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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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ob die tapfere Jungfrau sich weiters producirt hat. Von mir kann ich weiter nichts sagen als daß mir der hiesige Aufenthalt physisch nicht übel bekommt und daß ich wohl damit zufrieden sein kann, da ich von meinem reconvalescirenden Zustand ohnehin keine Wunder erwarten darf. Leben Sie recht wohl und erfreuen mich bald mit einigen Zeilen.
    Oberroßla am 27. April 1801.
    G.
     
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813. An Goethe.
    Weimar, 28. April 1801.
    Sie verlieren doch etwas, daß Sie diese musikalische Woche versäumen, wo Tanz und Gesang sich zu unsrer Ergötzlichkeit vereinigen. Gern hat uns durch seine schöne Stimme im Sarastro viel Freude gemacht; im Tarare hat er weniger befriedigt, denn die gewaltsame brusque Person widersteht seiner weichen Sprache.
    Die Tänzer welche am Montag im Intermezzo sich sehen ließen, haben die Weimarianer in eine zweifelhafte Verwunderung gesetzt; man ist an die seltsamen Stellungen und Bewegungen, wo das Nein ganz lang nach hinten und nach der Seite ausgestreckt wird, nicht gewöhnt. Sie sehen unschicklich, indecent und nichts weniger als schön aus. Aber die Leichtigkeit und Flüchtigkeit und das musikalische Maß hat sehr viel ergötzendes. Cotta ist in diesen Tagen durchgereist, hat sich aber nur einige Stunden aufgehalten, und wird auf seiner Rückreise etwas länger bleiben, wo er auch Sie hier zu finden hofft. Er hat den Kupferstecher Müller aus Stuttgart mitgebracht, den Sie auch schon von Person kennen, so viel ich weiß. Es ist ein braver Mann, aber der Mann und seine Kunst erklären einander wechselsweise; er hat ganz das sorgfältige, reinliche, kleinliche und delikate seines Griffels. Es sind auch vier Zeichnungen Wächters zum Wallenstein mitgekommen, die zu vielerlei Betrachtungen, besonders wieder über die Wahl der Gegenstände Anlaß gaben . Aber es ist etwas recht tüchtiges, charakteristisches und kräftiges darin. Meyer hat sie noch nicht gesehen, ich bin neugierig ob er den Künstler erräth.
    Der Nathan ist ausgeschrieben und wird Ihnen zugeschickt werden, daß Sie die Rollen austheilen. Ich will mit dem Schauspielervolk nichts mehr zu schaffen haben, denn durch Vernunft und Gefälligkeit ist nichts auszurichten, es giebt nur ein einziges Verhältniß zu ihnen, den kurzen Imperativ, den ich nicht auszuüben habe.
    Die Jungfrau habe ich vor acht Tagen dem Herzog schicken müssen und habe sie noch nicht aus seinen Händen zurück erhalten. Wie er sich aber gegen meine Frau und Schwägerin geäußert, so hat sie, bei aller Opposition, in der sie zu seinem Geschmacke steht , eine unerwartete Wirkung auf ihn gemacht. Er meint aber, sie könne nicht gespielt werden und darin könnte er Recht haben. Nach langer Veranschlagung mit mir selbst, werde ich sie auch nicht aufs Theater bringen, ob mir gleich einige Vortheile dabei entgehen. Erstlich rechnet Unger, an den ich sie verkauft habe, darauf, daß er sie als eine vollkommene Novität zur Herbstmesse bringe; er hat mich gut bezahlt und ich kann ihm hierin nicht entgegen sein. Dann schreckt mich auch die schreckliche Empirie des Einlernens, des Behelfens und der Zeitverlust der Proben davon zurück, den Verlust der guten Stimmung nicht einmal gerechnet. Ich trage mich jetzt mit zwei neuen dramatischen Sujets, und wenn ich sie beide durchdacht und durchgeprüft habe, so will ich zu einer neuen Arbeit übergehen. Leben Sie recht wohl und kommen ja auf den Sonnabend her.
    Sch.
     
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814. An Schiller.
    Ich habe diese Tage gerade das Gegentheil von Gesang und Tanzkunst erlebt, indem ich mit der rohen Natur und über das ekelhafteste Mein und Dein im Streite lag. Heute bin ich meinen alten Pachter erst los geworden und nun giebt es so manches zu besorgen und zu bedenken da der neue erst Johannis anzieht. Ich glaube daher kaum daß ich Sonnabends kommen werde. Nehmen Sie sich doch einer Leseprobe vom Nathan einstweilen an, bis ich eintreffe, denn ohne Leitung würden sich die Leute gar nicht zu helfen wissen; es ist ein sehr undankbares Geschäft, doch kann man es nicht ganz los werden.
    Einer Vorstellung Ihrer Jungfrau möchte ich nicht ganz entsagen. Sie hat zwar große Schwierigkeiten, doch haben wir schon große genug überwunden, aber freilich wird durch theatralische Erfahrungen Glauben, Liebe und Hoffnung nicht vermehrt. Daß Sie persönlich etwas besseres thun können als sich einer solchen Didaskalie zu unterziehen bin ich selbst überzeugt; es käme darauf an ob ich bei meiner jetzigen Halbthätigkeit dazu nicht am besten taugte.

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