Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
Vom Netzwerk:
Mageren sind noch dünner jetzt,
    Noch fetter sind die Feisten,
    Die Kinder sind alt, die Alten sind
    Kindisch geworden, die meisten.
    Gar manche, die ich als Kälber verließ,
    Fand ich als Ochsen wieder;
    Gar manches kleine Gänschen ward
    Zur Gans mit stolzem Gefieder.
    Die alte Gudel fand ich geschminkt
    Und geputzt wie eine Sirene;
    Hat schwarze Locken sich angeschafft
    Und blendend weiße Zähne.
    Am besten hat sich konserviert
    Mein Freund, der Papierverkäufer;
    Sein Haar ward gelb und umwallt sein Haupt,
    Sieht aus wie Johannes der Täufer.
    Den ***, den sah ich nur von fern,
    Er huschte mir rasch vorüber;
    Ich höre, sein Geist ist abgebrannt
    Und war versichert bei Bieber.
    Auch meinen alten Zensor sah
    Ich wieder. Im Nebel, gebücket,
    Begegnet’ er mir auf dem Gänsemarkt,
    Schien sehr darniedergedrücket.
    Wir schüttelten uns die Hände, es schwamm
    Im Auge des Manns eine Träne.
    Wie freute er sich, mich wiederzusehn!
    Es war eine rührende Szene. –
    Nicht alle fand ich. Mancher hat
    Das Zeitliche gesegnet.
    Ach! meinem Gumpelino sogar
    Bin ich nicht mehr begegnet.
    Der Edle hatte ausgehaucht
    Die große Seele soeben,
    Und wird als verklärter Seraph jetzt
    Am Throne Jehovas schweben.
    Vergebens suchte ich überall
    Den krummen Adonis, der Tassen
    Und Nachtgeschirr von Porzellan
    Feilbot in Hamburgs Gassen.
    Sarras, der treue Pudel, ist tot.
    Ein großer Verlust! Ich wette,
    Daß Campe lieber ein ganzes Schock
    Schriftsteller verloren hätte. – –
    Die Population des Hamburger Staats
    Besteht, seit Menschengedenken,
    Aus Juden und Christen; es pflegen auch
    Die letztren nicht viel zu verschenken.
    Die Christen sind alle ziemlich gut,
    Auch essen sie gut zu Mittag,
    Und ihre Wechsel bezahlen sie prompt,
    Noch vor dem letzten Respittag.
    Die Juden teilen sich wieder ein
    In zwei verschiedne Parteien;
    Die Alten gehn in die Synagog’,
    Und in den Tempel die Neuen.
    Die Neuen essen Schweinefleisch,
    Zeigen sich widersetzig,
    Sind Demokraten; die Alten sind
    Vielmehr aristokrätzig.
    Ich liebe die Alten, ich liebe die Neu’n –
    Doch schwör ich, beim ewigen Gotte,
    Ich liebe gewisse Fischchen noch mehr,
    Man heißt sie geräucherte Sprotte.
    Caput XXIII
    Als Republik war Hamburg nie
    So groß wie Venedig und Florenz,
    Doch Hamburg hat bessere Austern; man speist
    Die besten im Keller von Lorenz.
    Es war ein schöner Abend, als ich
    Mich hinbegab mit Campen;
    Wir wollten miteinander dort
    In Rheinwein und Austern schlampampen.
    Auch gute Gesellschaft fand ich dort,
    Mit Freude sah ich wieder
    Manch alten Genossen, zum Beispiel Chaufepié,
    Auch manche neue Brüder.
    Da war der Wille, dessen Gesicht
    Ein Stammbuch, worin mit Hieben
    Die akademischen Feinde sich
    Recht leserlich eingeschrieben.
    Da war der Fucks, ein blinder Heid’
    Und persönlicher Feind des Jehova,
    Glaubt nur an Hegel und etwa noch
    An die Venus des Canova.
    Mein Campe war Amphitryo
    Und lächelte vor Wonne;
    Sein Auge strahlte Seligkeit,
    Wie eine verklärte Madonne.
    Ich aß und trank, mit gutem App’tit,
    Und dachte in meinem Gemüte:
    ›Der Campe ist wirklich ein großer Mann,
    Ist aller Verleger Blüte.
    Ein andrer Verleger hätte mich
    Vielleicht verhungern lassen,
    Der aber gibt mir zu trinken sogar;
    Werde ihn niemals verlassen.
    Ich danke dem Schöpfer in der Höh’,
    Der diesen Saft der Reben
    Erschuf, und zum Verleger mir
    Den Julius Campe gegeben!
    Ich danke dem Schöpfer in der Höh’,
    Der, durch sein großes Werde,
    Die Austern erschaffen in der See
    Und den Rheinwein auf der Erde!
    Der auch Zitronen wachsen ließ,
    Die Austern zu betauen –
    Nun laß mich, Vater, diese Nacht
    Das Essen gut verdauen!‹
    Der Rheinwein stimmt mich immer weich
    Und löst jedwedes Zerwürfnis
    In meiner Brust, entzündet darin
    Der Menschenliebe Bedürfnis.
    Es treibt mich aus dem Zimmer hinaus,
    Ich muß in den Straßen schlendern;
    Die Seele sucht eine Seele und späht
    Nach zärtlich weißen Gewändern.
    In solchen Momenten zerfließe ich fast
    Vor Wehmut und vor Sehnen;
    Die Katzen scheinen mir alle grau,
    Die Weiber alle Helenen. – – –
    Und als ich auf die Drehbahn kam,
    Da sah ich im Mondenschimmer
    Ein hehres Weib, ein wunderbar
    Hochbusiges Frauenzimmer.
    Ihr Antlitz war rund und kerngesund,
    Die Augen wie blaue Turkoasen,
    Die Wangen wie Rosen, wie Kirschen der Mund,
    Auch etwas rötlich die Nase.
    Ihr Haupt bedeckte eine Mütz’
    Von weißem gesteiftem Linnen,
    Gefältelt wie eine Mauerkron’,
    Mit Türmchen

Weitere Kostenlose Bücher