Sämtliche Werke
sich fest umschlungen und verschwinden. Man hört lautes Rufen und verworrene Stimmen.
Douglas, Gäste und Diener treten bestürzt herein.
Die Vorigen.
EIN DIENER.
Jesus Marie! hier liegt der edle Herr!
VIELE STIMMEN.
Mac-Gregor!
DOUGLAS.
Tot! tot ist der edle Laird.
Sucht nur den Mörder. Schließt des Schlosses Pforte.
MARGARETE
richtet sich langsam in die Höhe, nähert sich der Leiche Mac-Gregors und spricht im wahnsinnigen Tone.
Ei! ei! so blutig und so bleich lag auch
Der tote Edward Ratcliff an der Schloßmau’r.
Der böse, zornige Mac-Gregor hatte
Den armen Edward Ratcliff totgeschlagen! –
Weinend. –
Ich hab es nicht getan, hab’s nur gewußt.
Und den –
Zeigt nach Mac-Gregors Leiche. –
hat William Ratcliff totgeschlagen –
Und auch der William hat jetzt Ruh’. Er schläft
Jetzt bei Marie – still! still! – weckt sie nicht auf –
Sie geht auf den Fußzehen nach dem Kabinette und hebt die Gardine desselben auf. Man sieht die Leichen von Maria und William Ratcliff.
ALLE.
Entsetzlich!
MARGARETE
vergnügt lachend.
Sie sehn fast aus wie Edward und Schön-Betty!
Aus den Memoiren
des Herren von
Schnabelewopski
Entstanden Mitte der 1820er und 1830.
Erstdruck 1834.
Erstes Buch
~
I ~ II ~ III ~ IV ~ V
VI ~ VII ~ VIII ~ IX ~ X
XI ~ XII ~ XIII ~ XIV
~
Kapitel I
Mein Vater hieß Schnabelewopski; meine Mutter hieß Schnabelewopska; als beider ehelicher Sohn wurde ich geboren den ersten April 1795 zu Schnabelewops. Meine Großtante, die alte Frau von Pipitzka, pflegte meine erste Kindheit und erzählte mir viele schöne Märchen und sang mich oft in den Schlaf mit einem Liede, dessen Worte und Melodie meinem Gedächtnisse entfallen. Ich vergesse aber nie die geheimnisvolle Art, wie sie mit dem zitternden Kopfe nickte, wenn sie es sang, und wie wehmütig ihr großer einziger Zahn, der Einsiedler ihres Mundes, alsdann zum Vorschein kam. Auch erinnere ich mich noch manchmal des Papagois, über dessen Tod sie so bitterlich weinte. Die alte Großtante ist jetzt ebenfalls tot, und ich bin in der ganzen weiten Welt wohl der einzige Mensch, der an ihren lieben Papagoi noch denkt. Unsere Katze hieß Mimi, und unser Hund hieß Joli. Er hatte viel Menschenkenntnis und ging mir immer aus dem Wege, wenn ich zur Peitsche griff. Eines Morgens sagte unser Bedienter, der Hund trage den Schwanz etwas eingekniffen zwischen den Beinen und lasse die Zunge länger als gewöhnlich hervorhängen; und der arme Joli wurde, nebst einigen Steinen, die man ihm an den Hals festband, ins Wasser geworfen. Bei dieser Gelegenheit ertrank er. Unser Bedienter hieß Prrschtzztwitsch. Man muß dabei niesen, wenn man diesen Namen ganz richtig aussprechen will. Unsere Magd hieß Swurtszska, welches im Deutschen etwas rauh, im Polnischen aber äußerst melodisch klingt. Es war eine dicke, untersetzte Person mit weißen Haaren und blonden Zähnen. Außerdem liefen noch zwei schöne schwarze Augen im Hause herum, welche man Seraphine nannte. Es war mein schönes herzliebes Mühmelein, und wir spielten zusammen im Garten und belauschten die Haushaltung der Ameisen und haschten Schmetterlinge und pflanzten Blumen. Sie lachte einst wie toll, als ich meine kleinen Strümpfchen in die Erde pflanzte, in der Meinung, daß ein paar große Hosen für meinen Vater daraus hervorwachsen würden.
Mein Vater war die gütigste Seele von der Welt und war lange Zeit ein wunderschöner Mann; der Kopf gepudert, hinten ein niedlich geflochtenes Zöpfchen, das nicht herabhing, sondern mit einem Kämmchen von Schildkröte auf dem Scheitel befestigt war. Seine Hände waren blendend weiß, und ich küßte sie oft. Es ist mir, als röche ich noch ihren süßen Duft und er dränge mir stechend ins Auge. Ich habe meinen Vater sehr geliebt; denn ich habe nie daran gedacht, daß er sterben könne.
Mein Großvater väterlicher Seite war der alte Herr von Schnabelewopski; ich weiß gar nichts von ihm, außer daß er ein Mensch und daß mein Vater sein Sohn war. Mein Großvater mütterlicher Seite war der alte Herr von Wlrssrnski, und er ist abgemalt in einem scharlachroten Sammetrock und einem langen Degen, und meine Mutter erzählte mir oft, daß er einen Freund hatte, der einen grünseidenen Rock, rosaseidne Hosen und weißseidne Strümpfe trug und wütend den kleinen Chapeaubas hin und her schwenkte, wenn er vom König von Preußen sprach.
Meine Mutter, Frau von Schnabelewopska, gab mir, als ich heranwuchs, eine gute Erziehung. Sie hatte viel
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