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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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trampelnd
    Deklamierende Passion,
    Jenes Pathos, das mit flatternd
    Aufgelöstem Haar einherstürmt.
    Sittsam birgt die stille Fürstin
    In der Haube ihre Zöpfe;
    Blickt so sanft wie die Gazelle,
    Blüht so schlank wie eine Addas.
    Sie erlaubt dem Liebsten alles,
    Ausgenommen Tabakrauchen –
    »Liebster! Rauchen ist verboten,
    Weil es heute Sabbat ist.
    Dafür aber heute mittag
    Soll dir dampfen, zum Ersatz,
    Ein Gericht, das wahrhaft göttlich –
    Heute sollst du Schalet essen!«
    Schalet, schöner Götterfunken,
    Tochter aus Elysium!
    Also klänge Schillers Hochlied,
    Hätt er Schalet je gekostet.
    Schalet ist die Himmelspeise,
    Die der liebe Herrgott selber
    Einst den Moses kochen lehrte
    Auf dem Berge Sinai,
    Wo der Allerhöchste gleichfalls
    All die guten Glaubenslehren
    Und die heil’gen Zehn Gebote
    Wetterleuchtend offenbarte.
    Schalet ist des wahren Gottes
    Koscheres Ambrosia,
    Wonnebrot des Paradieses,
    Und mit solcher Kost verglichen
    Ist nur eitel Teufelsdreck
    Das Ambrosia der falschen
    Heidengötter Griechenlands,
    Die verkappte Teufel waren.
    Speist der Prinz von solcher Speise,
    Glänzt sein Auge wie verkläret,
    Und er knöpfet auf die Weste,
    Und er spricht mit sel’gem Lächeln:
    »Hör ich nicht den Jordan rauschen?
    Sind das nicht die Brüselbrunnen
    In dem Palmental von Beth-El,
    Wo gelagert die Kamele?
    Hör ich nicht die Herdenglöckchen?
    Sind das nicht die fetten Hämmel,
    Die vom Gileathgebirge
    Abendlich der Hirt herabtreibt?«
    Doch der schöne Tage verflittert;
    Wie mit langen Schattenbeinen
    Kommt geschritten der Verwünschung
    Böse Stund’ – Es seufzt der Prinz.
    Ist ihm doch, als griffen eiskalt
    Hexenfinger in sein Herze.
    Schon durchrieseln ihn die Schauer
    Hündischer Metamorphose.
    Die Prinzessin reicht dem Prinzen
    Ihre güldne Nardenbüchse.
    Langsam riecht er – Will sich laben
    Noch einmal an Wohlgerüchen.
    Es kredenzet die Prinzessin
    Auch den Abschiedstrunk dem Prinzen –
    Hastig trinkt er, und im Becher
    Bleiben wen’ge Tropfen nur.
    Er besprengt damit den Tisch,
    Nimmt alsdann ein kleines Wachslicht,
    Und er tunkt es in die Nässe,
    Daß es knistert und erlischt.
    Jehuda Ben Halevy
1.
    »Lechzend klebe mir die Zunge
    An dem Gaumen, und es welke
    Meine rechte Hand, vergäß ich
    Jemals dein, Jerusalem –«
    Wort und Weise, unaufhörlich
    Schwirren sie mir heut im Kopfe,
    Und mir ist, als hört ich Stimmen,
    Psalmodierend, Männerstimmen –
    Manchmal kommen auch zum Vorschein
    Bärte, schattig lange Bärte –
    Traumgestalten, wer von euch
    Ist Jehuda ben Halevy?
    Doch sie huschen rasch vorüber;
    Die Gespenster scheuen furchtsam
    Der Lebend’gen plumpen Zuspruch –
    Aber ihn hab ich erkannt –
    Ich erkannt ihn an der bleichen
    Und gedankenstolzen Stirne,
    An der Augen süßer Starrheit –
    Sahn mich an so schmerzlich forschend –
    Doch zumeist erkannt ich ihn
    An dem rätselhaften Lächeln
    Jener schön gereimten Lippen,
    Die man nur bei Dichtern findet.
    Jahre kommen und verfließen.
    Seit Jehuda ben Halevy
    Ward geboren, sind verflossen
    Siebenhundertfunfzig Jahre –
    Hat zuerst das Licht erblickt
    Zu Toledo in Kastilien,
    Und es hat der goldne Tajo
    Ihm sein Wiegenlied gelullet.
    Für Entwicklung seines Geistes
    Sorgte früh der strenge Vater,
    Der den Unterricht begann
    Mit dem Gottesbuch, der Thora.
    Diese las er mit dem Sohne
    In dem Urtext, dessen schöne,
    Hieroglyphisch pittoreske,
    Altchaldäische Quadratschrift
    Herstammt aus dem Kindesalter
    Unsrer Welt, und auch deswegen
    Jedem kindlichen Gemüte
    So vertraut entgegenlacht.
    Diesen echten alten Text
    Rezitierte auch der Knabe
    In der uralt hergebrachten
    Singsangweise, Tropp geheißen –
    Und er gurgelte gar lieblich
    Jene fetten Gutturalen,
    Und er schlug dabei den Triller,
    Den Schalscheleth, wie ein Vogel.
    Auch den Targum Onkelos,
    Der geschrieben ist in jenem
    Plattjudäischen Idiom,
    Das wir Aramäisch nennen
    Und zur Sprache der Propheten
    Sich verhalten mag etwa
    Wie das Schwäbische zum Deutschen –
    Dieses Gelbveiglein-Hebräisch
    Lernte gleichfalls früh der Knabe,
    Und es kam ihm solche Kenntnis
    Bald darauf sehr gut zustatten
    Bei dem Studium des Talmuds.
    Ja, frühzeitig hat der Vater
    ihn geleitet zu dem Talmud,
    Und da hat er ihm erschlossen
    Die Halacha, diese große
    Fechterschule, wo die besten
    Dialektischen Athleten
    Babylons und Pumpedithas
    Ihre Kämpferspiele trieben.
    Lernen konnte hier der Knabe
    Alle Künste der Polemik;
    Seine Meisterschaft bezeugte
    Späterhin

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