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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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wozu ein Genie? wir laben
    Uns besser an frommen, bescheidnen Gaben,
    Auch sittliche Menschen haben ihr Gutes –
    Zwölf machen ein Dutzend – die Menge tut es.
    Und wie geht’s in Berlin den Leutenants
    Der Garde? Haben sie noch ihre Arroganz
    Und ihre enggeschnürte Taille?
    Schwadronieren sie noch von Kanaille?
    Ich rate euch, nehmt euch in acht,
    Es bricht noch nicht, jedoch es kracht;
    Und es ist das Brandenburger Tor
    Noch immer so groß und so weit wie zuvor,
    Und man könnt euch auf einmal zum Tor hinausschmeißen,
    Euch alle, mitsamt dem Prinzen von Preußen –
    Die Menge tut es.
    1849.
Fabeln
    ~
    König Langohr I.
    Die Wanderratten
    Pferd und Esel
    Aus der Zopfzeit
    Die Wahlesel
    Duelle
    Der tugendhafte Hund
    Fabel
    Zu ›Fabel‹
    ~
    König Langohr I.
    Bei der Königswahl, wie sich versteht,
    Hatten die Esel die Majorität,
    Und es wurde ein Esel zum König gewählt.
    Doch hört, was jetzt die Chronik erzählt:
    Der gekrönte Esel bildete sich
    Jetzt ein, daß er einem Löwen glich;
    Er hing sich um eine Löwenhaut,
    Und brüllte wie ein Löwe so laut.
    Er pflegte Umgang nur mit Rossen –
    Das hat die alten Esel verdrossen.
    Bulldoggen und Wölfe waren sein Heer,
    Drob murrten die Esel noch viel mehr.
    Doch als er den Ochsen zum Kanzler erhoben,
    Vor Wut die Esel rasten und schnoben.
    Sie drohten sogar mit Revolution!
    Der König erfuhr es, und stülpte die Kron’
    Sich schnell aufs Haupt und wickelte schnell
    Sich in sein mutiges Löwenfell.
    Dann ließ er vor seines Thrones Stufen
    Die malkontenten Esel rufen,
    Und hat die folgende Rede gehalten:
    »Hochmögende Esel, ihr jungen und alten!
    Ihr glaubt, daß ich ein Esel sei
    Wie ihr, ihr irrt euch, ich bin ein Leu;
    Das sagt mir jeder an meinem Hofe,
    Von der Edeldame bis zur Zofe.
    Mein Hofpoet hat ein Gedicht
    Auf mich gemacht, worin er spricht:
    ›Wie angeboren dem Kamele
    Der Buckel ist, ist deiner Seele
    Die Großmut des Löwen angeboren –
    Es hat dein Herz keine langen Ohren!‹
    So singt er in seiner schönsten Strophe,
    Die jeder bewundert an meinem Hofe.
    Hier bin ich geliebt; die stolzesten Pfauen
    Wetteifern, mein königlich Haupt zu krauen.
    Die Künste beschütz ich; man muß gestehn,
    Ich bin zugleich August und Mäzen.
    Ich habe ein schönes Hoftheater;
    Die Heldenrollen spielt mein Kater.
    Die Mimin Mimi, die holde Puppe,
    Und zwanzig Möpse bilden die Truppe.
    Ich hab eine Malerakademie
    Gestiftet für Affen von Genie.
    Als ihren Direktor hab ich in petto,
    Den Raffael des Hamburger Getto,
    Lehmann vom Dreckwall, zu engagieren;
    Er soll mich auch selber porträtieren.
    Ich hab eine Oper, ich hab ein Ballett,
    Wo halb entkleidet und ganz kokett
    Gar allerliebste Vögel singen
    Und höchst talentvolle Flöhe springen.
    Kapellenmeister ist Meyer-Bär,
    Der musikalische Millionär;
    Jetzt schreibt der große Bären-Meyer
    Ein Festspiel zu meiner Vermählungsfeier.
    Ich selber übe die Tonkunst ein wenig,
    Wie Friedrich der Große, der Preußenkönig.
    Er blies die Flöte, ich schlage die Laute,
    Und manches schöne Auge schaute
    Sehnsüchtig mich an, wenn ich mit Gefühl
    Geklimpert auf meinem Saitenspiel.
    Mit Freude wird einst die Königin
    Entdecken, wie musikalisch ich bin!
    Sie selbst ist eine vollkommene Stute
    Von hoher Geburt, vom reinsten Blute.
    Sie ist eine nahe Anverwandte
    Von Don Quixotes Rosinante;
    Ihr Stammbaum bezeugt, daß sie nicht minder
    Verwandt mit dem Bayard der Haimonskinder;
    Sie zählt auch unter ihren Ahnen
    Gar manchen Hengst, der unter den Fahnen
    Gottfrieds von Bouillon gewiehert hat,
    Als dieser erobert die Heilige Stadt.
    Vor allem aber durch ihre Schöne Glänzt sie!
    Wenn sie schüttelt die Mähne,
    Und wenn sie schnaubt mit den rosigen Nüstern,
    Jauchzt auf mein Herz, entzückt und lüstern –
    Sie ist die Blume und Krone der Mähren
    Und wird mir einen Kronerben bescheren.
    Ihr seht, verknüpft mit dieser Verbindung
    Ist meiner Dynastie Begründung.
    Mein Name wird nicht untergehn,
    Wird ewig in Klios Annalen bestehn.
    Die hohe Göttin wird von mir sagen,
    Daß ich ein Löwenherz getragen
    In meiner Brust, daß ich weise und klug
    Regiert und auch die Laute schlug.«
    Hier rülpste der König, doch unterbrach er
    Nicht lange die Rede, und weiter sprach er:
    »Hochmögende Esel, ihr jungen und alten!
    Ich werd euch meine Gunst erhalten,
    Solang ihr derselben würdig seid.
    Zahlt eure Steuern zur rechten Zeit
    Und wandelt stets der Tugend Bahn,
    Wie weiland eure Väter getan,
    Die alten Esel!

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