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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Stimme
    Eurer Mutter? Oh, ich kenne
    Das Gebrumme meiner Mumma!
    Mumma! meine schwarze Mumma!«
    Atta Troll mit diesen Worten
    Stürzte wie’n Verrückter fort
    Aus der Höhle, ins Verderben!
    Ach! er stürzte in sein Unglück!
    Caput XXIV
    In dem Tal von Ronceval,
    Auf demselben Platz, wo weiland
    Des Caroli Magni Neffe
    Seine Seele ausgeröchelt,
    Dorten fiel auch Atta Troll,
    Fiel durch Hinterhalt, wie jener,
    Den der ritterliche Judas,
    Ganelon von Mainz, verraten.
    Ach! das Edelste im Bären,
    Das Gefühl der Gattenliebe,
    Ward ein Fallstrick, den Uraka
    Listig zu benutzen wagte.
    Das Gebrumm der schwarzen Mumma
    Hat sie nachgeäfft so täuschend,
    Daß der Atta Troll gelockt ward
    Aus der sichern Bärenhöhle –
    Wie auf Sehnsuchtsflügeln lief er
    Durch das Tal, stand zärtlich schnopernd
    Manchmal still vor einem Felsen,
    Glaubt’, die Mumma sei versteckt dort –
    Ach! versteckt war dort Laskaro
    Mit der Flinte; dieser schoß ihn
    Mitten durch das frohe Herz –
    Quoll hervor ein roter Blutstrom.
    Mit dem Kopfe wackelt’ er,
    Ein’gemal, doch endlich stürzt’ er
    Stöhnend nieder, zuckte gräßlich –
    »Mumma!« war sein letzter Seufzer.
    Also fiel der edle Held.
    Also starb er. Doch unsterblich
    Nach dem Tode auferstehn
    Wird er in dem Lied des Dichters.
    Auferstehn wird er im Liede,
    Und sein Ruhm wird kolossal
    Auf vierfüßigen Trochäen
    Über diese Erde stelzen.
    Der *** setzt ihm
    In Walhalla einst ein Denkmal,
    Und darauf, im ***
    Lapidarstil, auch die Inschrift:
    »Atta Troll, Tendenzbär; sittlich
    Religiös; als Gatte brünstig;
    Durch Verführtsein von dem Zeitgeist,
    Waldursprünglich Sansculotte;
    Sehr schlecht tanzend, doch Gesinnung
    Tragend in der zott’gen Hochbrust;
    Manchmal auch gestunken habend;
    Kein Talent, doch ein Charakter!«
    Caput XXV
    Dreiunddreißig alte Weiber,
    Auf dem Haupt die scharlachrote
    Altbaskesische Kapuze,
    Standen an des Dorfes Eingang.
    Eine drunter, wie Debora,
    Schlug das Tamburin und tanzte.
    Und sie sang dabei ein Loblied
    Auf Laskaro Bärentöter.
    Vier gewalt’ge Männer trugen
    Im Triumph den toten Bären;
    Aufrecht saß er in dem Sessel,
    Wie ein kranker Badegast.
    Hinterdrein, wie Anverwandte
    Des Verstorbnen, ging Laskaro
    Mit Uraka; diese grüßte
    Rechts und links, doch sehr verlegen.
    Der Adjunkt des Maires hielt
    Eine Rede vor dem Rathaus,
    Als der Zug dorthin gelangte,
    Und er sprach von vielen Dingen –
    Wie zum Beispiel von dem Aufschwung
    Der Marine, von der Presse,
    Von der Runkelrübenfrage,
    Von der Hyder der Parteisucht.
    Die Verdienste Ludwig Philipps
    Reichlich auseinandersetzend,
    Ging er über zu dem Bären
    Und der Großtat des Laskaro.
    »Du, Laskaro!« – rief der Redner,
    Und er wischte sich den Schweiß ab
    Mit der trikoloren Schärpe –
    »Du, Laskaro! du, Laskaro!
    Der du Frankreich und Hispanien
    Von dem Atta Troll befreit hast,
    Du bist beider Länder Held,
    Pyrenäen-Lafayette!«
    Als Laskaro solchermaßen
    Offiziell sich rühmen hörte,
    Lachte er vergnügt im Barte
    Und errötete vor Freude,
    Und in abgebrochnen Lauten,
    Die sich seltsam überstürzten,
    Hat er seinen Dank gestottert
    Für die große, große Ehre!
    Mit Verwundrung blickte jeder
    Auf das unerhörte Schauspiel,
    Und geheimnisvoll und ängstlich
    Murmelten die alten Weiber:
    »Der Laskaro hat gelacht!
    Der Laskaro hat errötet!
    Der Laskaro hat gesprochen!
    Er, der tote Sohn der Hexe!« –
    Selb’gen Tags ward ausgebälgt
    Atta Troll und ward versteigert
    Seine Haut. Für hundert Franken
    Hat ein Kürschner sie erstanden.
    Wunderschön staffierte dieser
    Und verbrämte sie mit Scharlach,
    Und verhandelte sie weiter
    Für das Doppelte des Preises.
    Erst aus dritter Hand bekam sie
    Juliette, und in ihrem
    Schlafgemache zu Paris
    Liegt sie vor dem Bett als Fußdeck’.
    Oh, wie oft, mit bloßen Füßen,
    Stand ich nachts auf dieser irdisch
    Braunen Hülle meines Helden,
    Auf der Haut des Atta Troll!
    Und von Wehmut tief ergriffen,
    Dacht ich dann an Schillers Worte:
    Was im Lied soll ewig leben,
    Muß im Leben untergehn!
    Caput XXVI
    Und die Mumma? Ach, die Mumma
    Ist ein Weib! Gebrechlichkeit
    Ist ihr Name! Ach, die Weiber
    Sind wie Porzellan gebrechlich.
    Als des Schicksals Hand sie trennte
    Von dem glorreich edlen Gatten,
    Starb sie nicht des Kummertodes,
    Ging sie nicht in Trübsinn unter –
    Nein, im Gegenteil, sie setzte
    Lustig fort ihr Leben, tanzte
    Nach wie vor, beim Publiko
    Buhlend um den Tagesbeifall.
    Eine feste Stellung,

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