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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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gute.
    Die Mutter hinterließ ihn mir,
    Ein Möbel von scheinlosem Äußern,
    Doch böte mir Rothschild all sein Geld,
    Ich würde ihn nicht veräußern.
    Siehst du, dort in dem Winkel steht
    Ein alter Sessel, zerrissen
    Das Leder der Lehne, von Mottenfraß
    Zernagt das Polsterkissen.
    Doch gehe hin und hebe auf
    Das Kissen von dem Sessel,
    Du schaust eine runde Öffnung dann,
    Darunter einen Kessel –
    Das ist ein Zauberkessel, worin
    Die magischen Kräfte brauen,
    Und steckst du in die Ründung den Kopf,
    So wirst du die Zukunft schauen –
    Die Zukunft Deutschlands erblickst du hier,
    Gleich wogenden Phantasmen,
    Doch schaudre nicht, wenn aus dem Wust
    Aufsteigen die Miasmen!«
    Sie sprach’s und lachte sonderbar,
    Ich aber ließ mich nicht schrecken,
    Neugierig eilte ich, den Kopf
    In die furchtbare Ründung zu stecken.
    Was ich gesehn, verrate ich nicht,
    Ich habe zu schweigen versprochen,
    Erlaubt ist mir zu sagen kaum,
    O Gott! was ich gerochen! – – –
    Ich denke mit Widerwillen noch
    An jene schnöden, verfluchten
    Vorspielgerüche, das schien ein Gemisch
    Von altem Kohl und Juchten.
    Entsetzlich waren die Düfte, o Gott!
    Die sich nachher erhuben;
    Es war, als fegte man den Mist
    Aus sechsunddreißig Gruben. – – –
    Ich weiß wohl, was Saint-Just gesagt
    Weiland im Wohlfahrtsausschuß:
    Man heile die große Krankheit nicht
    Mit Rosenöl und Moschus –
    Doch dieser deutsche Zukunftsduft
    Mocht alles überragen,
    Was meine Nase je geahnt –
    Ich konnt es nicht länger ertragen – –
    Mir schwanden die Sinne, und als ich aufschlug
    Die Augen, saß ich an der Seite
    Der Göttin noch immer, es lehnte mein Haupt
    An ihre Brust, die breite.
    Es blitzte ihr Blick, es glühte ihr Mund,
    Es zuckten die Nüstern der Nase,
    Bacchantisch umschlang sie den Dichter und sang
    Mit schauerlich wilder Ekstase:
    »Bleib bei mir in Hamburg, ich liebe dich,
    Wir wollen trinken und essen
    Den Wein und die Austern der Gegenwart,
    Und die dunkle Zukunft vergessen.
    Den Deckel darauf! damit uns nicht
    Der Mißduft die Freude vertrübet –
    Ich liebe dich, wie je ein Weib
    Einen deutschen Poeten geliebet!
    Ich küsse dich, und ich fühle, wie mich
    Dein Genius begeistert;
    Es hat ein wunderbarer Rausch
    Sich meiner Seele bemeistert.
    Mir ist, als ob ich auf der Straß’
    Die Nachtwächter singen hörte –
    Es sind Hymenäen, Hochzeitmusik,
    Mein süßer Lustgefährte!
    Jetzt kommen die reitenden Diener auch
    Mit üppig lodernden Fackeln,
    Sie tanzen ehrbar den Fackeltanz,
    Sie springen und hüpfen und wackeln.
    Es kommt der hoch- und wohlweise Senat,
    Es kommen die Oberalten;
    Der Bürgermeister räuspert sich
    Und will eine Rede halten.
    In glänzender Uniform erscheint
    Das Korps der Diplomaten;
    Sie gratulieren mit Vorbehalt
    Im Namen der Nachbarstaaten.
    Es kommt die geistliche Deputation,
    Rabbiner und Pastöre –
    Doch ach! da kommt der Hoffmann auch
    Mit seiner Zensorschere!
    Die Schere klirrt in seiner Hand,
    Es rückt der wilde Geselle
    Dir auf den Leib – er schneidet ins Fleisch –
    Es war die beste Stelle.«
    Caput XXVII
    Was sich in jener Wundernacht
    Des weitern zugetragen,
    Erzähl ich euch ein andermal,
    In warmen Sommertagen.
    Das alte Geschlecht der Heuchelei
    Verschwindet, Gott sei Dank, heut,
    Es sinkt allmählich ins Grab, es stirbt
    An seiner Lügenkrankheit.
    Es wächst heran ein neues Geschlecht,
    Ganz ohne Schminke und Sünden,
    Mit freien Gedanken, mit freier Lust –
    Dem werde ich alles verkünden.
    Schon knospet die Jugend, welche versteht
    Des Dichters Stolz und Güte,
    Und sich an seinem Herzen wärmt,
    An seinem Sonnengemüte.
    Mein Herz ist liebend wie das Licht,
    Und rein und keusch wie das Feuer;
    Die edelsten Grazien haben gestimmt
    Die Saiten meiner Leier.
    Es ist dieselbe Leier, die einst
    Mein Vater ließ ertönen,
    Der selige Herr Aristophanes,
    Der Liebling der Kamönen.
    Es ist die Leier, worauf er einst
    Den Paisteteros besungen,
    Der um die Basileia gefreit,
    Mit ihr sich emporgeschwungen.
    Im letzten Kapitel hab ich versucht,
    Ein bißchen nachzuahmen
    Den Schluß der »Vögel«, die sind gewiß
    Das beste von Vaters Dramen.
    Die »Frösche« sind auch vortrefflich. Man gibt
    In deutscher Übersetzung
    Sie jetzt auf der Bühne von Berlin,
    Zu königlicher Ergetzung.
    Der König liebt das Stück. Das zeugt
    Von gutem antiken Geschmacke;
    Den Alten amüsierte weit mehr
    Modernes Froschgequacke.
    Der König liebt das Stück. Jedoch
    Wär noch der Autor am Leben,
    Ich

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