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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Arm gewaltig umschließt –
    Sterb ich vor Liebessehnen!
    7.
    Ich will meine Seele tauchen
    In den Kelch der Lilie hinein;
    Die Lilie soll klingend hauchen
    Ein Lied von der Liebsten mein.
    Das Lied soll schauern und beben
    Wie der Kuß von ihrem Mund,
    Den sie mir einst gegeben
    In wunderbar süßer Stund’.
    8.
    Es stehen unbeweglich
    Die Sterne in der Höh’
    Viel tausend Jahr’, und schauen
    Sich an mit Liebesweh.
    Sie sprechen eine Sprache,
    Die ist so reich, so schön;
    Doch keiner der Philologen
    Kann diese Sprache verstehn.
    Ich aber hab sie gelernet,
    Und ich vergesse sie nicht;
    Mir diente als Grammatik
    Der Herzallerliebsten Gesicht.
    9.
    Auf Flügeln des Gesanges,
    Herzliebchen, trag ich dich fort,
    Fort nach den Fluren des Ganges,
    Dort weiß ich den schönsten Ort.
    Dort liegt ein rotblühender Garten
    Im stillen Mondenschein;
    Die Lotosblumen erwarten
    Ihr trautes Schwesterlein.
    Die Veilchen kichern und kosen,
    Und schaun nach den Sternen empor;
    Heimlich erzählen die Rosen
    Sich duftende Märchen ins Ohr.
    Es hüpfen herbei und lauschen
    Die frommen, klugen Gazell’n;
    Und in der Ferne rauschen
    Des heiligen Stromes Well’n.
    Dort wollen wir niedersinken
    Unter dem Palmenbaum,
    Und Liebe und Ruhe trinken
    Und träumen seligen Traum.
    10.
    Die Lotosblume ängstigt
    Sich vor der Sonne Pracht,
    Und mit gesenktem Haupte
    Erwartet sie träumend die Nacht.
    Der Mond, der ist ihr Buhle,
    Er weckt sie mit seinem Licht,
    Und ihm entschleiert sie freundlich
    Ihr frommes Blumengesicht.
    Sie blüht und glüht und leuchtet,
    Und starret stumm in die Höh’;
    Sie duftet und weinet und zittert
    Vor Liebe und Liebesweh.
    11.
    Im Rhein, im schönen Strome,
    Da spiegelt sich in den Well’n,
    Mit seinem großen Dome,
    Das große, heilige Köln.
    Im Dom, da steht ein Bildnis
    Auf goldenem Leder gemalt;
    In meines Lebens Wildnis
    Hat’s freundlich hineingestrahlt.
    Es schweben Blumen und Englein
    Um Unsre liebe Frau;
    Die Augen, die Lippen, die Wänglein,
    Die gleichen der Liebsten genau.
    12.
    Du liebst mich nicht, du liebst mich nicht,
    Das kümmert mich gar wenig;
    Schau ich dir nur ins Angesicht,
    So bin ich froh wie’n König.
    Du hassest, hassest mich sogar,
    So spricht dein rotes Mündchen;
    Reich mir es nur zum Küssen dar,
    So tröst ich mich, mein Kindchen.
    13.
    O schwöre nicht und küsse nur,
    Ich glaube keinem Weiberschwur!
    Dein Wort ist süß, doch süßer ist
    Der Kuß, den ich dir abgeküßt!
    Den hab ich, und dran glaub ich auch,
    Das Wort ist eitel Dunst und Hauch.
    O schwöre, Liebchen, immerfort,
    Ich glaube dir aufs bloße Wort!
    An deinen Busen sink ich hin,
    Und glaube, daß ich selig bin;
    Ich glaube, Liebchen, ewiglich,
    Und noch viel länger, liebst du mich.
    14.
    Auf meiner Herzliebsten Äugelein
    Mach ich die schönsten Kanzonen.
    Auf meiner Herzliebsten Mündchen klein
    Mach ich die besten Terzinen.
    Auf meiner Herzliebsten Wängelein
    Mach ich die herrlichsten Stanzen.
    Und wenn meine Liebste ein Herzchen hätt,
    Ich machte darauf ein hübsches Sonett.
    15.
    Die Welt ist dumm, die Welt ist blind,
    Wird täglich abgeschmackter!
    Sie spricht von dir, mein schönes Kind:
    Du hast keinen guten Charakter.
    Die Welt ist dumm, die Welt ist blind,
    Und dich wird sie immer verkennen;
    Sie weiß nicht, wie süß deine Küsse sind,
    Und wie sie beseligend brennen.
    16.
    Liebste, sollst mir heute sagen:
    Bist du nicht ein Traumgebild’,
    Wie’s in schwülen Sommertagen
    Aus dem Hirn des Dichters quillt?
    Aber nein, ein solches Mündchen,
    Solcher Augen Zauberlicht,
    Solch ein liebes, süßes Kindchen,
    Das erschafft der Dichter nicht.
    Basilisken und Vampire,
    Lindenwürm’ und Ungeheu’r,
    Solche schlimme Fabeltiere,
    Die erschafft des Dichters Feu’r.
    Aber dich und deine Tücke,
    Und dein holdes Angesicht,
    Und die falschen frommen Blicke –
    Das erschafft der Dichter nicht.
    17.
    Wie die Wellenschaumgeborene
    Strahlt mein Lieb im Schönheitsglanz,
    Denn sie ist das auserkorene
    Bräutchen eines fremden Manns.
    Herz, mein Herz, du vielgeduldiges,
    Grolle nicht ob dem Verrat;
    Trag es, trag es, und entschuldig es,
    Was die holde Törin tat.
    18.
    Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht,
    Ewig verlornes Lieb! ich grolle nicht.
    Wie du auch strahlst in Diamantenpracht,
    Es fällt kein Strahl in deines Herzens Nacht.
    Das weiß ich längst. Ich sah dich ja im Traum,
    Und sah die Nacht in deines Herzens Raum,
    Und sah die Schlang’, die dir am Herzen frißt –
    Ich sah, mein

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