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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Bärenfell zu schenken, denn seit Jahren, sagte sie, wünschte sie sich, ein Bärenfell zu besitzen, um daraus einen Bettvorleger zu machen; welch ein Wunschtraum! Sie hielt mich für nördlicher, als ich war, und wahrscheinlich bilden sich diese Damen ein, daß man in meiner Heimat nur die Hand auszustrecken braucht, um einen Bären am Schlafittchen zu packen und mit seinem Fell einen guten Fang zu machen. Sie war so unbekümmert, ihr Lächeln war so einschmeichelnd, ihr niedliches Geschwätz so süß, ihr Gekicher klang so köstlich in meinem Herzen wider, daß ich sehr gern, ein so guter Patriot ich auch sein mag, die Felle aller deutschen Bären geopfert hätte, um dieser französischen Zauberin zu gefallen. Ich trug ihre Bitte sogleich in mein Notizbuch ein, und als ich ihre Adresse erhielt, versprach ich ihr, daß ich mich mit meiner deutschen Bärenhaut bald bei ihr einstellen würde. Unterdessen bat ich sie, mir die Ehre zu erweisen, eine südlichere Frucht, nämlich eine Orange, von mir anzunehmen. Sie nahm ohne weiteres an, wobei sie sagte, daß ihr die Orangen gleich nach den Schweinsfüßen à la Sainte-Menehould das liebste wären. »Was aber die Schweinsfüße anlangt«, fügte sie hinzu, »so liebe ich sie leidenschaftlich, ich vergöttere sie, und für dieses Gericht würde ich Niederträchtigkeiten begehen.« Während Mademoiselle Joséphine genießerisch ihre Orange verzehrte oder, um ihre eigene Redewendung zu gebrauchen, während sie sich mit ihr identifizierte, bemühte ich mich, sie auf so angenehme wie lehrreiche Art zu unterhalten. In Zusammenhang mit den Bärenfellen sprach ich zu ihr über Zoologie, ich berührte sogar die heikelste Frage der vergleichenden Anatomie, die Frage des Schwanzes, ob nämlich der primitive Mensch wie die Affen mit einem Schwanz ausgestattet gewesen sei und ob die menschliche Rasse diese vorsintflutliche Zierde durch eine mehr oder weniger ehrenhafte Krankheit verloren habe. Mademoiselle Joséphine war über meine große Gelehrsamkeit aufs höchste verwundert, und mehrmals sagte sie zu mir: »Sie werden es weit bringen, Monsieur!« Ich zweifle nicht, daß sie mir unter die Arme gegriffen hat, als sie für meine Talente im ganzen Faubourg Saint-Jacques und den angrenzenden Straßen Reklame machte. In Paris verdankt man sein Ansehen den Frauen.
    Wie groß auch meine Dankbarkeit ihr gegenüber sein mag, so muß ich dennoch freimütig gestehen, daß ich während meiner Unterhaltung mit Mademoiselle Josephine bemerkte, daß das arme Mädchen sehr unwissend war und daß sie nicht einmal die elementarsten ethnographischen Begriffe kannte. Sie wußte zum Beispiel nicht, daß die Stadt Hamburg eine Republik ist wie einst Athen und daß sie in der Nähe von Altona liegt, wo sich das Grab Klopstocks befindet. Sie wußte auch kaum, welcher Unterschied zwischen Preußen und Russen, zwischen Stockschlägen und Knutenhieben besteht. Sie bildete sich ein, daß die Astronomie eine Erfindung des Herrn Arago sei, und als ich ihr beibrachte, daß die Erde, der Erdball, auf dem wir wohnen, unausgesetzt um die Sonne kreist, rief sie aus: »Wie schrecklich! Der bloße Gedanke eines solchen Gedrehes macht mich schwindlig!« Ihr dünner, zarter Körper schauderte wie eine Zitterpappel, und sie fuhr fort: »Wer hat Ihnen denn gesagt, daß die Erde um die Sonne kreist!« Als ich erwiderte, daß es ein Pole war namens Kopernikus, zuckte sie die Schultern und rief: »Ein Pole? Dann glaube ich kein Wort davon. Man muß dem, was die Polen sagen, immer mißtrauen; sie haben die Wahrheit nicht erfunden. Ihr Deutschen mit eurer tiefen Gelehrsamkeit seid zu gutgläubig. Glauben bei euch auch die Frauen an diese Hirngespinste von einer Umdrehung der Erde, bei der sich zugleich das Innere umdreht? Dann sind sie wahrscheinlich weniger nervös als wir Französinnen und können aus diesem Grunde auch schwierigere Studien ertragen; man sagte mir, daß die deutschen Frauen tausendmal gelehrter sind als wir und daß sie alle ägyptischen Mumien auswendig kennen. Tatsächlich sind wir jungen Mädchen in Frankreich schlecht erzogen, wir lernen überhaupt nichts, und ich, die ich mit Ihnen spreche, sehen Sie, ich habe keinerlei Unterricht gehabt: alles, was ich von der Naturgeschichte weiß, habe ich von mir selbst gelernt.«
    Als galanter Schmeichler hielt ich diese Geständnisse nationaler Unwissenheit für Übertreibung, und ich ging sogar so weit, die Bildung der deutschen Fräuleins etwas über Gebühr

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