Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Korb voll hier zurück.
Nun, diesen Zufall wahrlich nenn’ ich günstig.
Hier, diese duft’gen Blüthen raff’ ich auf.
Und winde den Pelidenkranz dir. Soll ich?
(sie setzt sich an der Eiche nieder)
Penthesilea.
Du Liebe! Treffliche! Wie du mich rührst. –
Wohlan! Und diese Hundertblättrigen
Ich dir zum Siegerkranz Lykaons. Komm.
(sie rafft gleichfalls einige Rosen auf, und setzt sich neben Prothoe nieder)
Musik, ihr Frau’n, Musik! Ich bin nicht ruhig.
Laßt den Gesang erschallen! Macht mich still.
Eine Jungfrau. (aus ihrem Gefolge)
Was wünschest du?
Eine Andere. Den Siegsgesang?
Penthesilea. – Die Hymne.
Die Jungfrau.
Es sei. – O die Betrogene! – Singt! Spielt!
Chor der Jungfraun. (mit Musik)
Ares entweicht!
Seht, wie sein weißes Gespann
Fernhin dampfend zum Orkus niedereilt!
Die Eumeniden öffnen, die scheußlichen:
Sie schließen die Thore wieder hinter ihm zu.
Eine Jungfrau.
Hymen! Wo weilst du?
Zünde die Fackel an, und leuchte! leuchte!
Hymen! wo weilst du?
Chor.
Ares entweicht! u. s. w.
Achilles. (nähert sich während des Gesanges der Prothoe heimlich)
Sprich! Wohin führt mich dies? Ich will es wissen!
Prothoe.
Noch einen Augenblick, Großherziger,
Fleh’ ich dich um Geduld – du wirst es sehn.
(Wenn die Kränze gewunden sind, wechselt Penthesilea den ihrigen gegen den Kranz der Prothoe, sie umarmen sich und betrachten die Windungen. Die Musik schweigt)
Die Amazone. (kehrt zurück)
Penthesilea.
Hast du’s bestellt?
Die Amazone. Lykaon wird sogleich,
Der junge Prinz Arkadiens, erscheinen.
Fünfzehnter Auftritt.
Penthesilea, Prothoe, Achilles, Amazonen.
Penthesilea.
Komm jetzt, du süsser Nereïdensohn,
Komm, lege dich zu Füssen mir – Ganz her!
Nur dreist heran! – – Du fürchtest mich doch nicht?
– Verhaßt nicht, weil ich siegte, bin ich dir?
Sprich! Fürchtest du, die dich in Staub gelegt?
Achilles. (zu ihren Füssen)
Wie Blumen Sonnenschein.
Penthesilea. Gut, gut gesagt!
So sieh mich auch wie deine Sonne an.
Diana, meine Herrscherinn, er ist
Verletzt!
Achilles.
Geritzt am Arm, du siehst, nichts weiter.
Penthesilea.
Ich bitte dich, Pelide, glaube nicht,
Daß ich jemals nach deinem Leben zielte.
Zwar gern mit diesem Arm hier traf ich dich;
Doch als du niedersankst, beneidete,
Hier diese Brust den Staub, der dich empfieng.
Achilles.
Wenn du mich liebst, so sprichst du nicht davon.
Du siehst es heilt schon.
Penthesilea. So verzeihst du mir?
Achilles.
Von ganzem Herzen. –
Penthesilea. Jetzt – kannst du mir sagen,
Wie es die Liebe macht, der Flügelknabe,
Wenn sie den störr’gen Leun in Fesseln schlägt?
Achilles.
Sie streichelt, denk’ ich, seine rauhen Wangen,
So hält er still.
Penthesilea. Nun denn, so wirst du dich
Nicht mehr als eine junge Taube regen,
Um deren Hals ein Mädchen Schlingen legt.
Denn die Gefühle dieser Brust, o Jüngling,
Wie Hände sind sie, und sie streicheln dich.
(sie umschlingt ihn mit Kränzen)
Achilles.
Wer bist du, wunderbares Weib?
Penthesilea. Gieb her. –
Ich sagte still! Du wirst es schon erfahren.
– Hier diese leichte Rosenwindung nur
Um deine Scheitel, deinen Nacken hin –
Zu deinen Armen, Händen, Füssen nieder –
Und wieder auf zum Haupt – – so ist’s geschehn.
– Was athmest du?
Achilles. Duft deiner süssen Lippen.
Penthesilea. (indem sie sich zurückbeugt)
Es sind die Rosen, die Gerüche streun.
– Nichts, nichts!
Achilles. Ich wollte sie am Stock versuchen.
Penthesilea.
Sobald sie reif sind, Liebster, pflückst du sie.
(sie setzt ihm noch einen Kranz auf die Scheitel und läßt ihn gehn)
Jetzt ist’s geschehn. – O sieh, ich bitte dich,
Wie der zerfloßne Rosenglanz ihm steht!
Wie sein gewitterdunkles Antlitz schimmert!
Der junge Tag, wahrhaftig, liebste Freundinn,
Wenn ihn die Horen von den Bergen führen,
Demanten perlen unter seinen Tritten:
Er sieht so weich und mild nicht drein, als er.
Sprich! Dünkt’s dich nicht, als ob sein Auge glänzte?
Fürwahr! Man mögte, wenn er so erscheint, fast zweifeln,
Daß er es sei.
Prothoe. Wer, meinst du?
Penthesilea. Der Pelide! –
Sprich, wer den Größesten der Priamiden
Vor Trojas Mauern fällte, warst das du?
Hast du ihm wirklich, du, mit diesen Händen
Den flücht’gen Fuß durchkeilt, an
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