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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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buntgeschmückt auch diese Kähne sind, so schiffen sie doch hinab ins Schattenreich des Todes. Die herrlichen Goldstrahlen der Sonne sind nur Scheidegrüße, es ist Abendzeit, und sie muß ebenfalls untergehen; sie wird nur noch einen blutroten Lichtstreif über die Erde werfen, und dann ist alles Nacht.
    Ebenso farbenglänzend und in seiner Bedeutung ebenso tragisch ist das historische Seitenstück, das ebenfalls einen sterbenden Kardinal-Minister, den Mazarin, darstellt. Er liegt in einem bunten Prachtbette in der buntesten Umgebung von lustigen Hofleuten und Dienerschaft, die miteinander schwatzen und Karten spielen und umherspazieren, lauter farbenschillernde, überflüssige Personen, am überflüssigsten für einen Mann, der auf dem Todbette liegt. Hübsche Kostüme aus der Zeit der Fronde, noch nicht überladen mit Goldtroddeln, Stickereien, Bändern und Spitzen, wie in Ludwigs XIV. späterer Prachtzeit, wo die letzten Ritter sich in hoffähige Kavaliere verwandelten, ganz in der Weise, wie auch das alte Schlachschwert sich allmählich verfeinerte, bis es endlich ein alberner Galanteriedegen wurde. Die Trachten auf dem Gemälde, wovon ich spreche, sind noch einfach, Rock und Koller erinnern noch an das ursprüngliche Kriegshandwerk des Adels, auch die Federn auf dem Hute sind noch keck und bewegen sich noch nicht ganz nach dem Hofwind. Die Haare der Männer wallen noch in natürlichen Locken über die Schulter, und die Damen tragen die witzige Frisur à la Sévigné. Die Kleider der Damen melden indes schon einen Übergang in die langschleppende, weitaufgebauschte Abgeschmacktheit der späteren Periode. Die Korsetts sind aber noch naiv zierlich, und die weißen Reize quellen daraus hervor, wie Blumen aus einem Füllhorn. Es sind lauter hübsche Damen auf dem Bilde, lauter hübsche Hofmasken: auf den Gesichtern lächelnde Liebe und vielleicht grauer Trübsinn im Herzen, die Lippen unschuldig wie Blumen und dahinter ein böses Zünglein, wie die kluge Schlange. Tändelnd und zischelnd sitzen drei dieser Damen, neben ihnen ein feinöhriger, spitzäugiger Priester mit lauschender Nase, vor der linken Seite des Krankenbettes. Vor der rechten Seite sitzen drei Chevaliers und eine Dame, die Karten spielen, wahrscheinlich Landsknecht, ein sehr gutes Spiel, das ich selbst in Göttingen gespielt und worin ich einmal sechs Taler gewonnen. Ein edler Hofmann in einem dunkelvioletten, rotbekreuzten Sammetmantel steht in der Mitte des Zimmers und macht die kratzfüßigste Verbeugung. Am rechten Ende des Gemäldes ergehen sich zwei Hofdamen und ein Abbé, welcher der einen ein Papier zu lesen gibt, vielleicht ein Sonett von eigner Fabrik, während er nach der andern schielt. Diese spielt hastig mit ihrem Fächer, dem luftigen Telegraphen der Liebe. Beide Damen sind allerliebste Geschöpfe, die eine morgenrötlich blühend wie eine Rose, die andere etwas dämmerungssüchtig, wie ein schmachtender Stern. Im Hintergrund des Gemäldes sitzt ebenfalls schwatzendes Hofgesinde und erzählt einander vielleicht allerlei Staatsunterrocksgeheimnisse oder wettet vielleicht, daß der Mazarin in einer Stunde tot sei. Mit diesem scheint es wirklich zu Ende zu gehen: sein Gesicht ist leichenblaß, sein Auge gebrochen, seine Nase bedenklich spitz, in seiner Seele erlischt allmählich jene schmerzliche Flamme, die wir Leben nennen, in ihm wird es dunkel und kalt, der Flügelschlag des nächtlichen Engels berührt schon seine Stirne; – in diesem Augenblicke wendet sich zu ihm die spielende Dame und zeigt ihm ihre Karten und scheint ihn zu fragen, ob sie mit ihrem Cœur trumpfen soll.
    Die zwei andern Gemälde von Delaroche geben Gestalten aus der englischen Geschichte. Sie sind in Lebensgröße und einfacher gemalt. Das eine zeigt die beiden Prinzen im Tower, die Richard III. ermorden läßt. Der junge König und sein jüngerer Bruder sitzen auf einem altertümlichen Ruhebette, und gegen die Türe des Gefängnisses läuft ihr kleines Hündchen, das durch Bellen die Ankunft der Mörder zu verraten scheint. Der junge König, noch halb Knabe und halb schon Jüngling, ist eine überaus rührende Gestalt. Ein gefangener König, wie Sterne so richtig fühlt, ist schon an und für sich ein wehmütiger Gedanke; und hier ist der gefangene König noch beinahe ein unschuldiger Knabe und hülflos preisgegeben einem tückischen Mörder. Trotz seines zarten Alters scheint er schon viel gelitten zu haben; in seinem bleichen, kranken Antlitz liegt schon

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