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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Ihr fragt nicht nach dem Herkommen, nach der Historie, nach dem Recht eines Regenten; und über das Versäumnis haben euch die Spanier das Netz über die Ohren gezogen.
    Soests .
    Wer denkt da dran? Wenn einer nur das tägliche Brot hat.
    Jetter .
    Verflucht! Warum tritt auch keiner in Zeiten auf und sagt einem so etwas?
    Vansen .
    Ich sag’ es euch jetzt. Der König in Spanien, der die Provinzen durch gut Glück zusammen besitzt, darf doch nicht drin schalten und walten anders als die kleinen Fürsten, die sie ehemals einzeln besaßen. Begreift ihr das?
    Jetter .
    Erklärt’s uns.
    Vansen .
    Es ist so klar als die Sonne. Müsst ihr nicht nach euern Landrechten gerichtet werden? Woher käme das?
    Ein Bürger .
    Wahrlich!
    Vansen .
    Hat der Brüsseler nicht ein ander Recht als der Antwerper? Der Antwerper als der Genter? Woher käme denn das?
    Anderer Bürger .
    Bei Gott!
    Vansen .
    Aber, wenn ihr’s so fortlaufen lasst, wird man’s euch bald anders weisen. Pfui! Was Karl der Kühne, Friedrich der Krieger, Karl der Fünfte nicht konnten, das tut nun Philipp durch ein Weib.
    Soests .
    Ja, ja! Die alten Fürsten haben’s auch schon probiert.
    Vansen .
    Freilich! – Unsere Vorfahren passten auf. Wie sie einem Herrn gram wurden, fingen sie ihm etwa seinen Sohn und Erben weg, hielten ihn bei sich und gaben ihn nur auf die besten Bedingungen heraus. Unsere Väter waren Leute! Die wussten, was ihnen nütz war! Die wussten etwas zu fassen und festzusetzen! Rechte Männer! Dafür sind aber auch unsere Privilegien so deutlich, unsere Freiheiten so versichert.
    Seifensieder .
    Was sprecht Ihr von Freiheiten?
    Das Volk .
    Von unsern Freiheiten, von unsern Privilegien! Erzählt noch was von unsern Privilegien!
    Vansen .
    Wir Brabanter besonders, obgleich alle Provinzen ihre Vorteile haben, wir sind am herrlichsten versehen. Ich habe alles gelesen.
    Soests .
    Sagt an.
    Jetter .
    Lasst hören.
    Ein Bürger .
    Ich bitt’ Euch.
    Vansen .
    Erstlich steht geschrieben: Der Herzog von Brabant soll uns ein guter und getreuer Herr sein.
    Soests .
    Gut! Steht das so?
    Jetter .
    Getreu? Ist das wahr?
    Vansen .
    Wie ich euch sage. Er ist uns verpflichtet, wie wir ihm. Zweitens: Er soll keine Macht oder eignen Willen an uns beweisen, merken lassen, oder gedenken zu gestatten, auf keinerlei Weise.
    Jetter .
    Schön! Schön! Nicht beweisen.
    Soests .
    Nicht merken lassen.
    Ein anderer .
    Und nicht gedenken zu gestatten! Das ist der Hauptpunkt. Niemanden gestatten, auf keinerlei Weise.
    Vansen .
    Mit ausdrücklichen Worten.
    Jetter .
    Schafft uns das Buch.
    Ein Bürger .
    Ja, wir müssen’s haben.
    Andere .
    Das Buch! Das Buch!
    Ein anderer .
    Wir wollen zu der Regentin gehen mit dem Buche.
    Ein anderer .
    Ihr sollt das Wort führen, Herr Doktor.
    Seifensieder .
    O die Tröpfe!
    Andere .
    Noch etwas aus dem Buche!
    Seifensieder .
    Ich schlage ihm die Zähne in den Hals, wenn er noch ein Wort sagt.
    Das Volk .
    Wir wollen sehen, wer ihm etwas tut. Sagt uns was von den Privilegien! Haben wir noch mehr Privilegien?
    Vansen .
    Mancherlei, und sehr gute, sehr heilsame. Da steht auch: Der Landsherr soll den geistlichen Stand nicht verbessern oder mehren ohne Verwilligung des Adels und der Stände! Merkt das! Auch den Staat des Landes nicht verändern.
    Soest .
    Ist das so?
    Vansen .
    Ich will’s euch geschrieben zeigen, von zwei-, dreihundert Jahren her.
    Bürger .
    Und wir leiden die neuen Bischöfe? Der Adel muss uns schützen, wir fangen Händel an!
    Andere .
    Und wir lassen uns von der Inquisition ins Bockshorn jagen?
    Vansen .
    Das ist eure Schuld.
    Das Volk .
    Wir haben noch Egmont! Noch Oranien! Die sorgen für unser Bestes!
    Vansen .
    Eure Brüder in Flandern haben das gute Werk angefangen.
    Seifensieder .
    Du Hund! (Er schlägt ihn.)
    Andere (widersetzen sich und rufen) .
    Bist du auch ein Spanier?
    Ein anderer .
    Was? Den Ehrenmann?
    Ein anderer .
    Den Gelahrten?
    (Sie fallen den Seifensieder an.)
    Zimmermeister .
    Ums Himmels willen, ruht! (Andere mischen sich in den Streit.) Bürger, was soll das?
    (Buben pfeifen, werfen mit Steinen, hetzen Hunde an, Bürger stehn und gaffen, Volk läuft zu, andere gehn gelassen auf und ab, andere treiben allerlei Schalkspossen, schreien und jubilieren:)
    Freiheit und Privilegien! Privilegien und Freiheit!
    Egmont tritt auf mit Begleitung.
    Egmont .
    Ruhig! Ruhig, Leute! Was gibt’s? Ruhe! Bringt sie aus einander!
    Zimmermeister .
    Gnädiger Herr, Ihr kommt wie ein Engel des Himmels. Stille! Seht

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