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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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dieser Mann während einem halben Jahrhundert an dem großen Rad gedreht, und dennoch hatte er unter der Republik und dem Kaisertume die wichtigsten Ämter bekleidet, und dennoch war er bis an sein Lebensende ein tadelloser Verfechter der Menschheitsrechte, ein unbeugsamer Kämpe gegen Geistesknechtschaft, einer jener hohen Organisatoren der Freiheit, die gut sprachen, aber noch besser handelten und das schöne Wort in die heilsame Tat umschufen. Warum aber ist er trotz aller seiner Verdienste, trotz seiner rastlosen politischen und literarischen Tätigkeit dennoch nicht berühmt geworden? Warum glüht in unsrer Erinnerung sein Name nicht so farbig wie die Namen so mancher seiner Kollegen, die eine minder bedeutende Rolle gespielt? Was fehlte ihm, um zur Berühmtheit zu gelangen? Ich will es mit einem Worte sagen: die Leidenschaft. Nur durch irgendeine Manifestation der Leidenschaft werden die Menschen auf dieser Erde berühmt. Hier genügt eine einzige Handlung, ein einziges Wort, aber sie müssen das leidenschaftliche Gepräge tragen. Ja, sogar die zufällige Begegnung mit großen Ereignissen der Leidenschaft gewährt unsterblichen Nachruhm. Der selige Daunou war aber ein stiller Mönch, der den klösterlichen Frieden im Gemüte trug, während alle Stürme der Revolution um ihn her raseten, der sein Tagwerk vollbrachte ruhig und furchtlos, unter Robespierre wie unter Napoleon, und der ebenso bescheiden starb, wie er bescheiden lebte. Ich will nicht sagen, daß seine Seele nicht glühte, aber es war eine Glut ohne Flamme, ohne Geprassel, ohne Spektakel.
    Trotz dem scheinlosen Leben des Mannes wußte Mignet doch Interesse für diesen stillen Helden zu erregen, und da dieser das höchste Lob verdiente, konnte es ihm auch in reichem Maße gezollt werden. Aber wäre auch Daunou keineswegs ein so rühmenswerter Mensch gewesen, hätte er gar zu jenen charakterlosen Fröschen gehört, deren so mancher im Sumpf (marais) des Konventes saß und schweigsam fortlebte, während die Bessern sich um den Kopf sprachen, ja, er hätte sogar ein Lump sein können, so würde ihn dennoch der Weihrauchkessel des offiziellen Lobes sattsam eingequalmt haben. Obgleich Mignet seine Reden »Précis historiques« nennt, so sind sie doch noch immer die alten éloges, und es sind noch dieselben Komplimente aus der Zeit Ludwigs XIV., nur daß sie jetzt nicht mehr in gepuderten Allongeperücken stecken, sondern sehr modern frisiert sind. Und der jetzige Secrétaire perpétuel der Akademie ist einer der größten Friseure unsrer Zeit und besitzt den rechten Schick für dieses edle Gewerbe. Selbst wenn an einem Menschen kein einzigs gutes Haar ist, weiß er ihm doch einige Löckchen des Lobes anzukräuseln und den Kahlkopf unter dem Toupet der Phrase zu verbergen. Wie glücklich sind doch diese französischen Akademiker! Da sitzen sie im süßesten Seelenfrieden auf ihren sichern Bänken, und sie können ruhig sterben, denn sie wissen, wie bedenklich auch ihre Handlungen gewesen, so wird sie doch der gute Mignet nach ihrem Tode rühmen und preisen. Unter den Palmen seines Wortes, die ewig grün wie die seiner Uniform, eingelullt von dem Geplätscher der oratorischen Antithesen, lagern sie hier in der Akademie wie in einer kühlen Oase. Die Karawane der Menschheit aber schreitet ihnen zuweilen vorüber, ohne daß sie es merkten oder etwas anders vernahmen als das Geklingel der Kamele.

Anhang
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    Kommunismus, Philosophie und Klerisei
    Gefängnisreform und Strafgesetzgebung
    Aus den Pyrenäen
    Musikalische Saison von 1844
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Kommunismus, Philosophie und Klerisei
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    I
    II
    III
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I
    Paris, 15. Juni 1843
    Hätte ich zur Zeit des Kaisers Nero in Rom privatisiert und etwa für die Oberpostamtszeitung von Böotien oder für die unoffizielle Staatszeitung von Abdera die Korrespondenz besorgt, so würden meine Kollegen nicht selten darüber gescherzt haben, daß ich z.B. von den Staatsintrigen der Kaiserin-Mutter gar nichts zu berichten wisse, daß ich nicht einmal von den glänzenden Diners rede, womit der judäische König Agrippa das diplomatische Korps zu Rom jeden Samstag regaliere, und daß ich hingegen beständig von jenen Galiläern spräche, von jenem obskuren Häuflein, das, meistens aus Sklaven und alten Weibern bestehend, in Kämpfen und Visionen sein blödsinniges Leben verträume und sogar von den Juden desavouiert werde. Meine wohlunterrichteten Kollegen hätten gewiß ganz besonders ironisch über mich gelächelt, wenn ich vielleicht von dem

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