Sämtliche Werke
Berlin aus drängt und treibt und mich also ewig an den Drachen erinnert, der das Werk so wie es warm aus der Feder kommt, fressen und verschlingen wird, so macht mir das auch keinen guten Muth. Das ganz niederträchtige des Berlinischen Theaters habe ich mir erst neuerdings wieder aus Cordemanns Bericht versinnlicht.
Daß Böttiger nach Berlin kommt ist nun gewiß, wir wollen ihm von Herzen glückliche Reise wünschen. Möge ihm nur ein glücklicher Nachfolger werden. Ich habe an Riemern gedacht; es wäre doch sehr zu wünschen, einen solchen Menschen festzuhalten.
Leben Sie recht wohl, bleiben Sie gesund und heiter und fahren Sie säuberlich mit der Pilgerin, die zu Ihnen wallet. So wie ich etwas näheres erfahre gebe ich Ihnen Nachricht.
Sch.
Der Herzog läßt mir zur Antwort sagen, er würde Ihnen selbst schreiben und mit mir in der Komödie reden. Halten Sie nur fest, wenn er sich Ihnen auch nicht gleich fügen will.
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927. An Goethe.
Weimar, 21. December 1803.
Der rasche und wirklich anstrengende Wechsel von productiver Einsamkeit und einer ganz heterogenen Societäts-Zerstreuung hat mich in dieser letzten Woche so ermüdet, daß ich durchaus nicht zum Schreiben kommen konnte, und es meiner Frau überließ, Ihnen eine Anschauung von unsern Zuständen zu geben.
Frau von Staël wird Ihnen völlig so erscheinen, wie Sie sie sich a priori schon construirt haben werden: es ist alles aus Einem Stück und kein fremder, falscher und pathologischer Zug in ihr. Dieß macht daß man sich trotz des immensen Abstands der Naturen und Denkweisen vollkommen wohl bei ihr befindet, daß man alles von ihr hören und ihr alles sagen mag. Die französische Geistesbildung stellt sie rein und in einem höchst interessanten Lichte dar. In allem was wir Philosophie nennen, folglich in allen letzten und höchsten Instanzen ist man mit ihr im Streit und bleibt es, trotz alles Redens. Aber ihr Naturell und Gefühl ist besser als ihre Metaphysik, und ihr schöner Verstand erhebt sich zu einem genialischen Vermögen. Sie will alles erklären, einsehen, ausmessen, sie statuirt nichts dunkles, unzugängliches, und wohin sie nicht mit ihrer Fackel leuchten kann, da ist nichts für sie vorhanden. Darum hat sie eine horrible Scheu vor der Idealphilosophie, welche nach ihrer Meinung zur Mystik und zum Aberglauben führt, und das ist die Stickluft wo sie umkommt. Für das was wir Poesie nennen, ist kein Sinn in ihr; sie kann sich von solchen Werken nur das leidenschaftliche, rednerische und allgemeine zueignen, aber sie wird nichts falsches schätzen, nur das rechte nicht immer erkennen. Sie ersehen aus diesen paar Worten, daß die Klarheit, Entschiedenheit und geistreiche Lebhaftigkeit ihrer Natur nicht anders als wohlthätig wirken können; das einzige lästige ist die ganz ungewöhnliche Fertigkeit ihrer Zunge, man muß sich ganz in ein Gehörorgan verwandeln um ihr folgen zu können. Da sogar ich, bei meiner wenigen Fertigkeit im Französischreden, ganz leidlich mit ihr fortkomme, so werden Sie bei Ihrer größeren Uebung eine sehr leichte Communication mit ihr haben.
Mein Vorschlag wäre, Sie kämen den Sonnabend herüber, machten erst die Bekanntschaft und gingen dann den Sonntag wieder zurück um Ihr Jenaisches Geschäft zu vollenden. Bleibt Madame de Staël länger als bis Neujahr, so finden Sie sie hier, und reist sie früher ab, so kann sie Sie ja in Jena vorher noch besuchen. Alles kommt jetzt darauf an, daß Sie eilen, eine Anschauung von ihr zu bekommen, und sich einer gewissen Spannung zu entledigen. Können Sie früher kommen als Sonnabends, desto besser.
Leben Sie recht wohl. Meine Arbeit hat in dieser Woche freilich nicht viel zugenommen, aber doch auch nicht ganz gestockt. Es ist recht Schade daß uns diese interessante Erscheinung zu einer so ungeschickten Zeit kommt, wo dringende Geschäfte, die böse Jahrszeit und die traurigen Ereignisse über die man sich nicht ganz erheben kann, zusammen auf uns drücken.
Sch.
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928. An Schiller.
Hier mein Werthester die Aushängebogen des Programms, auf Actenweise geheftet, bis ich Ihnen ein besseres Exemplar zuschicken kann. Möchten doch unsere Bemühungen Ihnen einigen Beifall ablocken.
Ich gehe heute Abend nicht in die Komödie; wie halten Sie es? Mögen Sie mich vielleicht gegen acht Uhr besuchen und alsdann Wolf bei mir erwarten, welcher wohl in das Schauspiel gehen wird?
Weimar am 31. December 1803.
G.
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929. An Goethe.
(Weimar, 31. Dec.
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