Sämtliche Werke
Übermütige! Mir drohen! – Wir wollen Dir zuvorkommen. Was schleicht durch den Saal? (Es klopft.) Wer ist draußen?
Franz leise.
Franz .
Macht mir auf, gnädige Frau.
Adelheid .
Franz! Er verdient wohl, dass ich ihm aufmache. (Sie lässt ihn ein.)
Franz (fällt ihr um den Hals) .
Liebe, gnädige Frau.
Adelheid .
Unverschämter! Wenn Dich jemand gehört hätte.
Franz .
O es schläft alles, alles!
Adelheid .
Was willst Du?
Franz .
Mich lässt’s nicht ruhen. Die Drohungen meines Herrn, Euer Schicksal, mein Herz.
Adelheid .
Er war sehr zornig, als Du Abschied nahmst?
Franz .
Als ich ihn nie gesehen. Auf ihre Güter soll sie, sagt’ er, sie soll wollen.
Adelheid .
Und wir folgen?
Franz .
Ich weiß nichts, gnädige Frau.
Adelheid .
Betrogener, törichter Junge, Du siehst nicht, wo das hinaus will. Hier weiß er mich in Sicherheit. Denn lange steht’s ihm schon nach meiner Freiheit. Er will mich auf seine Güter. Dort hat er Gewalt, mich zu behandeln, wie sein Hass ihm eingibt.
Franz .
Er soll nicht!
Adelheid .
Wirst Du ihn hindern?
Franz .
Er soll nicht!
Adelheid .
Ich seh mein ganzes Elend voraus. Von seinem Schloss wird er mich mit Gewalt reißen, wird mich in ein Kloster sperren.
Franz .
Hölle und Tod!
Adelheid .
Wirst Du mich retten?
Franz .
Eh alles! Alles!
Adelheid (die weinend ihn umhalst) .
Franz, ach uns zu retten!
Franz .
Er soll nieder, ich will ihm den Fuß auf den Nacken setzen.
Adelheid .
Keine Wut. Du sollst einen Brief an ihn haben, voll Demut, dass ich gehorche. Und dieses Fläschchen gieß ihm unter das Getränk.
Franz .
Gebt. Ihr sollt frei sein!
Adelheid .
Frei! Wenn Du nicht mehr zitternd auf Deinen Zehen zu mir schleichen wirst – nicht mehr ich ängstlich zu Dir sage: Brich auf, Franz, der Morgen kommt.
(Heilbronn, vorm Turm.)
Elisabeth. Lerse.
Lerse .
Gott nehm das Elend von Euch, gnädige Frau. Marie ist hier.
Elisabeth .
Gott sei Dank! Lerse, wir sind in entsetzliches Elend versunken. Da ist’s nun, wie mir alles ahnte! Gefangen, als Meuter, Missetäter in den tiefsten Turm geworfen –
Lerse .
Ich weiß alles.
Elisabeth .
Weislingen?
Lerse .
Man hat mit unerhörten Exekutionen verfahren. Metzler ist lebendig verbrannt, zu Hunderten gerädert, gespießt, geköpft, geviertelt. Das Land umher gleicht einer Metzge, wo Menschenfleisch wohlfeil ist.
Elisabeth .
Weislingen Kommissar! O Gott! Ein Strahl von Hoffnung. Marie soll mir zu ihm, er kann ihr nichts abschlagen. Er hatte immer ein weiches Herz, und wenn er sie sehen wird, die er so leibte, die so elend durch ihn ist – Wo ist sie?
Lerse .
Noch im Wirtshaus.
Elisabeth .
Führe mich zu ihr. Sie muss gleich fort. Ich fürchte alles.
(Weislingens Schloss)
Weislingen
Weislingen .
Ich bin so krank, so schwach. Alle meine Gebeine sind hohl. Ein elendes Fieber hat das Mark ausgefressen. Keine Ruh und Rast, weder Tag noch Nacht. Im halben Schlummer giftige Träume. Die vorige Nacht begegnete ich Götzen im Wald. Er zog sein Schwert und forderte mich heraus. Ich fasste nach meinem, die Hand versagte mir. Da stieß er’s in die Scheide, sah mich verächtlich an und ging hinter mich. – Er ist gefangen und ich zittre vor ihm. Elender Mensch! Dein Wort hat ihn zum Tod verurteilt, und Du bebst vor seiner Traumgestalt wie ein Missetäter! – Und soll er sterben? – Götz! Götz! – Wir Menschen führen uns nicht selbst; bösen Geistern ist Macht über uns gelassen, dass sie ihren höllischen Mutwillen an unserm Verderben üben. (Er setzt sich.) – Matt! Matt! Wie sind meine Nägel so blau! – Ein kalter, kalter, verzehrender Schweiß lähmt mir jedes Glied. Es dreht mir alles vorm Gesicht. Könnt’ ich schlafen. Ach –
Maria tritt auf.
Weislingen .
Jesus Marie! – Lass mir Ruh! Lass mir Ruh! – Die Gestalt fehlte noch! Sie stirbt, Marie stirbt und zeigt sich mir an. – Verlass mich, seliger Geist, ich bin elend genug.
Maria .
Weislingen, ich bin kein Geist. Ich bin Marie.
Weislingen .
Das ist ihre Stimme.
Maria .
Ich komme meines Bruders Leben von Dir zu erflehen. Er ist unschuldig, so strafbar er scheint.
Weislingen .
Still, Marie! Du Engel des Himmels bringst die Qualen der Hölle mit Dir. Rede nicht fort.
Maria .
Und mein Bruder soll sterben? Weislingen, es ist entsetzlich, dass ich Dir zu sagen brauche: Er ist unschuldig; dass ich jammern muss, Dich von dem abscheulichsten Mord zurückzuhalten. Deine Seele ist bis in ihre innersten Tiefen von
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