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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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umschlungen
    Als Bräut’gam den dümmsten der dummen Jungen.
    Mein Liebchen ist so schön und mild,
    Noch schwebt mir vor ihr süßes Bild;
    Die Veilchenaugen, die Rosenwänglein,
    Die glühen und blühen, jahraus, jahrein.
    Daß ich von solchem Lieb konnt weichen,
    War der dümmste von meinen dummen Streichen.
    30.
    Die blauen Veilchen der Äugelein,
    Die roten Rosen der Wängelein,
    Die weißen Lilien der Händchen klein,
    Die blühen und blühen noch immerfort,
    Und nur das Herzchen ist verdorrt.
    31.
    Die Welt ist so schön und der Himmel so blau,
    Und die Lüfte, die wehen so lind und so lau,
    Und die Blumen winken auf blühender Au,
    Und funkeln und glitzern im Morgentau,
    Und die Menschen jubeln, wohin ich schau –
    Und doch möcht ich im Grabe liegen,
    Und mich an ein totes Liebchen schmiegen.
    32.
    Mein süßes Lieb, wenn du im Grab,
    Im dunkeln Grab wirst liegen,
    Dann will ich steigen zu dir hinab,
    Und will mich an dich schmiegen.
    Ich küsse, umschlinge und presse dich wild,
    Du Stille, du Kalte, du Bleiche!
    Ich jauchze, ich zittre, ich weine mild,
    Ich werde selber zur Leiche.
    Die Toten stehn auf, die Mitternacht ruft,
    Sie tanzen im luftigen Schwarme;
    Wir beide bleiben in der Gruft,
    Ich liege in deinem Arme.
    Die Toten stehn auf, der Tag des Gerichts
    Ruft sie zu Qual und Vergnügen;
    Wir beide bekümmern uns um nichts,
    Und bleiben umschlungen liegen.
    33.
    Ein Fichtenbaum steht einsam
    Im Norden auf kahler Höh’.
    Ihn schläfert; mit weißer Decke
    Umhüllen ihn Eis und Schnee.
    Er träumt von einer Palme,
    Die, fern im Morgenland,
    Einsam und schweigend trauert
    Auf brennender Felsenwand.
34.
    Der Kopf spricht
    Ach, wenn ich nur der Schemel wär,
    Worauf der Liebsten Füße ruhn!
    Und stampfte sie mich noch so sehr,
    Ich wollte doch nicht klagen tun.
    Das Herz spricht:
    Ach, wenn ich nur das Kißchen wär,
    Wo sie die Nadeln steckt hinein!
    Und stäche sie mich noch so sehr,
    Ich wollte mich der Stiche freun.
    Das Lied spricht:
    Ach, wär ich nur das Stück Papier,
    Das sie als Papillote braucht!
    Ich wollte heimlich flüstern ihr
    Ins Ohr, was in mir lebt und haucht.
    35.
    Seit die Liebste war entfernt,
    Hatt ich’s Lachen ganz verlernt.
    Schlechten Witz riß mancher Wicht,
    Aber lachen konnt ich nicht.
    Seit ich sie verloren hab,
    Schafft ich auch das Weinen ab;
    Fast vor Weh das Herz mir bricht,
    Aber weinen kann ich nicht.
    36.
    Aus meinen großen Schmerzen
    Mach ich die kleinen Lieder;
    Die heben ihr klingend Gefieder
    Und flattern nach ihrem Herzen.
    Sie fanden den Weg zur Trauten,
    Doch kommen sie wieder und klagen,
    Und klagen, und wollen nicht sagen,
    Was sie im Herzen schauten.
    37.
    Philister in Sonntagsröcklein
    Spazieren durch Wald und Flur;
    Sie jauchzen, sie hüpfen wie Böcklein,
    Begrüßen die schöne Natur.
    Betrachten mit blinzelnden Augen,
    Wie alles romantisch blüht;
    Mit langen Ohren saugen
    Sie ein der Spatzen Lied.
    Ich aber verhänge die Fenster
    Des Zimmers mit schwarzem Tuch;
    Es machen mir meine Gespenster
    Sogar einen Tagesbesuch.
    Die alte Liebe erscheinet,
    Sie stieg aus dem Totenreich;
    Sie setzt sich zu mir und weinet,
    Und macht das Herz mir weich.
    38.
    Manch Bild vergessener Zeiten
    Steigt auf aus seinem Grab,
    Und zeigt, wie in deiner Nähe
    Ich einst gelebet hab.
    Am Tage schwankte ich träumend
    Durch alle Straßen herum,
    Die Leute verwundert mich ansahn,
    Ich war so traurig und stumm.
    Des Nachts, da war es besser,
    Da waren die Straßen leer;
    Ich und mein Schatten selbander,
    Wir wandelten schweigend einher.
    Mit widerhallendem Fußtritt
    Wandelt ich über die Brück’;
    Der Mond brach aus den Wolken
    Und grüßte mit ernstem Blick.
    Stehn blieb ich vor deinem Hause,
    Und starrte in die Höh’,
    Und starrte nach deinem Fenster –
    Das Herz tat mir so weh.
    Ich weiß, du hast aus dem Fenster
    Gar oft herabgesehn,
    Und sahst mich im Mondenlichte
    Wie eine Säule stehn.
    39.
    Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
    Die hat einen andern erwählt;
    Der andre liebt eine andre,
    Und hat sich mit dieser vermählt.
    Das Mädchen heiratet aus Ärger
    Den ersten besten Mann,
    Der ihr in den Weg gelaufen;
    Der Jüngling ist übel dran.
    Es ist eine alte Geschichte,
    Doch bleibt sie immer neu;
    Und wem sie just passieret,
    Dem bricht das Herz entzwei.
    40.
    Hör ich das Liedchen klingen,
    Das einst die Liebste sang,
    So will mir die Brust zerspringen
    Vor wildem Schmerzendrang.
    Es treibt mich ein dunkles Sehnen
    Hinauf zur Waldeshöh’,
    Dort löst sich auf

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