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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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erschien,
In deines Vaters Haus, bist du zu Füßen
Wie man vor Gott tut, nieder ihm gestürzt?
Warum warfst du, als er von dannen ritt’
Dich aus dem Fenster sinnlos auf die Straße,
Und folgtest ihm, da kaum dein Bein vernarbt,
Von Ort zu Ort, durch Nacht und Graus und Nebel,
Wohin sein Roß den Fußtritt wendete?
     
    Käthchen (hochrot zum Grafen).
Das soll ich hier vor diesen Männern sagen?
     
    Der Graf vom Strahl.
Die Närrin, die verwünschte, sinnverwirrte,
Was fragt sie mich? Ists nicht an jener Männer
Gebot, die Sache darzutun, genug?
     
    Käthchen (in Staub niederfallend).
Nimm mir, o Herr, das Leben, wenn ich fehlte!
Was in des Busens stillem Reich geschehn,
Und Gott nicht straft, das braucht kein Mensch zu wissen;
Den nenn ich grausam, der mich darum fragt!
Wenn du es wissen willst, wohlan, so rede,
Denn dir liegt meine Seele offen da!
     
    Hans.
Ward, seit die Welt steht, so etwas erlebt?
     
    Wenzel.
Im Staub liegt sie vor ihm –
     
    Hans.   Gestürzt auf Knieen –
     
    Wenzel.
Wie wir vor dem Erlöser hingestreckt!
     
    Der Graf vom Strahl (zu den Richtern).
Ihr würdgen Herrn, ihr rechnet, hoff ich, mir
Nicht dieses Mädchens Torheit an! Daß sie
Ein Wahn betört, ist klar, wenn euer Sinn
Auch gleich, wie meiner, noch nicht einsieht, welcher?
Erlaubt ihr mir, so frag ich sie darum:
Ihr mögt, aus meinen Wendungen entnehmen,
Ob meine Seele schuldig ist, ob nicht?
     
    Graf Otto (ihn forschend ansehend).
Es sei! Versuchts einmal, Herr Graf, und fragt sie.
     
    Der Graf vom Strahl (wendet sich zu Käthchen, die noch immer auf Knieen liegt).
Willt den geheimsten der Gedanken mir,
Kathrina, der dir irgend, faß mich wohl,
Im Winkel wo des Herzens schlummert, geben?
     
    Käthchen.
Das ganze Herz, o Herr, dir, willt du es,
So bist du sicher des, was darin wohnt.
     
    Der Graf vom Strahl.
Was ists, mit einem Wort, mir rund gesagt,
Das dich aus deines Vaters Hause trieb?
Was fesselt dich an meine Schritte an?
     
    Käthchen.
Mein hoher Herr! Da fragst du mich zuviel.
Und läg ich so, wie ich vor dir jetzt liege,
Vor meinem eigenen Bewußtsein da:
Auf einem goldnen Richtstuhl laß es thronen,
Und alle Schrecken des Gewissens ihm,
In Flammenrüstungen, zur Seite stehn;
So spräche jeglicher Gedanke noch,
Auf das, was du gefragt: ich weiß es nicht.
     
    Der Graf vom Strahl.
Du lügst mir, Jungfrau? Willst mein Wissen täuschen?
Mir, der doch das Gefühl dir ganz umstrickt;
Mir, dessen Blick du da liegst, wie die Rose,
Die ihren jungen Kelch dem Licht erschloß? –
Was hab ich dir einmal, du weißt, getan?
Was ist an Leib und Seel dir widerfahren?
     
    Käthchen.
Wo?
     
    Der Graf vom Strahl. Da oder dort.
     
    Käthchen.    Wann?
     
    Der Graf vom Strahl.   Jüngst oder früherhin.
     
    Käthchen.
Hilf mir, mein hoher Herr.
     
    Der Graf vom Strahl.      Ja, ich dir helfen,
Du wunderliches Ding. – (Er hält inne.)
   Besinnst du dich auf nichts?
     
    Käthchen (sieht vor sich nieder).
     
    Der Graf vom Strahl.
Was für ein Ort, wo du mich je gesehen,
Ist dir im Geist, vor andern, gegenwärtig.
     
    Käthchen.
Der Rhein ist mir vor allen gegenwärtig.
     
    Der Graf vom Strahl.
Ganz recht. Da eben wars. Das wollt ich wissen.
Der Felsen am Gestad des Rheins, wo wir
Zusammen ruhten, in der Mittagshitze.
- Und du gedenkst nicht, was dir da geschehn?
     
    Käthchen.
Nein, mein verehrter Herr.
     
    Der Graf vom Strahl.      Nicht? Nicht?
- Was reicht ich deiner Lippe zur Erfrischung?
     
    Käthchen.
Du sandtest, weil ich deines Weins verschmähte,
Den Gottschalk, deinen treuen Knecht, und ließest
Ihn einen Trunk mir, aus der Grotte schöpfen.
     
    Der Graf vom Strahl.
Ich aber nahm dich bei der Hand, und reichte
Sonst deiner Lippe – nicht? Was stockst du da?
     
    Käthchen.
Wann?
     
    Der Graf vom Strahl. Eben damals.
     
    Käthchen.    Nein, mein hoher Herr.
     
    Der Graf vom Strahl.
Jedoch nachher.
     
    Käthchen.      In Straßburg?
     
    Der Graf vom Strahl.      Oder früher.
     
    Käthchen.
Du hast mich niemals bei der Hand genommen.
     
    Der Graf vom Strahl.
Kathrina!
     
    Käthchen (errötend). Ach vergib mir; in Heilbronn!
     
    Der Graf vom Strahl.
Wann?
     
    Käthchen.   Als der Vater dir am Harnisch wirkte.
     
    Der Graf vom Strahl.
Und sonst nicht?
     
    Käthchen.     Nein, mein hoher Herr.
     
    Der Graf vom Strahl. Kathrina!
     
    Käthchen.
Mich bei der Hand?
     
    Der Graf vom Strahl.    Ja, oder sonst, was weiß ich.
     
    Käthchen (besinnt sich).
In Straßburg

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