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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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sagen! Der wird doch
Um meiner Haare nicht gekommen sein?
     
    Hermann.
Was? Allerdings! Bei unsrer großen Hertha!
Hat dir Ventidius das noch nicht gesagt?
     
    Thusnelda.
Ach, geh! Du bist ein Affe.
     
    Hermann.   Nun, ich schwörs dir. –
Wer war es schon, der jüngst beim Mahl erzählte,
Was einer Frau in Ubien begegnet?
     
    Thusnelda.
Wem? Einer Ubierin?
     
    Hermann.       Das weißt du nicht mehr?
     
    Thusnelda.
Nein, Lieber! – Daß drei Römer sie, meinst du,
In Staub gelegt urplötzlich und gebunden –?
     
    Hermann.
Nun ja! Und ihr nicht bloß, vom Haupt hinweg,
Das Haar, das goldene, die Zähne auch,
Die elfenbeinernen, mit einem Werkzeug,
Auf offner Straße, aus dem Mund genommen?
     
    Thusnelda.
Ach, geh! Laß mich zufrieden.
     
    Hermann.    Das glaubst du nicht?
     
    Thusnelda.
Ach, was! Ventidius hat mir gesagt,
Das wär ein Märchen.
     
    Hermann. Ein Märchen! So!
Ventidius hat ganz recht, wahrhaftig,
Sein Schäfchen, für die Schurzeit, sich zu kirren.
     
    Thusnelda.
Nun, der wird doch den Kopf mir selber nicht –?
     
    Hermann.
Ventidius? Hm! Ich steh für nichts, mein Kind.
     
    Thusnelda (lacht).
Was? Er? Er, mir? Nun, das muß ich gestehn –!
     
    Hermann.
Du lachst. Es sei. Die Folge wird es lehren.
     
    (Pause.)
     
    Thusnelda (ernsthaft).
Was denn, in aller Welt, was machen sie
In Rom, mit diesen Haaren, diesen Zähnen?
     
    Hermann.
Was du für Fragen tust, so wahr ich lebe!
     
    Thusnelda.
Nun ja! Wie nutzen sie, bei allen Nornen!
Auf welche Art gebrauchen sie die Dinge?
Sie können doch die fremden Locken nicht
An ihre eignen knüpfen, nicht die Zähne
Aus ihrem eignen Schädel wachsen machen?
     
    Hermann.
Aus ihrem eignen Schädel wachsen machen!
     
    Thusnelda.
Nun also! Wie verfahren sie? So sprich!
     
    Hermann (mit Laune).
Die schmutzgen Haare schneiden sie sich ab,
Und hängen unsre trocknen um die Platte!
Die Zähne reißen sie, die schwarzen, aus,
Und stecken unsre weißen in die Lücken!
     
    Thusnelda.
Was!
     
    Hermann.
    In der Tat! Ein Schelm, wenn ich dir lüge. –
     
    Thusnelda (glühend).
Bei allen Rachegöttern! Allen Furien!
Bei allem, was die Hölle finster macht!
Mit welchem Recht, wenn dem so ist,
Vom Kopf uns aber nehmen sie sie weg?
     
    Hermann.
Ich weiß nicht, Thuschen, wie du heut dich stellst.
Steht August nicht, mit den Kohorten,
In allen Ländern siegreich aufgepflanzt?
Für wen erschaffen ward die Welt, als Rom?
Nimmt August nicht dem Elefanten
Das Elfenbein, das Öl der Bisamkatze,
Dem Panthertier das Fell, dem Wurm die Seide?
Was soll der Deutsche hier zum voraus haben?
     
    Thusnelda (sieht ihn an).
Was wir zum voraus sollen –?
     
    Hermann.    Allerdings.
     
    Thusnelda.
Daß du verderben müßtest, mit Vernünfteln!
Das sind ja Tiere, Querkopf, der du bist,
Und keine Menschen!
     
    Hermann.       Menschen! ja, mein Thuschen,
Was ist der Deutsche in der Römer Augen?
     
    Thusnelda.
Nun, doch kein Tier, hoff ich –?
     
    Hermann.   Was? – Eine Bestie,
Die auf vier Füßen in den Wäldern läuft!
Ein Tier, das, wo der Jäger es erschaut,
Just einen Pfeilschuß wert, mehr nicht,
Und ausgeweidet und gepelzt dann wird!
     
    Thusnelda.
Ei, die verwünschte Menschenjägerei!
Ei, der Dämonenstolz! Der Hohn der Hölle!
     
    Hermann (lacht).
Nun wird ihr bang, um ihre Zähn und Haare.
     
    Thusnelda.
Ei, daß wir, wie die grimmgen Eber, doch
Uns über diese Schützen werfen könnten!
     
    Hermann (ebenso).
Wie sie nur aussehn wird! Wie’n Totenkopf!
     
    Thusnelda.
Und diese Römer nimmst du bei dir auf?
     
    Hermann.
Ja, Thuschen! Liebste Frau, was soll ich machen?
Soll ich, um deiner gelben Haare,
Mit Land und Leut in Kriegsgefahr mich stürzen?
     
    Thusnelda.
Um meiner Haare! Was? Gilt es sonst nichts?
Meinst du, wenn Varus so gestimmt, er werde
Das Fell dir um die nackten Schultern lassen?
     
    Hermann.
Sehr wahr, beim Himmel! Das bedacht ich nicht.
Es sei! Ich will die Sach mir überlegen.
     
    Thusnelda.
Dir überlegen! – Er rücket ja schon ein!
     
    Hermann.
Je nun, mein Kind. Man schlägt ihn wieder ‘naus.
     
    (Sie sieht ihn an.)
     
    Thusnelda.
Ach, geh! Ein Geck bist du, ich sehs, und äffst mich!
Nicht, nicht? Gestehs mir nur: du scherztest bloß?
     
    Hermann (küßt sie).
Ja. – Mit der Wahrheit, wie ein Abderit.
– Warum soll sich, von seiner Not,
Der Mensch, auf muntre Art, nicht unterhalten? –
Die Sach ist zehnmal schlimmer, als ichs machte,
Und doch auch, wieder so betrachtet,
Bei weitem nicht so

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