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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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uns; laßt uns noch eine,
Die größeste, bevor wir scheiden, sehn,
Und gebt sie ihrem alten Vater wieder.
     
    Der Graf vom Strahl.
Ihr Herren, was ich tun kann, soll geschehn. –
Jungfrau!
     
    Käthchen.   Mein hoher Herr!
     
    Der Graf vom Strahl.      Du liebst mich?
     
    Käthchen.      Herzlich!
     
    Der Graf vom Strahl.
So tu mir was zu Lieb.
     
    Käthchen.       Was willst du? Sprich.
     
    Der Graf vom Strahl.
Verfolg mich nicht. Geh nach Heilbronn zurück. –
Willst du das tun?
     
    Käthchen.      Ich hab es dir versprochen.
    (Sie fällt in Ohnmacht.)
     
    Theobald (empfängt sie).
Mein Kind! Mein Einziges! Hilf, Gott im Himmel!
     
    Der Graf vom Strahl (wendet sich).
Dein Tuch her, Häscher! (Er verbindet sich die Augen.)
     
    Theobald. O verflucht sei,
Mordschaunder Basiliskengeist! Mußt ich
Auch diese Probe deiner Kunst noch sehn?
     
    Graf Otto (vom Richtstuhl herabsteigend).
Was ist geschehn, ihr Herrn?
     
    Wenzel.    Sie sank zu Boden.
     
    (Sie betrachten sie.)
     
    Der Graf vom Strahl (zu den Häschern).
Führt mich hinweg!
     
    Theobald.       Der Hölle zu, du Satan!
Laß ihre schlangenhaargen Pförtner dich
An ihrem Eingang, Zauberer, ergreifen,
Und dich zehntausend Klafter tiefer noch,
Als ihre wildsten Flammen lodern, schleudern!
     
    Graf Otto.
Schweig Alter, schweig!
     
    Theobald (weint).     Mein Kind! Mein Käthchen!
     
    Käthchen.    Ach!
     
    Wenzel (freudig).
Sie schlägt die Augen auf!
     
    Hans.    Sie wird sich fassen.
     
    Graf Otto.
Bringt in des Pförtners Wohnung sie! Hinweg!
     
    (Alle ab.)
     

Zweiter Akt
     
    Szene: Wald vor der Höhle des heimlichen Gerichts.
     

Erster Auftritt
     
    Der Graf vom Strahl (tritt auf, mit verbundenen Augen, geführt von zwei Häschern, die ihm die Augen aufbinden, und alsdann in die Höhle zurückkehren – Er wirft sich auf den Boden nieder und weint). Nun will ich hier, wie ein Schäfer liegen und klagen. Die Sonne scheint noch rötlich durch die Stämme, auf welchen die Wipfel des Waldes ruhn; und wenn ich, nach einer kurzen Viertelstunde, sobald sie hinter den Hügel gesunken ist, aufsitze, und mich im Blachfelde, wo der Weg eben ist, ein wenig daran halte, so komme ich noch nach Schloß Wetterstrahl, ehe die Lichter darin erloschen sind. Ich will mir einbilden, meine Pferde dort unten, wo die Quelle rieselt, wären Schafe und Ziegen, die an dem Felsen kletterten, und an Gräsern und bittern Gesträuchen rissen; ein leichtes weißes linnenes Zeug bedeckte mich, mit roten Bändern zusammengebunden, und um mich her flatterte eine Schar muntrer Winde, um die Seufzer, die meiner, von Gram sehr gepreßten, Brust entquillen, gradaus zu der guten Götter Ohr empor zu tragen. Wirklich und wahrhaftig! Ich will meine Muttersprache durchblättern, und das ganze, reiche Kapitel, das diese Überschrift führt: Empfindung, dergestalt plündern, daß kein Reimschmied mehr, auf eine neue Art, soll sagen können: ich bin betrübt. Alles, was die Wehmut Rührendes hat, will ich aufbieten, Lust und in den Tod gehende Betrübnis sollen sich abwechseln, und meine Stimme, wie einen schönen Tänzer, durch alle Beugungen hindurch führen, die die Seele bezaubern; und wenn die Bäume nicht in der Tat bewegt werden, und ihren milden Tau, als ob es geregnet hätte, herabträufeln lassen, so sind sie von Holz, und alles, was uns die Dichter von ihnen sagen, ein bloßes liebliches Märchen. O du – – – wie nenn ich dich? Käthchen! Warum kann ich dich nicht mein nennen? Käthchen, Mädchen, Käthchen! Warum kann ich dich nicht mein nennen? Warum kann ich dich nicht aufheben, und in das duftende Himmelbett tragen, das mir die Mutter, daheim im Prunkgemach, aufgerichtet hat? Käthchen, Käthchen, Käthchen! Du, deren junge Seele, als sie heut nackt vor mir stand, von wollüstiger Schönheit gänzlich triefte, wie die mit Ölen gesalbte Braut eines Perserkönigs, wenn sie, auf alle Teppiche niederregnend, in sein Gemach geführt wird! Käthchen, Mädchen, Käthchen! Warum kann ich es nicht? Du Schönere, als ich singen kann, ich will eine eigene Kunst erfinden, und dich weinen. Alle Phiolen der Empfindung, himmlische und irdische, will ich eröffnen, und eine solche Mischung von Tränen, einen Erguß so eigentümlicher Art, so heilig zugleich und üppig, zusammenschütten, daß jeder Mensch gleich, an dessen Hals ich sie weine, sagen soll: sie fließen dem Käthchen von Heilbronn! – – – Ihr grauen, bärtigen

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