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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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deutschen Erde.
    Mancher leider wurde lahm
    Und nicht mehr nach Hause kam –
    Streckt verlangend aus die Arme,
    Daß der Herr sich sein erbarme!
    5.
Lumpentum
    Die reichen Leute, die gewinnt
    Man nur durch platte Schmeichelein –
    Das Geld ist platt, mein liebes Kind,
    Und will auch platt geschmeichelt sein.
    Das Weihrauchfaß, das schwinge keck
    Vor jedem göttlich goldnen Kalb;
    Bet an im Staub, bet an im Dreck,
    Vor allem aber lob nicht halb.
    Das Brot ist teuer dieses Jahr,
    Jedoch die schönsten Worte hat
    Man noch umsonst – Besinge gar
    Mäcenas’ Hund, und friß dich satt!
    6.
Erinnerung
    Dem einen die Perle, dem andern die Truhe,
    O Wilhelm Wisetzki, du starbest so fruhe –
    Doch die Katze, die Katz’ ist gerettet.
    Der Balken brach, worauf er geklommen,
    Da ist er im Wasser umgekommen –
    Doch die Katze, die Katz’ ist gerettet.
    Wir folgten der Leiche, dem lieblichen Knaben,
    Sie haben ihn unter Maiblumen begraben –
    Doch die Katze, die Katz’ ist gerettet.
    Bist klug gewesen, du bist entronnen
    Den Stürmen, hast früh ein Obdach gewonnen –
    Doch die Katze, die Katz’ ist gerettet.
    Bist früh entronnen, bist klug gewesen,
    Noch eh’ du erkranktest, bist du genesen –
    Doch die Katze, die Katz’ ist gerettet.
    Seit langen Jahren, wie oft, o Kleiner,
    Mit Neid und Wehmut gedenk ich deiner –
    Doch die Katze, die Katz’ ist gerettet.
    7.
Unvollkommenheit
    Nichts ist vollkommen hier auf dieser Welt.
    Der Rose ist der Stachel beigesellt;
    Ich glaube gar, die lieben holden Engel
    Im Himmel droben sind nicht ohne Mängel.
    Der Tulpe fehlt der Duft. Es heißt am Rhein:
    Auch Ehrlich stahl einmal ein Ferkelschwein.
    Hätte Lucretia sich nicht erstochen,
    Sie wär vielleicht gekommen in die Wochen.
    Häßliche Füße hat der stolze Pfau.
    Uns kann die amüsant geistreichste Frau
    Manchmal langweilen wie die Henriade
    Voltaires, sogar wie Klopstocks Messiade.
    Die bravste, klügste Kuh kein Spanisch weiß,
    Wie Maßmann kein Latein – Der Marmorsteiß
    Der Venus von Canova ist zu glatte,
    Wie Maßmanus Nase viel zu ärschig platte.
    Im süßen Lied ist oft ein saurer Reim,
    Wie Bienenstachel steckt im Honigseim.
    Am Fuß verwundbar war der Sohn der Thetis,
    Und Alexander Dumas ist ein Metis.
    Der strahlenreinste Stern am Himmelzelt,
    Wenn er den Schnupfen kriegt, herunterfällt.
    Der beste Äpfelwein schmeckt nach der Tonne,
    Und schwarze Flecken sieht man in der Sonne.
    Du bist, verehrte Frau, du selbst sogar
    Nicht fehlerfrei, nicht aller Mängel bar.
    Du schaust mich an – du fragst mich, was dir fehle?
    Ein Busen, und im Busen eine Seele.
    8.
Fromme Warnung
    Unsterbliche Seele, nimm dich in acht,
    Daß du nicht Schaden leidest,
    Wenn du aus dem Irdischen scheidest;
    Es geht der Weg durch Tod und Nacht.
    Am goldnen Tore der Hauptstadt des Lichts,
    Da stehen die Gottessoldaten;
    Sie fragen nach Werken und Taten,
    Nach Namen und Amt fragt man hier nichts.
    Am Eingang läßt der Pilger zurück
    Die stäubigen, drückenden Schuhe –
    Kehr ein, hier findest du Ruhe,
    Und weiche Pantoffeln und schöne Musik.
    9.
Der Abgekühlte
    Und ist man tot, so muß man lang
    Im Grabe liegen; ich bin bang,
    Ja, ich bin bang, das Auferstehen
    Wird nicht so schnell vonstatten gehen.
    Noch einmal, eh’ mein Lebenslicht
    Erlöschet, eh’ mein Herze bricht –
    Noch einmal möcht ich vor dem Sterben
    Um Frauenhuld beseligt werben.
    Und eine Blonde müßt es sein,
    Mit Augen sanft wie Mondenschein –
    Denn schlecht bekommen mir am Ende
    Die wild brünetten Sonnenbrände.
    Das junge Volk voll Lebenskraft
    Will den Tumult der Leidenschaft,
    Das ist ein Rasen, Schwören, Poltern
    Und wechselseit’ges Seelenfoltern!
    Unjung und nicht mehr ganz gesund,
    Wie ich es bin zu dieser Stund’,
    Möcht ich noch einmal lieben, schwärmen
    Und glücklich sein – doch ohne Lärmen.
    10.
Salomo
    Verstummt sind Pauken, Posaunen und Zinken.
    An Salomos Lager Wache halten
    Die schwertgegürteten Engelgestalten,
    Sechstausend zur Rechten, sechstausend zur Linken.
    Sie schützen den König vor träumendem Leide,
    Und zieht er finster die Brauen zusammen,
    Da fahren sogleich die stählernen Flammen,
    Zwölftausend Schwerter, hervor aus der Scheide.
    Doch wieder zurück in die Scheide fallen
    Die Schwerter der Engel. Das nächtliche Grauen
    Verschwindet, es glätten sich wieder die Brauen
    Des Schläfers, und seine Lippen lallen:
    »O Sulamith! Das Reich ist mein Erbe,
    Die Lande sind mir untertänig,
    Bin über Juda und Israel

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