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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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gerade recht, denn heute ist Donnerstag…« Die närrische Lacherin konnte nicht mehr, und als ich mich von ihr verabschiedete, um mich zu dem angegebenen Ort auf den Weg zu machen, hörte ich noch lange das Echo ihrer Heiterkeit.
    In wenigen Minuten langte ich bei jenem provisorischen Pantheon der künftigen großen Männer Frankreichs an, das man die Grande Chaumière nennt. Das ist ein Name, dem der republikanische Gedanke wahrscheinlich eine geheime Bedeutung beimißt, denn der Strohhalm ist das Sinnbild einfachen und arbeitsamen Lebens, und er wird das Symbol jener Proletarier, die die stolzen Paläste des aristokratischen Hochmuts und Lasters zerstören werden, um an ihrer Stelle das Haus der guten Sitten und der Tugend, die Grande Chaumière des Volkes, zu errichten. Ich betrat das Heiligtum des Etablissements mit dem symbolischen Namen, und die zehn Sous, die ich am Eingang zahlte, tun mir nicht leid. Ich sah dort tatsächlich die künftigen großen Männer Frankreichs, jene kleinen großen Männer, auf deren Stirn bereits ein Abglanz der Morgenröte ihres Ruhmes lag, ich sah jene Helden der Zukunft, deren Leben und mehr oder weniger erstaunliche Heldentaten ein Plutarch beschreiben wird, der noch geboren werden muß oder der in diesem Augenblick an der Brust seiner Mutter saugt, wenn er nicht zufällig mit der Flasche ernährt wird. All diese Personen hatten sich der republikanischen Sache verschrieben und trugen das Gewand einer starken Überzeugung, das heißt einen riesigen Filzhut und eine Weste à la Robespierre mit Aufschlägen, die übermäßig breit und so rein waren wie das Gewissen des Unbestechlichen! Jeder war dort mit seiner jeden, und die jungen Jakobiner tanzten mit ihren jungen Jakobinerinnen. Man sah dort Catonen der Jurisprudenz und Brutusse der Medizin; Sempronias, die die Schneiderei betrieben, und Portias, die Westen oder Hosen nähten, kurz: die Blüte des Studentenviertels. Diese Grisetten-Bürgerinnen waren sehr hübsch und so tugendhaft, wie es das Klima des lateinischen Landes zu sein erlaubt; alle waren ausnahmslos erbitterte Republikanerinnen: es heißt, daß sie häufig ihre Liebhaber wechselten, doch niemals ihre Ansichten. Ich war zur rechten Zeit gekommen, denn an jenem Tage war der Vater Lahire, der Direktor des Etablissements, sozusagen der Feldhüter dieser großen Chaumière, verfl… wütend, wie man zur Zeit des Père Duchesne sagte. Dieses Individuum, von athletischer Kraft und von Natur jähzornig, amüsierte mich sehr durch die naive Brutalität, mit der er den Anstand seines Publikums überwachte. Eine arme Kleine, deren Busentuch im Eifer eines Kontertanzes ein wenig in Unordnung geraten war, flüchtete zitternd und bebend bei seinem bloßen drohenden Blick. Eine andere kleine Bürgerin, die gleichfalls zu tief dekolletiert war, verjagte er schimpflich. Dieses Ungeheuer wußte nicht, daß die jungen Mädchen in Sparta nackt mit den jungen lakedämonischen Burschen tanzten, ohne daß in der Stadt des Lykurg die Keuschheit jemals in große Gefahr geraten wäre. Die Züchtigkeit einer Frau ist nämlich ein Schutzwall ihrer Tugend, sicherer als alle Kleider der Welt, sowenig ausgeschnitten sie über dem Busen auch sein mögen. Der Vater Lahire ist der personifizierte Schrecken für die Tänzer, die die Grenzen eines sittsamen Cancan überschreiten. Er packte zwei Neo-Robespierres an ihren Kragen, hielt sie mit seinen beiden langen Armen über dem Boden in der Schwebe, wie es einstmals Herkules mit Antäus machte, und schleppte sie so zur Tür hinaus; einen kleinen Saint-Just, der sich beim Anblick dieses Aktes der Tyrannei mausig gemacht hatte, schmiß er ihnen nach. Dieser erhob sich wieder, putzte seinen Rock ab, rückte seine hohe Krawatte zurecht und protestierte gegen diese Vergewaltigung der Menschenrechte, wobei er den Vater Lahire einen Polignac nannte. Das Orchester spielte in diesem Augenblick die Marseillaise.
    Diesem Zwischenfall verdankte ich die Bekanntschaft einer jungen Person, die sich an meiner Seite befand und die ich vor der neugierigen Menge schützte. Sie war allerliebst, ihr Mund war herzförmig, ihre schwarzen Augen waren fast zu groß, und es lag etwas Eigensinniges im Schnitt ihrer Stupsnase, deren feingeschwungene Flügel sich bei jedem Tusch der Musik vor Vergnügen blähten. Man nannte sie Mademoiselle Joséphine oder Joséphine und sogar einfach Fifine. Als sie erfuhr, daß ich Deutscher sei, war sie sehr zufrieden und bat mich, ihr ein

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