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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Halevy
    Starb zu Füßen seiner Liebsten,
    Und sein sterbend Haupt, es ruhte
    Auf den Knien Jerusalems.
    3.
    Nach der Schlacht bei Arabella
    Hat der große Alexander
    Land und Leute des Darius,
    Hof und Harem, Pferde, Weiber,
    Elefanten und Dariken,
    Kron’ und Zepter, goldnen Plunder,
    Eingesteckt in seine weiten
    Mazedon’schen Pluderhosen.
    In dem Zelt des großen Königs,
    Der entflohn, um nicht höchstselbst
    Gleichfalls eingesteckt zu werden,
    Fand der junge Held ein Kästchen,
    Eine kleine güldne Truhe,
    Mit Miniaturbildwerken
    Und mit inkrustierten Steinen
    Und Kameen reich geschmückt –
    Dieses Kästchen, selbst ein Kleinod
    Unschätzbaren Wertes, diente
    Zur Bewahrung von Kleinodien,
    Des Monarchen Leibjuwelen.
    Letztre schenkte Alexander
    An die Tapfern seines Heeres,
    Darob lächelnd, daß sich Männer
    Kindisch freun an bunten Steinchen.
    Eine kostbar schönste Gemme
    Schickte er der lieben Mutter;
    War der Siegelring des Cyrus,
    Wurde jetzt zu einer Brosche.
    Seinem alten Weltarschpauker
    Aristoteles, dem sandt er
    Einen Onyx für sein großes
    Naturalienkabinett.
    In dem Kästchen waren Perlen,
    Eine wunderbare Schnur,
    Die der Königin Atossa
    Einst geschenkt der falsche Smerdis –
    Doch die Perlen waren echt –
    Und der heitre Sieger gab sie
    Einer schönen Tänzerin
    Aus Korinth, mit Namen Thais.
    Diese trug sie in den Haaren,
    Die bacchantisch aufgelöst,
    In der Brandnacht, als sie tanzte
    Zu Persepolis und frech
    In die Königsburg geschleudert
    Ihre Fackel, daß laut prasselnd
    Bald die Flammenlohe aufschlug,
    Wie ein Feuerwerk zum Feste.
    Nach dem Tod der schönen Thais,
    Die an einer babylon’schen
    Krankheit starb zu Babylon,
    Wurden ihre Perlen dort
    Auf dem Börsensaal vergantert.
    Sie erstand ein Pfaff’ aus Memphis,
    Der sie nach Ägypten brachte,
    Wo sie später auf dem Putztisch
    Der Kleopatra erschienen,
    Die die schönste Perl’ zerstampft
    Und mit Wein vermischt verschluckte,
    Um Antonius zu foppen.
    Mit dem letzten Omayaden
    Kam die Perlenschnur nach Spanien,
    Und sie schlängelte am Turban
    Des Kalifen zu Corduba.
    Abderam der Dritte trug sie
    Als Brustschleife beim Turnier,
    Wo er dreißig goldne Ringe
    Und das Herz Zuleimas stach.
    Nach dem Fall der Mohrenherrschaft
    Gingen zu den Christen über
    Auch die Perlen, und gerieten
    In den Kronschatz von Kastilien.
    Die kathol’schen Majestäten
    Span’scher Königinnen schmückten
    Sich damit bei Hoffestspielen,
    Stiergefechten, Prozessionen,
    So wie auch Autodafés,
    Wo sie, auf Balkonen sitzend,
    Sich erquickten am Geruche
    Von gebratnen alten Juden.
    Späterhin gab Mendizabel,
    Satansenkel, diese Perlen
    In Versatz, um der Finanzen
    Defizit damit zu decken.
    An dem Hof der Tuilerien
    Kam die Schnur zuletzt zum Vorschein,
    Und sie schimmerte am Halse
    Der Baronin Salomon.
    So erging’s den schönen Perlen.
    Minder abenteuerlich
    Ging’s dem Kästchen, dies behielt
    Alexander für sich selber.
    Er verschloß darin die Lieder
    Des ambrosischen Homeros,
    Seines Lieblings, und zu Häupten
    Seines Bettes in der Nacht
    Stand das Kästchen – Schlief der König,
    Stiegen draus hervor der Helden
    Lichte Bilder, und sie schlichen
    Gaukelnd sich in seine Träume.
    Andre Zeiten, andre Vögel –
    Ich, ich liebte weiland gleichfalls
    Die Gesänge von den Taten
    Des Peliden, des Odysseus.
    Damals war so sonnengoldig
    Und so purpurn mir zumute,
    Meine Stirn umkränzte Weinlaub,
    Und es tönten die Fanfaren –
    Still davon – gebrochen liegt
    Jetzt mein stolzer Siegeswagen,
    Und die Panther, die ihn zogen,
    Sind verreckt, so wie die Weiber,
    Die mit Pauk’ und Zimbelklängen
    Mich umtanzten, und ich selbst
    Wälze mich am Boden elend,
    Krüppelelend – still davon –
    Still davon – es ist die Rede
    Von dem Kästchen des Darius,
    Und ich dacht in meinem Sinne:
    Käm ich in Besitz des Kästchens,
    Und mich zwänge nicht Finanznot,
    Gleich dasselbe zu versilbern,
    So verschlösse ich darin
    Die Gedichte unsres Rabbi –
    Des Jehuda ben Halevy
    Festgesänge, Klagelieder,
    Die Ghaselen, Reisebilder
    Seiner Wallfahrt – alles ließ’ ich
    Von dem besten Zophar schreiben
    Auf der reinsten Pergamenthaut,
    Und ich legte diese Handschrift
    In das kleine goldne Kästchen.
    Dieses stellt’ ich auf den Tisch
    Neben meinem Bett, und kämen
    Dann die Freunde und erstaunten
    Ob der Pracht der kleinen Truhe,
    Ob den seltnen Basreliefen,
    Die so winzig, doch vollendet
    Sind zugleich, und ob den großen
    Inkrustierten Edelsteinen

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