen zu beläst’gen.
Erster Bürger
.
Ihr müßt denken,
Wenn wir Euch etwas geben, ist’s in Hoffnung,
Durch Euch auch zu gewinnen.
Coriolanus
.
Gut, sagt mir denn den Preis des Konsulats!
Erster Bürger
.
Der Preis ist: freundlich drum zu bitten.
Coriolanus
.
Freundlich?
Ich bitte, gönnt mir’s! Wunden kann ich zeigen,
Wenn wir allein sind. – Eure Stimme, Herr!
Was sagt Ihr?
Zweiter Bürger
.
Würd’ger Mann, Ihr sollt sie haben.
Coriolanus
.
Geschloßner Kauf!
Zwei edle Stimmen also schon erbettelt.
Eure Pfenn’ge hab’ ich! – Geht!
Erster Bürger
.
Doch das ist seltsam.
Zweiter Bürger
.
Müßt’ ich sie nochmals geben, – doch – mein’thalb.
Sie gehn ab. Zwei andre Bürger kommen.
Coriolanus
. Ich bitte euch nun, wenn sich’s zu dem Tone eurer Stimmen paßt, daß ich Konsul werde; ich habe hier den üblichen Rock an.
Dritter Bürger
. Ihr habt Euch edel um Euer Vaterland verdient gemacht, und habt Euch auch nicht edel verdient gemacht.
Coriolanus
. Euer Rätsel?
Dritter Bürger
. Ihr waret eine Geißel für seine Feinde; Ihr waret eine Rute für seine Freunde. Ihr habt, die Wahrheit zu sagen, das gemeine Volk nicht geliebt.
Coriolanus
. Ihr solltet mich für um so tugendhafter halten, da ich meine Liebe nicht gemein gemacht habe. Freund, ich will meinem geschwornen Bruder, dem Volk, schmeicheln, um eine beßre Meinung von ihm zu ernten; es ist ja eine Eigenschaft, die sie hoch anrechnen. Und da der Weisheit ihrer Wahl mein Hut lieber ist als mein Herz, so will ich mich auf die einschmeichelnde Verbeugung üben und mich mit ihnen abfinden auf ganz nachäffende Art. Das heißt, Freund, ich will die Bezauberungskünste irgendeines Volksfreundes nachäffen und den Verlangenden höchst freigebig mitteilen. Deshalb bitt’ ich euch: laßt mich Konsul werden!
Vierter Bürger
. Wir hoffen, uns in Euch einen Freund zu erwerben, und geben Euch darum unsre Stimmen herzlich gern.
Dritter Bürger
. Ihr habt auch mehrere Wunden für das Vaterland empfangen.
Coriolanus
. Ich will eure Kenntnis nicht dadurch besiegeln, daß ich sie euch zeige. Ich will eure Stimmen sehr hoch schätzen und euch nun nicht länger zur Last fallen.
Beide Bürger
. Die Götter geben Euch Freude: das wünschen wir aufrichtig.
Die Bürger gehn ab.
Coriolanus
.
O süße Stimmen!
Lieber verhungert, lieber gleich gestorben,
Als Lohn erbetteln, den wir erst erworben.
Warum soll hier mit Wolfsgeheul ich stehn,
Um Hinz und Kunz und jeden anzuflehn
Um
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