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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Du zu dem Gott der Wahrheit, dass Du Wahrheit klagst?
    Kläger .
    Ich schwöre.
    Ältester .
    Würd’ es falsch befunden, deutst Du Deinen Hals der Strafe des Mords und des Ehebruchs?
    Kläger .
    Ich biete.
    Ältester .
    Eure Stimmen. (Sie reden heimlich zu ihm.)
    Kläger .
    Richter des heimlichen Gerichts, was ist Euer Urteil über Adelheid von Weislingen, bezüchtigt des Ehebruchs und Mords?
    Ältester .
    Sterben soll sie! Sterben des bittern, doppelten Todes. Mit Strang und Dolch büßen doppelt doppelte Missetat. Streckt Eure Hände empor, und ruft Weh über sie! Weh! Weh! In die Hände des Rächers.
    Alle .
    Weh! Weh! Weh!
    Ältester .
    Rächer! Rächer, tritt auf.
    Rächer tritt vor.
    Ältester .
    Fass hier Strang und Schwert, sie zu tilgen von dem Angesicht des Himmels, binnen acht Tage Zeit. Wo Du sie findest, nieder mit ihr in Staub! – Richter, die ihr richtet im Verborgenen und straft im Verborgenen Gott gleich, bewahrt Euer Herz von Missetat und Eure Hände vor unschuldigem Blut.
    (Hof einer Herberge.)
    Maria. Lerse.
    Maria .
    Die Pferde haben genug gerastet. Wir wollen fort, Lerse.
    Lerse .
    Ruht doch bis an Morgen. Die Nacht ist gar zu unfreundlich.
    Maria .
    Lerse, ich habe keine Ruhe, bis ich meinen Bruder, gesehen habe. Lass uns fort. Das Wetter hellt sich aus, wir haben einen schönen Tag zu gewarten.
    Lerse .
    Wie Ihr befehlt.
    (Heilbronn, im Turm.)
    Götz, Elisabeth
    Elisabeth .
    Ich bitte Dich, lieber Mann, rede mit mir. Dein Stillschweigen ängstet mich. Du verglühst in Dir selbst. Komm, lass uns nach Deinen Wunden sehen. Sie bessern sich um vieles. In der mutlosen Finsternis erkenn’ ich Dich nicht mehr.
    Götz .
    Suchtest Du den Götz? Der ist lang’ hin. Sie haben mich nach und nach verstümmelt, meine Hand, meine Freiheit, Güter und guten Namen. Mein Kopf, was ist an dem? – Was hört Ihr von Georg? Ist Lerse nach Georg?
    Elisabeth .
    Ja, Lieber! Richtet Euch auf, es kann sich vieles wenden.
    Götz .
    Wen Gott niederschlägt, der richtet sich selbst nicht auf. Ich weiß am besten, was auf meinen Schultern liegt. Unglück bin ich gewohnt zu dulden. Und jetzt ist’s nicht Weislingen allein, nicht die Bauern allein, nicht der Tod des Kaisers und meine Wunden – Es ist alles zusammen. Meine Stunde ist kommen. Ich hoffte, sie sollte sein wie mein Leben. Sein Wille geschehe.
    Elisabeth .
    Willst Du nicht was essen?
    Götz .
    Nichts, meine Frau. Sieh, wie die Sonne draußen scheint.
    Elisabeth .
    Ein schöner Frühlingstag.
    Götz .
    Meine Liebe, wenn Du den Wächter bereden könntest, mich in sein klein Gärtchen zu lassen auf eine halbe Stunde, dass ich der lieben Sonne genösse, des heitern Himmels und der reinen Luft.
    Elisabeth .
    Gleich! Und er wird’s wohl tun.
    (Gärtchen am Turm.)
    Maria, Lerse.
    Maria .
    Geh hinein und sieh, wie’s  steht.
    Lerse ab.
    Elisabeth, Wächter.
    Elisabeth .
    Gott vergelt’ Euch die Lieb’ und Treu’ an meinem Herrn. (Wächter ab.) Maria, was bringst Du?
    Maria .
    Meines Bruders Sicherheit. Ach, aber mein Herz ist zerrissen. Weislingen ist tot, vergiftet von seinem Weib. Mein Mann ist in Gefahr. Die Fürsten werden ihm zu mächtig, man sagt, er sei eingeschlossen und belagert.
    Elisabeth .
    Glaubt dem Gerücht nicht. Und lasst Götz nichts merken.
    Maria .
    Wie steht’s um ihn?
    Elisabeth .
    Ich fürchtete, er würde Deine Rückkunft nicht erleben. Die Hand des Herrn liegt schwer auf ihm. Und Georg ist tot.
    Maria .
    Georg! Der goldne Junge!
    Elisabeth .
    Als die Nichtswürdigen Miltenberg verbrannten, sandte ihn sein Herr, ihnen Einhalt zu tun. Da fiel ein Trupp Bündischer auf sie los. – Georg! Hätten sie sich alle gehalten wie er, sie hätten alle das gute Gewissen haben müssen. Viel wurden erstochen, und Georg mit. Er starb einen Reiterstod.
    Maria .
    Weiß es Götz?
    Elisabeth .
    Wir verbergen’s vor ihm. Er fragt mich zehnmal des Tags und schickt mich zehnmal des Tags, zu forschen, was Georg macht. Ich fürchte, seinem Herzen diesen letzten Stoß zu geben.
    Maria .
    O Gott, was sind die Hoffnungen dieser Erden!
    Götz. Lerse. Wächter.
    Götz .
    Allmächtiger Gott! Wie wohl ist’s einem unter Deinem Himmel! Wie frei! – Die Bäume treiben Knospen und alle Welt hofft. Lebt wohl, meine Lieben; meine Wurzeln sind abgehauen, meine Kraft sinkt nach dem Grab.
    Elisabeth .
    Darf ich Lersen nach Deinem Sohn ins Kloster schicken, dass Du ihn noch einmal sehst und segnest?
    Götz .
    Lass ihn, er ist heiliger als ich, er braucht meinen Segen

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