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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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König –
    Doch liebst du mich nicht, so welk ich und sterbe.«
    11.
Verlorene Wünsche
    Von der Gleichheit der Gemütsart
    Wechselseitig angezogen,
    Waren wir einander immer
    Mehr als uns bewußt gewogen.
    Beide ehrlich und bescheiden,
    Konnten wir uns leicht verstehen;
    Worte waren überflüssig,
    Brauchten uns nur anzusehen.
    O wie sehnlich wünscht ich immer,
    Daß ich bei dir bleiben könnte
    Als der tapfre Waffenbruder
    Eines Dolcefarniente.
    Ja, mein liebster Wunsch war immer,
    Daß ich immer bei dir bliebe!
    Alles, was dir wohlgefiele,
    Alles tät ich dir zuliebe.
    Würde essen, was dir schmeckte,
    Und die Schüssel gleich entfernen,
    Die dir nicht behagt. Ich würde
    Auch Zigarren rauchen lernen.
    Manche polnische Geschichte,
    Die dein Lachen immer weckte,
    Wollt ich wieder dir erzählen
    In Judäas Dialekte.
    Ja, ich wollte zu dir kommen,
    Nicht mehr in der Fremde schwärmen –
    An dem Herde deines Glückes
    Wollt ich meine Kniee wärmen. – –
    Goldne Wünsche! Seifenblasen!
    Sie zerrinnen wie mein Leben –
    Ach, ich liege jetzt am Boden,
    Kann mich nimmermehr erheben.
    Und Ade! sie sind zerronnen,
    Goldne Wünsche, süßes Hoffen!
    Ach, zu tödlich war der Faustschlag,
    Der mich just ins Herz getroffen.
    12.
Gedächtnisfeier
    Keine Messe wird man singen,
    Keinen Kadosch wird man sagen,
    Nichts gesagt und nichts gesungen
    Wird an meinen Sterbetagen.
    Doch vielleicht an solchem Tage,
    Wenn das Wetter schön und milde,
    Geht spazieren auf Montmartre
    Mit Paulinen Frau Mathilde.
    Mit dem Kranz von Immortellen
    Kommt sie, mir das Grab zu schmücken,
    Und sie seufzet: »Pauvre homme!«
    Feuchte Wehmut in den Blicken.
    Leider wohn ich viel zu hoch,
    Und ich habe meiner Süßen
    Keinen Stuhl hier anzubieten;
    Ach! sie schwankt mit müden Füßen.
    Süßes, dickes Kind, du darfst
    Nicht zu Fuß nach Hause gehen;
    An dem Barrieregitter
    Siehst du die Fiaker stehen.
    13.
Wiedersehen
    Die Geißblattlaube – Ein Sommerabend –
    Wir saßen wieder wie eh’mals am Fenster –
    Der Mond ging auf, belebend und labend –
    Wir aber waren wie zwei Gespenster.
    Zwölf Jahre schwanden, seitdem wir beisammen
    Zum letzten Male hier gesessen;
    Die zärtlichen Gluten, die großen Flammen,
    Sie waren erloschen unterdessen.
    Einsilbig saß ich. Die Plaudertasche,
    Das Weib hingegen schürte beständig
    Herum in der alten Liebesasche.
    Jedoch kein Fünkchen ward wieder lebendig.
    Und sie erzählte: wie sie die bösen
    Gedanken bekämpft, eine lange Geschichte,
    Wie wackelig schon ihre Tugend gewesen –
    Ich machte dazu ein dummes Gesichte.
    Als ich nach Hause ritt, da liefen
    Die Bäume vorbei in der Mondenhelle,
    Wie Geister. Wehmütige Stimmen riefen –
    Doch ich und die Toten, wir ritten schnelle.
    14.
Frau Sorge
    In meines Glückes Sonnenglanz,
    Da gaukelte fröhlich der Mückentanz.
    Die lieben Freunde liebten mich
    Und teilten mit mir brüderlich
    Wohl meinen besten Braten
    Und meinen letzten Dukaten.
    Das Glück ist fort, der Beutel leer,
    Und hab auch keine Freunde mehr;
    Erloschen ist der Sonnenglanz,
    Zerstoben ist der Mückentanz,
    Die Freunde, so wie die Mücke,
    Verschwinden mit dem Glücke.
    An meinem Bett in der Winternacht
    Als Wärterin die Sorge wacht.
    Sie trägt eine weiße Unterjack’,
    Ein schwarzes Mützchen, und schnupft Tabak.
    Die Dose knarrt so gräßlich,
    Die Alte nickt so häßlich.
    Mir träumt manchmal, gekommen sei
    Zurück das Glück und der junge Mai
    Und die Freundschaft und der Mückenschwarm –
    Da knarrt die Dose – daß Gott erbarm,
    Es platzt die Seifenblase –
    Die Alte schneuzt die Nase.
    15.
An die Engel
    Das ist der böse Thanatos,
    Er kommt auf einem fahlen Roß;
    Ich hör den Hufschlag, hör den Trab,
    Der dunkle Reiter holt mich ab –
    Er reißt mich fort, Mathilden soll ich lassen,
    Oh, den Gedanken kann mein Herz nicht fassen!
    Sie war mir Weib und Kind zugleich,
    Und geh ich in das Schattenreich,
    Wird Witwe sie und Waise sein!
    Ich laß in dieser Welt allein
    Das Weib, das Kind, das, trauend meinem Mute,
    Sorglos und treu an meinem Herzen ruhte.
    Ihr Engel in den Himmelshöhn,
    Vernehmt mein Schluchzen und mein Flehn:
    Beschützt, wenn ich im öden Grab,
    Das Weib, das ich geliebet hab;
    Seid Schild und Vögte eurem Ebenbilde,
    Beschützt, beschirmt mein armes Kind, Mathilde.
    Bei allen Tränen, die ihr je
    Geweint um unser Menschenweh,
    Beim Wort, das nur der Priester kennt
    Und niemals ohne Schauder nennt,
    Bei eurer eignen Schönheit, Huld und Milde,
    Beschwör ich

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