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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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November 1803.
    G.
     
 * 
923. An Goethe.
    Weimar, 30. November 1803.
    In meiner jetzigen Ein- und Abgeschlossenheit erfahre ich nur an dem immer kürzeren Tagesbogen, daß sich die Zeit bewegt. Durch den Mangel an aller Zerstreuung und durch ein vorsätzliches Beharren erhalte ich so viel, daß meine Arbeit wenigstens nicht still steht, obgleich meine ganze Physik unter dem Druck dieser Jahrszeit leidet.
    Ihr Brief zeigt daß Sie heiter sind und mit Vergnügen sehe ich, daß Sie mit Hegeln näher bekannt werden. Was ihm fehlt, möchte ihm nun wohl schwerlich gegeben werden können, aber dieser Mangel an Darstellungsgabe ist im Ganzen der deutsche Nationalfehler und compensirt sich, wenigstens einem deutschen Zuhörer gegenüber, durch die deutsche Tugend der Gründlichkeit und des redlichen Ernstes. Suchen Sie doch Hegeln und Fernow einander näher zu bringen; ich denke es müßte gehen, dem einen durch den andern zu helfen. Im Umgang mit Fernow muß Hegel auf eine Lehrmethode denken, um ihm seinen Idealismus zu verständigen, und Fernow muß aus seiner Flachheit herausgehen. Wenn Sie beide vier- oder fünfmal bei sich haben und ins Gespräch bringen, so finden sich gewiß Berührungspunkte zwischen beiden.
    Professor Rehberg ist vor acht Tagen hier durchgekommen; Sie würden mir mehr Aufschluß über ihn geben können, als ich selbst gefunden, da ich gar nichts von ihm wußte. Er hat eine Achtung und eine Neigung zu dem deutschen Wesen; aber ich weiß nicht, ob er ein Organ hat, die idealistische Denkweise aufzunehmen. Der nordische Magnet scheint mächtig auf alle Deutschen in Italien zu wirken; denn was wir im Norden treiben, beunruhigt sie ganz gewaltig mitten im Süden.
    Man sagt hier, daß die Hallenser ein Verbot der Jenaischen Zeitung im Preußischen ausgewirkt. Ich kann es kaum glauben, schreiben Sie mir doch was daran ist.
    Thibaut, der neulich hier war, hat von der Jenaischen Zeitung auch ganz gute Hoffnungen. Sonst war er sehr bedenklich und wollte gar nicht daran glauben.
    Sie schreiben mir nichts von Voß; grüßen Sie ihn doch, wenn Sie ihn sehen und theilen mir etwas von ihm mit.
    Frau von Staël ist wirklich in Frankfurt und wir dürfen sie bald hier erwarten. Wenn sie nur deutsch versteht, so zweifle ich nicht, daß wir über sie Meister werden; aber unsre Religion in französischen Phrasen ihr vorzutragen und gegen ihre französische Volubilität aufzukommen ist eine zu harte Aufgabe. Wir würden nicht so leicht damit fertig werden wie Schelling mit Camille Jordan der ihm mit Locke angezogen kam – Je méprise Locke , sagte Schelling und so verstummte denn freilich der Gegner.
    Leben Sie recht wohl.
    Sch.
     
 * 
924. An Schiller.
    Herr Regierungsrath Voigt hat mich diesen Nachmittag besucht und mich abgehalten Ihnen zu schreiben; dagegen habe ich ihn gebeten Sie bald zu sehen und Sie vom glücklichen Fortgang unserer literarischen Unternehmung zu unterrichten. Hätten Sie nicht für jetzt das bessere Theil erwählt, so würde ich Sie bitten uns bald ein Zeichen Ihrer Beistimmung zu geben.
    Für mich ist dieses Wesen eine neue sonderbare Schule die denn auch gut sein mag, weil man mit den Jahren doch immer weniger productiv wird und also sich wohl um die Zustände der andern etwas genauer erkundigen kann.
    Mich beschäftigt jetzt das Programm, das in zwei Theile zerfällt, in die Beurtheilung des Ausgestellten und in die Belebung der Polygnotischen Reste. Jenen ersten Theil hat Meyer zwar sehr schön vorgearbeitet, indem er alles zu Beherzigende trefflich bedacht und ausgedrückt hat; doch muß ich noch einige Stellen ganz umschreiben und das ist eine schwere Aufgabe.
    Für die Polygnotischen Reste ist auch gethan was ich konnte; doch alles zuletzt zusammen zu schreiben und zu redigiren, nimmt noch einige Morgen weg; indessen führt diese Arbeit in sehr schöne Regionen und muß künftig unserm Institut eine ganz neue Wendung geben. Nun kommt auch noch der Druck dazu , so daß ich das ganze Geschäft unter vierzehn Tagen nicht los werde. Das Programm wird dießmal ohngefahr vier Bogen.
    Voß habe ich erst einmal gesehen, da ich wegen der Nässe mich kaum bis in die Bachgasse getraue. Er hat nun Burkhardt Waldis an die Reihe genommen, um dessen Worte und Redensarten ins Wörterbuch zu notiren. Ich muß mich erst wieder zu ihm und seinem Kreise gewöhnen und meine Ungeduld an seiner Sanftmuth bezähmen lernen. Dürfte ich an was Poetisches denken, so läse ich mit ihm wie sonst; denn da ist

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