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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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Kraft des Bogens nimmermehr,
Von schwachen Frau’n beengt durch volle Brüste,
Leicht, wie von Männern, sich regieren würde.«
Die Königinn stand einen Augenblick,
Und harrte still auf solcher Rede Glück;
Doch als die feige Regung um sich griff,
Riß sie die rechte Brust sich ab, und taufte:
Die Fraun, die den Bogen spannen würden,
Und fiel zusammen, eh’ sie noch vollendet:
Die Amazonen oder Busenlosen!
Hierauf ward ihr die Krone aufgesetzt.
     
    Achilles.
Nun denn, beim Zeus, die brauchte keine Brüste!
Die hätt’ ein Männervolk beherrschen können,
Und meine ganze Seele beugt sich ihr.
     
    Penthesilea.
Still auch auf diese That ward’s, Peleïde,
Nichts als der Bogen ließ sich schwirrend hören,
Der aus den Händen, leichenbleich und starr,
Der Oberpriesterinn daniederfiel.
Er stürzt’, der große, goldene, des Reichs,
Und klirrte von der Marmorstufe dreimal,
Mit dem Gedrön der Glocken, auf, und legte,
Stumm wie der Tod, zu ihren Füssen sich. –
     
    Achilles.
Man folgt ihr, hoff’ ich doch, im Staat der Frauen,
In diesem Beispiel nicht?
     
    Penthesilea. Nicht – allerdings!
Man gieng so lebhaft nicht zu Werk als sie.
     
    Achilles. (mit Erstaunen)
Wie! Also doch – ? Unmöglich!
     
    Penthesilea.    Was sagst du?
     
    Achilles.
– Die ungeheure Sage wäre wahr?
Und alle diese blühenden Gestalten,
Die dich umstehn, die Zierden des Geschlechts,
Vollständig, einem Altar gleich, jedwede
Geschmückt, in Liebe davor hinzuknien,
Sie sind beraubt, unmenschlich, frevelhaft – ?
     
    Penthesilea.
Hast du das nicht gewußt?
     
    Achilles. (indem er sein Gesicht an ihre Brust drückt)
   O Königinn!
Der Sitz der jungen, lieblichen Gefühle,
Um eines Wahns, barbarisch –
     
    Penthesilea.   Sei ganz ruhig.
Sie retteten in diese Linke sich,
Wo sie dem Herzen um so näher wohnen.
Du wirst mir, hoff’ ich, deren keins vermissen. –
     
    Achilles.
Fürwahr! Ein Traum, geträumt in Morgenstunden,
Scheint mir wahrhaft’ger, als der Augenblick.
– Doch weiter.
     
    Penthesilea.    Wie?
     
    Achilles. Du bist den Schluß noch schuldig.
Denn dieser überstolze Frauenstaat,
Der ohn’ der Männer Hülf’ entstand, wie pflanzt er
Doch ohne Hülfe sich der Männer fort?
Wirft euch Deukalion, von Zeit zu Zeit,
Noch seiner Schollen Eine häuptlings zu?
     
    Penthesilea.
So oft nach jährlichen Berechnungen,
Die Königinn dem Staat ersetzen will,
Was ihr der Tod entrafft, ruft sie die blühendsten
Der Frauen –
    (stockt und sieht ihn an)
  Warum lächelst du?
     
    Achilles.     Wer? Ich?
     
    Penthesilea.
Mich dünkt, du lächelst, Lieber.
     
    Achilles.     – Deiner Schöne.
Ich war zerstreut. Vergieb. Ich dachte eben,
Ob du mir aus dem Monde niederstiegst? –
     
    Penthesilea. (nach einer Pause)
So oft, nach jährlichen Berechnungen,
Die Königinn, was ihr der Tod entrafft,
Dem Staat ersetzen will, ruft sie die blüh’ndsten
Der Fraun, von allen Enden ihres Reichs,
Nach Themiscyra hin, und fleht, im Tempel
Der Artemis, auf ihre jungen Schöße
Den Seegen keuscher Marsbefruchtung nieder.
Ein solches Fest heißt, still und weich gefeiert,
Der blühnden Jungfraun Fest, wir warten stets,
Bis – wenn das Schneegewand zerhaucht, der Frühling
Den Kuß drückt auf den Busen der Natur.
Diana’s heil’ge Priesterinn verfügt,
Auf dies Gesuch, sich in den Tempel Mars,
Und trägt, am Altar hingestreckt, dem Gott
Den Wunsch der weisen Völkermutter vor.
Der Gott dann, wenn er sie erhören will,
– Denn oft verweigert er’s, die Berge geben,
Die schneeigen, der Nahrung nicht zu viel –
Der Gott zeigt uns, durch seine Priesterinn,
Ein Volk an, keusch und herrlich, das, statt seiner,
Als Stellvertreter, uns erscheinen soll.
Des Volkes Nam’ und Wohnsitz ausgesprochen,
Ergeht ein Jubel nun durch Stadt und Land.
Marsbräute werden sie begrüßt, die Jungfraun,
Beschenkt mit Waffen, von der Mütter Hand,
Mit Pfeil’ und Dolch, und allen Gliedern fliegt,
Von ems’gen Händen jauchzend rings bedient,
Das erzene Gewand der Hochzeit an.
Der frohe Tag der Reise wird bestimmt,
Gedämpfter Tuben Klang ertönt, es schwingt
Die Schaar der Mädchen flüsternd sich zu Pferd,
Und still und heimlich, wie auf woll’nen Sohlen,
Geht’s in der Nächte Glanz, durch Thal und Wald,
Zum Lager fern der Auserwählten hin.
Das Land erreicht, ruhn wir, an seiner Pforte,
Uns noch zwei Tage, Thier’ und Menschen, aus:
Und wie die feuerrothe Windsbraut brechen
Wir plötzlich in den Wald der Männer ein,
Und wehn

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