Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
Vom Netzwerk:
vielen Jahren,
    Wohl seit dem Siebenjährigen Krieg,
    Kein Sterbenswort erfahren.
    Er frug nach Moses Mendelssohn,
    Nach der Karschin, mit Intresse
    Frug er nach der Gräfin Dubarry,
    Des fünfzehnten Ludwigs Mätresse.
    »O Kaiser«, rief ich, »wie bist du zurück!
    Der Moses ist längst gestorben,
    Nebst seiner Rebekka, auch Abraham,
    Der Sohn, ist gestorben, verdorben.
    Der Abraham hatte mit Lea erzeugt
    Ein Bübchen, Felix heißt er,
    Der brachte es weit im Christentum,
    Ist schon Kapellenmeister.
    Die alte Karschin ist gleichfalls tot,
    Auch die Tochter ist tot, die Klenke;
    Helmine Chézy, die Enkelin,
    Ist noch am Leben, ich denke.
    Die Dubarry lebte lustig und flott,
    Solange Ludwig regierte,
    Der Fünfzehnte nämlich, sie war schon alt,
    Als man sie guillotinierte.
    Der König Ludwig der Fünfzehnte starb
    Ganz ruhig in seinem Bette,
    Der Sechzehnte aber ward guillotiniert
    Mit der Königin Antoinette.
    Die Königin zeigte großen Mut,
    Ganz wie es sich gebührte,
    Die Dubarry aber weinte und schrie,
    Als man sie guillotinierte.« – –
    Der Kaiser blieb plötzlich stillestehn,
    Und sah mich an mit den stieren
    Augen und sprach: »Um Gottes will’n,
    Was ist das, guillotinieren?«
    »Das Guillotinieren« – erklärte ich ihm –
    »Ist eine neue Methode,
    Womit man die Leute jeglichen Stands
    Vom Leben bringt zu Tode.
    Bei dieser Methode bedient man sich
    Auch einer neuen Maschine,
    Die hat erfunden Herr Guillotin,
    Drum nennt man sie Guillotine.
    Du wirst hier an ein Brett geschnallt; –
    Das senkt sich; – du wirst geschoben
    Geschwinde zwischen zwei Pfosten; – es hängt
    Ein dreieckig Beil ganz oben; –
    Man zieht eine Schnur, dann schießt herab
    Das Beil, ganz lustig und munter; –
    Bei dieser Gelegenheit fällt dein Kopf
    In einen Sack hinunter.«
    Der Kaiser fiel mir in die Red’:
    »Schweig still, von deiner Maschine
    Will ich nichts wissen, Gott bewahr’,
    Daß ich mich ihrer bediene!
    Der König und die Königin!
    Geschnallt! an einem Brette!
    Das ist ja gegen allen Respekt
    Und alle Etikette!
    Und du, wer bist du, daß du es wagst,
    Mich so vertraulich zu duzen?
    Warte, du Bürschchen, ich werde dir schon
    Die kecken Flügel stutzen!
    Es regt mir die innerste Galle auf,
    Wenn ich dich höre sprechen,
    Dein Odem schon ist Hochverrat
    Und Majestätsverbrechen!«
    Als solchermaßen in Eifer geriet
    Der Alte und sonder Schranken
    Und Schonung mich anschnob, da platzten heraus
    Auch mir die geheimsten Gedanken.
    »Herr Rotbart« – rief ich laut –, »du bist
    Ein altes Fabelwesen,
    Geh, leg dich schlafen, wir werden uns
    Auch ohne dich erlösen.
    Die Republikaner lachen uns aus,
    Sehn sie an unserer Spitze
    So ein Gespenst mit Zepter und Kron’;
    Sie rissen schlechte Witze.
    Auch deine Fahne gefällt mir nicht mehr,
    Die altdeutschen Narren verdarben
    Mir schon in der Burschenschaft die Lust
    An den schwarzrotgoldnen Farben.
    Das beste wäre, du bliebest zu Haus,
    Hier in dem alten Kyffhäuser –
    Bedenk ich die Sache ganz genau,
    So brauchen wir gar keinen Kaiser.«
    Caput XVII
    Ich habe mich mit dem Kaiser gezankt
    Im Traum, im Traum versteht sich –
    Im wachenden Zustand sprechen wir nicht
    Mit Fürsten so widersetzig.
    Nur träumend, im idealen Traum,
    Wagt ihnen der Deutsche zu sagen
    Die deutsche Meinung, die er so tief
    Im treuen Herzen getragen.
    Als ich erwacht’, fuhr ich einem Wald
    Vorbei, der Anblick der Bäume,
    Der nackten hölzernen Wirklichkeit,
    Verscheuchte meine Träume.
    Die Eichen schüttelten ernsthaft das Haupt,
    Die Birken und Birkenreiser,
    Sie nickten so warnend – und ich rief:
    »Vergib mir, mein teurer Kaiser!
    Vergib mir, o Rotbart, das rasche Wort!
    Ich weiß, du bist viel weiser
    Als ich, ich habe sowenig Geduld –
    Doch komme du bald, mein Kaiser!
    Behagt dir das Guillotinieren nicht,
    So bleib bei den alten Mitteln:
    Das Schwert für Edelleute, der Strick
    Für Bürger und Bauern in Kitteln.
    Nur manchmal wechsle ab, und laß
    Den Adel hängen, und köpfe
    Ein bißchen die Bürger und Bauern, wir sind
    Ja alle Gottesgeschöpfe.
    Stell wieder her das Halsgericht,
    Das peinliche Karls des Fünften,
    Und teile wieder ein das Volk
    Nach Ständen, Gilden und Zünften.
    Das alte Heilige Römische Reich,
    Stell’s wieder her, das ganze,
    Gib uns den modrigsten Plunder zurück
    Mit allem Firlifanze.
    Das Mittelalter, immerhin,
    Das wahre, wie es gewesen,
    Ich will es ertragen – erlöse uns nur
    Von jenem Zwitterwesen,
    Von jenem

Weitere Kostenlose Bücher