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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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in Tränen
    Mein übergroßes Weh.
    41.
    Mir träumte von einem Königskind,
    Mit nassen, blassen Wangen;
    Wir saßen unter der grünen Lind’,
    Und hielten uns liebumfangen.
    »Ich will nicht deines Vaters Thron,
    Und nicht sein Zepter von Golde,
    Ich will nicht seine demantene Kron’,
    Ich will dich selber, du Holde.«
    »Das kann nicht sein«, sprach sie zu mir,
    »Ich liege ja im Grabe,
    Und nur des Nachts komm ich zu dir,
    Weil ich so lieb dich habe.«
    42.
    Mein Liebchen, wir saßen beisammen,
    Traulich im leichten Kahn.
    Die Nacht war still, und wir schwammen
    Auf weiter Wasserbahn.
    Die Geisterinsel, die schöne,
    Lag dämmrig im Mondenglanz;
    Dort klangen liebe Töne,
    Und wogte der Nebeltanz.
    Dort klang es lieb und lieber
    Und wogt’ es hin und her;
    Wir aber schwammen vorüber,
    Trostlos auf weitem Meer.
    43.
    Aus alten Märchen winkt es
    Hervor mit weißer Hand,
    Da singt es und da klingt es
    Von einem Zauberland:
    Wo große Blumen schmachten
    Im goldnen Abendlicht,
    Und zärtlich sich betrachten
    Mit bräutlichem Gesicht; –
    Wo alle Bäume sprechen
    Und singen, wie ein Chor,
    Und laute Quellen brechen
    Wie Tanzmusik hervor; –
    Und Liebesweisen tönen,
    Wie du sie nie gehört,
    Bis wundersüßes Sehnen
    Dich wundersüß betört!
    Ach, könnt ich dorthin kommen,
    Und dort mein Herz erfreun,
    Und aller Qual entnommen,
    Und frei und selig sein!
    Ach! jenes Land der Wonne,
    Das seh ich oft im Traum;
    Doch kommt die Morgensonne,
    Zerfließt’s wie eitel Schaum.
    44.
    Ich hab dich geliebet und liebe dich noch!
    Und fiele die Welt zusammen,
    Aus ihren Trümmern stiegen doch
    Hervor meiner Liebe Flammen.
    45.
    Am leuchtenden Sommermorgen
    Geh ich im Garten herum.
    Es flüstern und sprechen die Blumen,
    Ich aber, ich wandle stumm.
    Es flüstern und sprechen die Blumen,
    Und schaun mitleidig mich an:
    »Sei unserer Schwester nicht böse,
    Du trauriger, blasser Mann!«
    46.
    Es leuchtet meine Liebe,
    In ihrer dunkeln Pracht,
    Wie ’n Märchen traurig und trübe,
    Erzählt in der Sommernacht.
    »Im Zaubergarten wallen
    Zwei Buhlen, stumm und allein;
    Es singen die Nachtigallen,
    Es flimmert der Mondenschein.
    Die Jungfrau steht still wie ein Bildnis,
    Der Ritter vor ihr kniet.
    Da kommt der Riese der Wildnis,
    Die bange Jungfrau flieht.
    Der Ritter sinkt blutend zur Erde,
    Es stolpert der Riese nach Haus« –
    Wenn ich begraben werde,
    Dann ist das Märchen aus.
    47.
    Sie haben mich gequälet,
    Geärgert blau und blaß,
    Die einen mit ihrer Liebe,
    Die andern mit ihrem Haß.
    Sie haben das Brot mir vergiftet,
    Sie gossen mir Gift ins Glas,
    Die einen mit ihrer Liebe,
    Die andern mit ihrem Haß.
    Doch sie, die mich am meisten
    Gequält, geärgert, betrübt,
    Die hat mich nie gehasset,
    Und hat mich nie geliebt.
    48.
    Es liegt der heiße Sommer
    Auf deinen Wängelein;
    Es liegt der Winter, der kalte,
    In deinem Herzchen klein.
    Das wird sich bei dir ändern,
    Du Vielgeliebte mein!
    Der Winter wird auf den Wangen,
    Der Sommer im Herzen sein.
    49.
    Wenn zwei voneinander scheiden,
    So geben sie sich die Händ’,
    Und fangen an zu weinen,
    Und seufzen ohne End’.
    Wir haben nicht geweinet,
    Wir seufzten nicht Weh und Ach!
    Die Tränen und die Seufzer,
    Die kamen hintennach.
    50.
    Sie saßen und tranken am Teetisch,
    Und sprachen von Liebe viel.
    Die Herren, die waren ästhetisch,
    Die Damen von zartem Gefühl.
    »Die Liebe muß sein platonisch«,
    Der dürre Hofrat sprach.
    Die Hofrätin lächelt ironisch,
    Und dennoch seufzet sie: »Ach!«
    Der Domherr öffnet den Mund weit:
    »Die Liebe sei nicht zu roh,
    Sie schadet sonst der Gesundheit.«
    Das Fräulein lispelt: »Wieso?«
    Die Gräfin spricht wehmütig:
    »Die Liebe ist eine Passion!«
    Und präsentieret gütig,
    Die Tasse dem Herren Baron.
    Am Tische war noch ein Plätzchen,
    Mein Liebchen, da hast du gefehlt.
    Du hättest so hübsch, mein Schätzchen,
    Von deiner Liebe erzählt.
    51.
    Vergiftet sind meine Lieder; –
    Wie könnt es anders sein?
    Du hast mir ja Gift gegossen
    Ins blühende Leben hinein.
    Vergiftet sind meine Lieder; –
    Wie könnt es anders sein?
    Ich trage im Herzen viel Schlangen,
    Und dich, Geliebte mein.
    52.
    Mir träumte wieder der alte Traum:
    Es war eine Nacht im Maie,
    Wir saßen unter dem Lindenbaum,
    Und schwuren uns ewige Treue,
    Das war ein Schwören und Schwören aufs neu’,
    Ein Kichern, ein Kosen, ein Küssen;
    Daß ich gedenk des Schwures sei,
    Hast du in die Hand mich gebissen.
    O Liebchen mit den Äuglein klar!
    O

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