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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Landung in England bewerkstelligen kann.
    In Boulogne wäre eine solche Dampfflotte bis zum Tage der Ausfahrt von unzähligen kleinen Forts beschützt. Letztere, welche die ganze Küste der Departements du Nord und de la Manche umgehen, sind auf Felsen gepflanzt, die, aus dem Meere hervorragend, wie vor Anker liegende steinerne Kriegsschiffe aussehen. Sie sind während der langen Friedenszeit etwas baufällig geworden, jetzt aber werden sie mit großem Eifer gerüstet. Von allen Seiten sah ich zu diesem Behufe eine Menge blanke Kanonen heranschleppen, die mich sehr freundlich anlachten; denn diese klugen Geschöpfe teilen meine Antipathie gegen die Engländer und werden solche gewiß weit donnernder und treffender aussprechen. Beiläufig bemerke ich, daß die Kanonen der französischen Küstenforts über ein Drittel weiter schießen als die englischen Schiffskanonen, welche zwar von so großem Kaliber, aber nicht von derselben Länge sein können.
    Hier in der Normandie haben die Kriegsgerüchte alle Nationalgefühle und Nationalerinnerungen aufgeregt, und als ich im Wirtshaus zu Saint-Valéry, während des Tischgesprächs den Plan einer Landung in England diskutieren hörte, fand ich die Sache durchaus nicht lächerlich: denn auf derselben Stelle hatte sich einst Wilhelm der Eroberer eingeschifft, und seine damaligen Kameraden waren ebensolche Normannen wie die guten Leute, die ich jetzt eine ähnliche Unternehmung besprechen hörte. Möge der stolze englische Adel nie vergessen, daß es Bürger und Bauern in der Normandie gibt, die ihre Blutsverwandtschaft mit den vornehmsten Häusern Englands urkundlich beweisen können und gar nicht übel Lust hätten, ihren lieben Vettern und Basen einen Besuch abzustatten.
    Der englische Adel ist im Grunde der jüngste in Europa, trotz der hochklingenden Namen, die selten ein Zeichen der Abstammung, sondern gewöhnlich nur ein übertragener Titel sind. Der übertriebene Hochmut dieser Lordships und Ladyships ist vielleicht eine Nücke ihrer parvenierten Jugendlichkeit, wie denn immer, je jünger der Stammbaum, desto grünlich bitterer die Früchtchen. Jener Hochmut trieb einst die englische Ritterschaft in den verderblichen Kampf mit den demokratischen Richtungen und Ansprüchen Frankreichs, und es ist leicht möglich, daß ihre jüngsten Übermüte aus ähnlichen Gründen entsprungen: denn zu unserer größten Verwunderung fanden wir, daß bei jener Gelegenheit die Tories mit den Whigs übereinstimmten.
    Woher aber kommt es, daß solche Emeute aller aristokratischen Interessen immer im englischen Volke so vielen Anklang fand? Der Grund liegt darin, daß erstens das ganze englische Volk, die Gentry ebensogut wie die High nobility und der Mob ebensogut wie jene, von sehr aristokratischer Gesinnung sind, und zweitens, weil immer im Herzen der Engländer eine geheime Eifersucht, wie ein böses Geschwür, juckt und eitert, sobald in Frankreich ein behaglicher Wohlstand emporblüht, sobald die französische Industrie durch den Frieden gedeiht und die französische Marine sich bedeutend ausbildet.
    Namentlich in Beziehung auf die Marine wird den Engländern die gehässigste Mißgunst zugeschrieben, und in den französischen Häfen zeigt sich wirklich eine Entwickelung von Kräften, die leicht den Glauben erregt, die englische Seemacht in einiger Zeit von der französischen überflügelt zu sehen. Erstere ist seit zwanzig Jahren stationär geblieben, statt daß letztere im tätigsten Fortschritt begriffen ist. Ich habe in einem früheren Briefe bereits bemerkt, wie im Arsenal zu Toulon der Bau der Kriegsschiffe so eifrig betrieben worden, daß im Fall eines Krieges binnen kurzer Frist fast doppelt so viele Schiffe, wie Frankreich 1814 besitzen durfte, in See stechen können. Ein Leipziger Tagesblatt widersprach dieser Behauptung in einer ziemlich herben Weise; ich kann nur die Achsel darüber zucken, denn dergleichen Angaben schöpfe ich nicht aus bloßem Hörensagen, sondern aus der unmittelbarsten Anschauung. In Cherbourg, wo ich mich vor acht Tagen befand (ein gut Stück französischer Marine plätschert dort im Hafen), versicherte man mir, daß zu Brest ebenfalls doppelt so viele Kriegsschiffe befindlich wie früher, nämlich über funfzehn Linienschiffe, Fregatten und Briggs, von der anständigsten Kanonenzahl, teils ganz, teils bis auf einige Zwanzigstel fertiggebaut und ausgerüstet. In vier Wochen werde ich Gelegenheit haben, sie persönlich kennenzulernen. Bis dahin begnüge

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