Sämtliche Werke
Dampfwagen den segensreichen Einzug halten. Namentlich die Broschüre, die an Thiers gerichtet oder vielmehr gegen ihn gerichtet, atmet diese Gesinnung. Von der Persönlichkeit des ehemaligen Konseilpräsidenten spricht der Verfasser mit hinlänglicher Ehrfurcht. Guizot gefällt ihm, aber Molé gefällt ihm besser. Dieser Hintergedanke dämmert über all durch.
Ob er mit Recht oder mit Unrecht irgendeinem von den dreien den Vorzug gibt, ist schwer zu bestimmen. Ich meinesteils glaube nicht, daß einer besser als der andre, und ich bin der Meinung, daß jeder von ihnen als Minister immer dasselbe tun wird, was auch unter denselben Umständen der andre täte. Der wahre Minister, dessen Gedanke überall zur Tat wird, der sowohl gouverniert als regiert, ist der König, Ludwig Philipp, und die erwähnten drei Staatsmänner unterscheiden sich nur in der Art und Weise, wie sie sich mit der Vorherrschaft des königlichen Gedankens abfinden.
Herr Thiers’ sträubt sich im Anfang sehr barsch, macht die redseligste Opposition, trompetet und trommelt und tut doch am Ende, was der König wollte. Nicht bloß seine revolutionären Gefühle, sondern auch seine staatsmännischen Überzeugungen sind im beständigen Widerspruch mit dem königlichen Systeme: er fühlt und weiß, daß dieses System auf die Länge scheitern muß, und ich könnte die erstaunlichsten Äußerungen Thiers über die Unhaltbarkeit der jetzigen Zustände mitteilen. Er kennt zu gut seine Franzosen und zu gut die Geschichte der französischen Revolution, um sich dem Quietismus der siegreichen Bourgeoispartei ganz hingeben zu können und an den Maulkorb zu glauben, den er selbst dem tausendköpfigen Ungeheuer angelegt hat; sein feines Ohr hört das innerliche Knurren, er hat sogar Furcht, einst von dem entzügelten Ungetüm zerrissen zu werden – und dennoch tut er, was der König will.
Mit Herrn Guizot ist es ganz anders. Für ihn ist der Sieg der Bourgeoisiepartei eine vollendete Tatsache, un fait accompli, und er ist mit all seinen Fähigkeiten in den Dienst dieser neuen Macht getreten, deren Herrschaft er durch alle Künste des historischen und philosophischen Scharfsinns als vernünftig, und folglich auch als berechtigt, zu stützen weiß. Das ist eben das Wesen eines Doktrinärs, daß er für alles, was er tun will, eine Doktrin findet. Er steht vielleicht mit seinen geheimsten Überzeugungen über dieser Doktrin, vielleicht auch drunter, was weiß ich? Er ist zu geistesbegabt und vielseitig wissend, als daß er nicht im Grunde ein Skeptiker wäre, und eine solche Skepsis verträgt sich mit dem Dienst, den er dem Systeme widmet, dem er sich einmal ergeben hat. Jetzt ist er der treue Diener der Bourgeoisieherrschaft, und hart wie ein Herzog von Alba wird er sie mit unerbittlicher Konsequenz bis zum letzten Momente verteidigen. Bei ihm ist kein Schwanken, kein Zagen, er weiß, was er will, und was er will, tut er. Fällt er im Kampfe, so wird ihn auch dieser Sturz nicht erschüttern, und er wird bloß die Achseln zucken. War doch das, wofür er kämpfte, ihm im Grunde gleichgültig. Siegt etwa einst die republikanische Partei, oder gar die der Kommunisten, so rate ich diesen braven Leuten, den Guizot zum Minister zu nehmen, seine Intelligenz und seine Halsstarrigkeit auszubeuten, und sie werden besser dabei stehen, als wenn sie ihren erprobtesten Dummköpfen der Bürgertugend das Gouvernement in Händen geben. Ich möchte einen ähnlichen Rat den Henriquinquisten erteilen, für den unmöglichen Fall, daß sie einst wieder durch ein Nationalunglück, durch ein Strafgericht Gottes, in Besitz der offiziellen Gewalt gerieten; nehmt den Guizot zum Minister, und ihr werdet euch dreimal vierundzwanzig Stunden länger halten können, und ich fürchte Herrn Guizot nicht unrecht zu tun, wenn ich die Meinung ausspreche, daß er so tief herabsteigen könnte, um eure schlechte Sache durch seine Beredsamkeit und seine gouvernementalen Talente zu unterstützen. Seid ihr ihm doch ebenso gleichgültig wie die Spießbürger, für die er jetzt so großen Geistesaufwand macht in Wort und Tat, und wie das System des Königs, dem er mit stoischem Gleichmute dient.
Herr Molé unterscheidet sich von diesen beiden dadurch daß er erstens der eigentliche Staatsmann ist, dessen Persönlichkeit schon den Patrizier verrät, dem das Talent der Staatslenkung angeboren oder durch Familientraditionen anerzogen worden. Bei ihm ist keine Spur vom plebejischen Emporkömmling, wie bei Herrn
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