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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Geschwüren.
    Schamlose schäbige Bettler sind’s,
    Almosen wollen sie haben –
    Ein’n Pfennig Popularität
    Für Menzel und seine Schwaben!
    Oh, meine Göttin, du hast mich heut
    In weicher Stimmung gefunden;
    Bin etwas krank, doch pfleg ich mich,
    Und ich werde bald gesunden.
    Ja, ich bin krank, und du könntest mir
    Die Seele sehr erfrischen
    Durch eine gute Tasse Tee;
    Du mußt ihn mit Rum vermischen.«
    Caput XXV
    Die Göttin hat mir Tee gekocht
    Und Rum hineingegossen;
    Sie selber aber hat den Rum
    Ganz ohne Tee genossen.
    An meine Schulter lehnte sie
    Ihr Haupt (die Mauerkrone,
    Die Mütze, ward etwas zerknittert davon),
    Und sie sprach mit sanftem Tone:
    »Ich dachte manchmal mit Schrecken dran,
    Daß du in dem sittenlosen
    Paris so ganz ohne Aufsicht lebst,
    Bei jenen frivolen Franzosen.
    Du schlenderst dort herum und hast
    Nicht mal an deiner Seite
    Einen treuen deutschen Verleger, der dich
    Als Mentor warne und leite.
    Und die Verführung ist dort so groß,
    Dort gibt es so viele Sylphiden,
    Die ungesund, und gar zu leicht
    Verliert man den Seelenfrieden.
    Geh nicht zurück und bleib bei uns;
    Hier herrschen noch Zucht und Sitte,
    Und manches stille Vergnügen blüht
    Auch hier, in unserer Mitte.
    Bleib bei uns in Deutschland, es wird dir hier
    Jetzt besser als eh’mals munden;
    Wir schreiten fort, du hast gewiß
    Den Fortschritt selbst gefunden.
    Auch die Zensur ist nicht mehr streng,
    Hoffmann wird älter und milder
    Und streicht nicht mehr mit Jugendzorn
    Dir deine "Reisebilder".
    Du selbst bist älter und milder jetzt,
    Wirst dich in manches schicken,
    Und wirst sogar die Vergangenheit
    In besserem Lichte erblicken.
    Ja, daß es uns früher so schrecklich ging,
    In Deutschland, ist Übertreibung;
    Man konnte entrinnen der Knechtschaft, wie einst
    In Rom, durch Selbstentleibung.
    Gedankenfreiheit genoß das Volk,
    Sie war für die großen Massen,
    Beschränkung traf nur die g’ringe Zahl
    Derjen’gen, die drucken lassen.
    Gesetzlose Willkür herrschte nie,
    Dem schlimmsten Demagogen
    Ward niemals ohne Urteilspruch
    Die Staatskokarde entzogen.
    So übel war es in Deutschland nie,
    Trotz aller Zeitbedrängnis –
    Glaub mir, verhungert ist nie ein Mensch
    In einem deutschen Gefängnis.
    Es blühte in der Vergangenheit
    So manche schöne Erscheinung
    Des Glaubens und der Gemütlichkeit;
    Jetzt herrscht nur Zweifel, Verneinung.
    Die praktische äußere Freiheit wird einst
    Das Ideal vertilgen,
    Das wir im Busen getragen – es war
    So rein wie der Traum der Liljen!
    Auch unsre schöne Poesie
    Erlischt, sie ist schon ein wenig
    Erloschen; mit andern Königen stirbt
    Auch Freiligraths Mohrenkönig.
    Der Enkel wird essen und trinken genug,
    Doch nicht in beschaulicher Stille;
    Es poltert heran ein Spektakelstück,
    Zu Ende geht die Idylle.
    Oh, könntest du schweigen, ich würde dir
    Das Buch des Schicksals entsiegeln,
    Ich ließe dir spätere Zeiten sehn
    In meinen Zauberspiegeln.
    Was ich den sterblichen Menschen nie
    Gezeigt, ich möcht es dir zeigen:
    Die Zukunft deines Vaterlands –
    Doch ach! du kannst nicht schweigen!«
    »Mein Gott, o Göttin!« – rief ich entzückt –
    »Das wäre mein größtes Vergnügen,
    Laß mich das künftige Deutschland sehn –
    Ich bin ein Mann und verschwiegen.
    Ich will dir schwören jeden Eid,
    Den du nur magst begehren,
    Mein Schweigen zu verbürgen dir –
    Sag an, wie soll ich schwören?«
    Doch jene erwiderte: »Schwöre mir
    In Vater Abrahams Weise,
    Wie er Eliesern schwören ließ,
    Als dieser sich gab auf die Reise.
    Heb auf das Gewand und lege die Hand
    Hier unten an meine Hüften,
    Und schwöre mir Verschwiegenheit
    In Reden und in Schriften!«
    Ein feierlicher Moment! Ich war
    Wie angeweht vom Hauche
    Der Vorzeit, als ich schwur den Eid,
    Nach uraltem Erzväterbrauche.
    Ich hob das Gewand der Göttin auf,
    Und legte an ihre Hüften
    Die Hand, gelobend Verschwiegenheit
    In Reden und in Schriften.
    Caput XXVI
    Die Wangen der Göttin glühten so rot
    (Ich glaube, in die Krone
    Stieg ihr der Rum), und sie sprach zu mir
    In sehr wehmütigem Tone:
    »Ich werde alt. Geboren bin ich
    Am Tage von Hamburgs Begründung.
    Die Mutter war Schellfischkönigin
    Hier an der Elbe Mündung.
    Mein Vater war ein großer Monarch,
    Carolus Magnus geheißen,
    Er war noch mächt’ger und klüger sogar
    Als Friedrich der Große von Preußen.
    Der Stuhl ist zu Aachen, auf welchem er
    Am Tage der Krönung ruhte;
    Den Stuhl, worauf er saß in der Nacht,
    Den erbte die Mutter, die

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