Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
Vom Netzwerk:
gefährlich der Pfaff’ Ihr sei?
    Was tut er an Ihrer Tochter lecken?
    An fremden verbotnen Speisen schlecken?
    Was würd’ Herr Balandrino sagen,
    Wenn er zurückkäm’ in diesen Tagen,
    Der in Italia zu dieser Frist
    Untern Dragonern Hauptmann ist
    Und ist Ihrer Tochter Bräutigam,
    Nicht blökt und trottelt wie ein Lamm.
    Sibylla .
    Herr Nachbar, Er hat ein böses Maul,
    Er gönnt dem Herrn Pater kein’n blinden Gaul.
    Mein’ Tochter, die ist in Büchern belesen,
    Das ist dem Herrn Pater just sein Wesen;
    Auch redt sie verständig allermeist
    Von ihrem Herzen, wie sie’s heißt.
    Würzkrämer .
    Frau Nachbarin, das ist alles gut.
    Eure Tochter ist ein junges Blut
    Und kennt den Teufel der Männer Ränken,
    Warum sie sich an die Maidels henken;
    Die ganze Stadt is voll davon.
    Sibylla .
    Lieber Herr Nachbar, weiß alles schon.
    Meint Er denn aber, Herr, beim Blut,
    Dass mein Maidel was Böses tut?
    Würzkrämer .
    Was Böses? Davon ist nicht die Red’;
    Es ist nur aber die Frag’, wie’s steht.
    Sieht Sie, ich muss Ihr deutlich sagen:
    Ich stund ungefähr dieser Tagen
    Hinten am Hollunderzaun;
    Da kam mein Pfäfflein und Mädelein traun,
    Gingen auf und ab spazieren,
    Täten einander umschlungen führen,
    Täten mit Äugleins sich begäffeln,
    Einander in die Ohren räffeln,
    Als wollten sie eben alsogleich
    Miteinander ins Bett oder ins Himmelreich.
    Sibylla .
    Davor habt Ihr eben keine Sinnen;
    Ganz geistlilich ist sein Beginnen,
    Er ist von Fleischbegierden rein
    Wie die lieben Herzengelein.
    Ich wollt’, Ihr tätet ihn nur recht kennen,
    Würdet ihn gern einen Heiligen nennen.
    (Frau Sibylla, die Nachbarin, ab.)
    Balandrino (der Dragonerhauptmann, tritt auf und spricht) :
    Da bin ich nun durch viele Gefahr
    Zurückgekehrt im dritten Jahr,
    Hab’ in Italia die Pfaffen gelauft
    Und manche Republik gezaust.
    Bin nur jetzt von Sorgen getrieben,
    Wie es drinne steht mit meiner Lieben,
    Und ob, wie in der Stadt man sagt,
    Sie sich mit dem Teufelspfaffen behagt.
    Will doch gleich den Nachbar fragen;
    War ein redlich Kerl in alten Tagen.
    Würzkrämer .
    Herr Hauptmann, seid Ihr’s? Gott sei Dank!
    Haben Euch halt erwart so lang.
    Hauptmann .
    Ich bin freilich lang geblieben.
    Wie habt Ihr’s denn die Zeit getrieben?
    Würzkrämer .
    So bürgerlich. Eben leidlich dumm.
    Hauptmann .
    Wie steht’s in der Nachbarschaft herum?
    Ist’s wahr –
    Würzkrämer .
    Seid Ihr etwa schon vergift?
    Da hat einer ein bös Eh’ gestift.
    Hauptmann .
    Sagt, ist’s wahr mit dem Pfaffen?
    Würzkrämer .
    Herr, ich hab’ nichts mit dem Mist zu schaffen,
    Aber so viel kann ich Euch sagen:
    Ihr müsst nit mit Feuer und Schwert dreinschlagen,
    Müsst erst mit eignen Augen sehn,
    Wie’s drinnen tut im Haus hergehn.
    Kommt nur in meine Stube ’nein,
    Soeben fällt ein Schwank mir ein.
    Lasst Euch’s unangefochten sein,
    Eure Braut ist ein gutes Ding
    Und der Pfaff’ nur ein Däumerling.
    (Sie gehen ab.)
    Wird vorgestellt der Frau Sibylla Garten. Treten auf: Das Pfäfflein und Leonora , sich an den Händen führend.
    Pfaff’ .
    Wie ist doch heut der Tag so schön!
    Gar lieblich ist’s, spazieren zu gehn.
    Leonora .
    Wie schön wird nicht erst sein der Tag,
    Da mein Balandrino kommen mag!
    Pfaff’ .
    Wollt’ Euch wohl gönnen die Herzensfreude!
    Doch wir sind indes beisammen heute
    Und ergötzen unsere Brust
    Mit Freundschaft und Gesprächeslust.
    Leonora .
    Wie wird Euch Balandrino schätzen,
    An Eurem Umgang sich ergötzen,
    Erkennen Euer edel Geblüt,
    Frei und liebevolles Gemüt!
    Und, wie Ihr wollet allen gut,
    Niemals zuviel, noch zuwenig tut!
    Pfaff’ .
    O Jungfrau, ich mit Seel’ und Sinn
    Auf immerdar dein eigen bin,
    Und, den du Bräutigam tust nennen,
    Mög’ er so deinen Wert erkennen!
    O himmlisch glücklich ist der Mann,
    Der dich die Seine nennen kann!
    (Sie gehen vorüber.)
    Tritt auf Balandrino , der Hauptmann, verkleidet in einen alten Edelmann, mit weißem Bart und Ziegenperücke, und der Würzkrämer .
    Würzkrämer .
    Hab’ Euch nun gesagt des Pfaffen Geschicht’,
    Wie er alles nach seinem Gehirn einricht,
    Wie er will Berg und Tal vergleichen,
    Alles Raue mit Gips und Kalk verstreichen
    Und endlich malen auf das Weiß
    Sein Gesicht oder seinen Steiß.
    Hauptmann .
    Wir wollen den Kerl gewaltig kurieren
    Und über die Ohren in Dreck ’neinführen!
    Geht jetzt ein bisschen nur beiseit’!
    Würzkrämer .
    Wenn Ihr mich braucht, ich bin nicht weit. (Geht ab.)
    Hauptmann .
    Ho! Holla!

Weitere Kostenlose Bücher