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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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folgen,
    Doch im nächtlich schwarzen Mantel
    Hättest du nicht kommen sollen.«
    Mit durchbohrend stieren Augen
    Schaut Ramiro auf die Holde,
    Sie umschlingend spricht er düster:
    »Sprachest ja, ich sollte kommen!«
    Und ins wirre Tanzgetümmel
    Drängen sich die beiden Tänzer;
    Und die lauten Pauken wirbeln,
    Und es schmettern die Drommeten.
    »Sind ja schneeweiß deine Wangen!«
    Flüstert Clara, heimlich zitternd.
    »Sprachest ja, ich sollte kommen!«
    Schallet dumpf Ramiros Stimme.
    Und im Saal die Kerzen blinzeln
    Durch das flutende Gedränge;
    Und die lauten Pauken wirbeln,
    Und es schmettern die Drommeten.
    »Sind ja eiskalt deine Hände!«
    Flüstert Clara, schauerzuckend.
    »Sprachest ja, ich sollte kommen!«
    Und sie treiben fort im Strudel.
    »Laß mich, laß mich! Don Ramiro!
    Leichenduft ist ja dein Odem!«
    Wiederum die dunklen Worte:
    »Sprachest ja, ich sollte kommen!«
    Und der Boden raucht und glühet,
    Lustig tönet Geig’ und Bratsche;
    Wie ein tolles Zauberweben
    Schwindelt alles in dem Saale.
    »Laß mich, laß mich! Don Ramiro!«
    Wimmert’s immer im Gewoge.
    Don Ramiro stets erwidert:
    »Sprachest ja, ich sollte kommen!«
    »Nun, so geh, in Gottes Namen!«
    Clara rief’s mit fester Stimme,
    Und dies Wort war kaum gesprochen,
    Und verschwunden war Ramiro.
    Clara starret, Tod im Antlitz,
    Kaltumflirret, nachtumwoben;
    Ohnmacht hat das lichte Bildnis
    In ihr dunkles Reich gezogen.
    Endlich weicht der Nebelschlummer,
    Endlich schlägt sie auf die Wimper;
    Aber Staunen will aufs neue
    Ihre holden Augen schließen.
    Denn derweil der Tanz begonnen,
    War sie nicht vom Sitz gewichen,
    Und sie sitzt noch bei dem Bräut’gam,
    Und der Ritter sorgsam bittet:
    »Sprich, was bleichet deine Wangen?
    Warum wird dein Aug’ so dunkel? –«
    »Und Ramiro? – –« stottert Clara,
    Und Entsetzen lähmt die Zunge.
    Doch mit tiefen, ernsten Falten
    Furcht sich jetzt des Bräut’gams Stirne:
    »Herrin, forsch nicht blut’ge Kunde –
    Heute mittag starb Ramiro.«
    10.
Belsazar
    Die Mitternacht zog näher schon;
    In stiller Ruh’ lag Babylon.
    Nur oben in des Königs Schloß,
    Da flackert’s, da lärmt des Königs Troß.
    Dort oben in dem Königssaal
    Belsazar hielt sein Königsmahl.
    Die Knechte saßen in schimmernden Reihn,
    Und leerten die Becher mit funkelndem Wein.
    Es klirrten die Becher, es jauchzten die Knecht’;
    So klang es dem störrigen Könige recht.
    Des Königs Wangen leuchten Glut;
    Im Wein erwuchs ihm kecker Mut.
    Und blindlings reißt der Mut ihn fort;
    Und er lästert die Gottheit mit sündigem Wort.
    Und er brüstet sich frech, und lästert wild;
    Die Knechtenschar ihm Beifall brüllt.
    Der König rief mit stolzem Blick;
    Der Diener eilt und kehrt zurück.
    Er trug viel gülden Gerät auf dem Haupt;
    Das war aus dem Tempel Jehovas geraubt.
    Und der König ergriff mit frevler Hand
    Einen heiligen Becher, gefüllt bis am Rand.
    Und er leert ihn hastig bis auf den Grund,
    Und rufet laut mit schäumendem Mund:
    »Jehova! dir künd ich auf ewig Hohn –
    Ich bin der König von Babylon!«
    Doch kaum das grause Wort verklang,
    Dem König ward’s heimlich im Busen bang.
    Das gellende Lachen verstummte zumal;
    Es wurde leichenstill im Saal.
    Und sieh! und sieh! an weißer Wand
    Da kam’s hervor wie Menschenhand;
    Und schrieb, und schrieb an weißer Wand
    Buchstaben von Feuer, und schrieb und schwand.
    Der König stieren Blicks da saß,
    Mit schlotternden Knien und totenblaß.
    Die Knechtenschar saß kalt durchgraut,
    Und saß gar still, gab keinen Laut.
    Die Magier kamen, doch keiner verstand
    Zu deuten die Flammenschrift an der Wand.
    Belsazar ward aber in selbiger Nacht
    Von seinen Knechten umgebracht.
    11.
Die Minnesänger
    Zu dem Wettgesange schreiten
    Minnesänger jetzt herbei;
    Ei, das gibt ein seltsam Streiten,
    Ein gar seltsames Turnei!
    Phantasie, die schäumend wilde,
    Ist des Minnesängers Pferd,
    Und die Kunst dient ihm zum Schilde,
    Und das Wort, das ist sein Schwert.
    Hübsche Damen schauen munter
    Vom beteppichten Balkon,
    Doch die rechte ist nicht drunter
    Mit der rechten Lorbeerkron’.
    Andre Leute, wenn sie springen
    In die Schranken, sind gesund;
    Doch wir Minnesänger bringen
    Dort schon mit die Todeswund’.
    Und wem dort am besten dringet
    Liederblut aus Herzensgrund,
    Der ist Sieger, der erringet
    Bestes Lob aus schönstem Mund.
    12.
Die Fensterschau
    Der bleiche Heinrich ging vorbei,
    Schön Hedwig lag am Fenster.
    Sie sprach halblaut: »Gott steh’ mir bei,
    Der

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